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Das Haus am Nonnengraben

Titel: Das Haus am Nonnengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Degen
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nicht zu streng mit ihr.«
    »Ach, etwas Strenge schadet ihr gar nicht. Aber gestern Abend ist sie schon langsam aufgetaut. Aber was ist denn los? Warum willst du uns denn allein lassen?«
    »Ich habe gestern in dem ganzen Durcheinander vergessen, dir zu sagen, dass ich heute Nachmittag einen Termin in München habe, den ich nicht verschieben kann, weil der Mann sowieso schon solche Schwierigkeiten gemacht hat. Und eigentlich – aber das kann ich natürlich auch lassen, wenn es dir nicht passt –, eigentlich wollte ich anschließend einen Tag dranhängen und mal ausspannen. Ich hatte heuer noch keinen Urlaub.«
    »Aber natürlich, Kind, tu das. Wenn du so weitermachst mit deinen Kellern, siehst du bald aus wie ein Grottenmolch, weiß und blind.«
    »Den Grottenmolch verbitte ich mir. Aber danke, dass Tanja so lange bei dir bleiben darf. Und wenn ich wieder da bin, schaue ich auch gleich, ob ich eine Unterkunft für sie finde.«
    »Das lässt du mal schön bleiben. Das muss sie selbst tun. Sie muss ihr Leben in die Reihe kriegen, nicht du.«
    »Aber das wird sie nicht schaffen. Wenn sie es bisher nicht konnte …«
    »Jetzt mach dir mal keine Sorgen. Das wird schon. Ich habe jetzt erst einmal meinen Anwalt gebeten, die rechtliche Seite zu prüfen, Erbe, Kindergeld und all das.«
    »Aha, so viel also zu Tanjas Selbstständigkeit. Ich habe aber trotzdem ein schlechtes Gewissen, dir das alles aufgehalst zu haben.«
    »Na ja, wenn es dich glücklich macht, dann hab halt ein schlechtes Gewissen. Und fahr vorsichtig, du wirst hier schon noch gebraucht.«

12
    Am Dienstagmorgen versuchte Benno als Erstes, Hanna anzurufen. Er wollte sich bei ihr entschuldigen, ihr erzählen, dass Tanja zunächst aus der Schusslinie war, und sie bitten, ob sie das Mädchen nicht doch zu einer Aussage bewegen könne. Die halbe Nacht lang hatte er sich dieses Gespräch vorgestellt. Aber es meldete sich nur der Anrufbeantworter. Hatte sie eigentlich kein Handy? Die Sekretärin in der Geschäftsstelle fand für ihn die entsprechende Nummer heraus, doch dort sagte ihm nur eine, wie er fand, widerlich freundliche Stimme, es sei gerade niemand »available«.
    Dann rief er das K1 an, wo er Werner direkt ans Telefon bekam. Er berichtete von dem Testament, und Werner versprach, die Verwandtschaft der Rothammers überprüfen zu lassen und so schnell wie möglich Anneliese Kurt ausfindig zu machen und sie danach zu fragen, warum sie von Arthur Rothammer mit einem Fünftel seines Vermögens bedacht worden war. Und er würde sich auch erkundigen, ob ein Mädchen mit grünen Haaren namens Tanja vermisst gemeldet oder zur Fahndung ausgeschrieben war. Der Tag fing gut an.
    Als Nächstes wählte Benno die Nummer des Stiftungsreferenten der Stadt. Hans Zorn war ein alter Bekannter von Benno, ein freundlicher, offener und unauffälliger Mann, dessen Hobby es war, die Biere der neun Bamberger Brauereien am Geschmack unterscheiden zu können, was man seiner Figur deutlich ansah. Sie plauderten über die schlechten Zeiten, bevor Benno zur Sache kam und nach der Arthur-Rothammer-Stiftung fragte. Hans Zorn hatte noch nie von einer solchen Stiftung gehört, wollte sich aber schlaumachen. Er rief zehn Minuten später zurück und bestätigte, dass in den Amtsunterlagen keine derartige Stiftung verzeichnet sei. Aber es sei ihm etwas Eigenartiges aufgefallen.
    »Weißt du, die gemeldeten Stiftungen werden bei uns durchnummeriert, und die entsprechenden Akten werden mit diesen Nummern versehen. Du sagst doch, dass die Stiftung 1979 eingerichtet wurde. Und in dem Jahr fehlt die Nummer 82. Die Nummer 81 aus dem Jahr 1978 ist da und 83 auch, aber 82 fehlt.«
    »Vielleicht ist die Stiftung ja auch inzwischen erloschen?«
    »Für erloschene Stiftungen, deren Akten ins Stadtarchiv gegeben werden, bleibt bei uns ein Pappschild mit der Nummer und dem Vermerk ›erloschen‹ im Regal stehen, damit die Nummer nicht versehentlich zweimal vergeben wird. Ich habe es überprüft, alle anderen sind da, es fehlt nur die 82.«
    »Sag mal, Hänschen, wie lang bist du jetzt Stiftungsreferent?«
    »Seit acht Jahren, Benno, und vor mir war’s Hans Lautenbacher, und der ist, wie du weißt, ein absolut integrer Mann. Aber rat mal, wer 1979 der zuständige Referent war?«
    »Du wirst es mir bestimmt gleich sagen.«
    »Karl Bolz!« Benno sah Hänschens Grinsen förmlich durchs Telefon, und ihm war auch klar, warum Hänschen grinste. Karl Bolz war Bennos Lieblingsfeind, wie seine Freunde

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