Das Haus am Nonnengraben
eines traurigen Dobermanns.
Benno sah dem Faltenwurf beeindruckt zu. Interessant war nicht so sehr, was Böschen sagte, sondern das, was er nicht sagte. »Waren Sie auch der juristische Berater von Frau Rothammer?«
»Ja. Nein. Anfangs schon, aber in den letzten Jahren nicht mehr.«
»Warum? Hatten Sie Streit?«
»Nein, nein, keinen Streit. Es war mehr … Elfi wurde immer komischer, so eigenbrötlerisch. Sie brauchte mich auch nicht mehr, als Rechtsbeistand, meine ich. Also, ich will sagen, sie tat nichts mehr, wozu man einen Rechtsanwalt benötigt und so weiter.«
»Aber Sie müssen doch zwangsläufig wegen der Arthur-Rothammer-Stiftung hin und wieder mit ihr zu tun gehabt haben.«
Jetzt war Böschen eindeutig alarmiert. Er schluckte. »Ja. Nein, das war eher selten.«
Benno beobachtete Böschens Reaktionen gespannt. Der Mann fühlte sich trotz seiner überheblichen Art offensichtlich unwohl in seiner Haut. »Wann haben Sie Frau Rothammer denn das letzte Mal gesehen?«
»Ach, das ist schon … das ist bestimmt drei Jahre her.«
»Sie sind der Verwalter der Stiftung und haben Frau Rothammer und das Haus drei Jahre nicht mehr besucht?«
»Nun, vielleicht war es auch … Ich weiß es nicht mehr genau. Ich sagte ja schon, es war am Schluss nicht mehr viel mit ihr anzufangen. Nicht mehr richtig im Kopf und so weiter. Sie ließ mich ja gar nicht mehr ins Haus.«
»Ach so«, sagte Benno und nickte verständnisvoll. Böschen entspannte sich ein wenig. »Könnten Sie mir etwas über diese Stiftung erzählen?«
Böschen blinzelte. »Was soll mit der Stiftung sein?« Er stand auf und ging zum Fenster.
»Welchen Zweck hat sie denn überhaupt?«
Böschen sah über die Schulter zu Benno hinüber. »Ach so, das wissen Sie nicht. Na ja, Künstler und so weiter.« Er machte eine wegwerfende Bewegung. »Arthur hatte so einen Tick. Er wollte Künstler unterstützen. Junge Künstler. Das Haus am Nonnengraben sollte als Künstlerbegegnungsstätte eingerichtet werden.«
»Sie waren also nicht beteiligt am Zustandekommen dieser Stiftung?«
Böschen kam zum Schreibtisch zurück und nahm sich einen Keks. »Nein, nein. Das war Arthurs Idee. Es ging ihm vor allem um das Haus. Er wollte unter allen Umständen verhindern, dass Elfi es nach seinem Tod verkauft. Aus irgendeinem Grund war er schon damals überzeugt, er würde vor Elfi sterben. Das Haus sollte seinen Namen tragen, damit man sich immer an ihn erinnern würde. Jeder hat halt so seine Ideen.«
»Und was hielt Frau Rothammer von der Idee?«
»Elfi? Gar nichts, natürlich. Anfangs hat er ihr auch nichts davon gesagt. Nicht dass er es hinter ihrem Rücken gemacht hätte, er hat es nur einfach nicht mit ihr besprochen. Ich konnte damals wenigstens noch durchsetzen, dass Elfi ein lebenslanges Wohnrecht in dem Haus bekam. Aber Sie hätten sie bei der Testamentseröffnung hören sollen, als sie von der Stiftung erfuhr. Katastrophal, sage ich Ihnen, sie muss tagelang heiser gewesen sein, so hat sie getobt. Dabei hat Arthur sie keinesfalls als arme Frau zurückgelassen. Sie hat einen ganz schönen Batzen geerbt. Aber sie hat sich aufgeführt, als hätte ihr jemand ein Messer in die Brust gestoßen.«
»Vielleicht war sie gekränkt, dass ihr Mann sie nicht einbezogen hat?«
»Ach was, ihr ging es nur ums Geld. Die war geldgierig wie ein alter … wie ein alter Geldwechsler.« Böschen brach seinen Keks in zwei Hälften.
»Jedenfalls werden Sie demnächst viel Arbeit haben.«
»Ich? Wieso?«
»Sie sind doch jetzt nach Elfis Tod dafür verantwortlich, das Haus dem Stiftungszweck entsprechend herzurichten, oder? Und bei dem gegenwärtigen Zustand des Hauses dürfte das keine leichte Aufgabe sein. Es sieht aus, als sei seit Jahrzehnten nichts daran gerichtet worden.«
»Ah, ja doch, natürlich. Da haben Sie ganz recht. Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Das kommt alles so plötzlich!«
»Ich würde mich gerne noch etwas genauer über diese Stiftung informieren. Dürfte ich mir einmal Ihre Unterlagen zu den Stiftungsgeschäften ansehen?«, fragte Benno betont ruhig.
»Die Unterlagen? Was für Unterlagen?«
»Die Akten eben, die Stiftungsurkunde und die Abrechnungen über die Verwendung der Gelder und Ähnliches.«
»Kommt überhaupt nicht in Frage!« Plötzlich wurde Böschen pampig. »Erstens benötige ich die Unterlagen in der nächsten Zeit selbst, wie Sie gerade richtig bemerkt haben. Und außerdem ist das alles vertraulich. Wofür brauchen Sie die denn
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