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Das Haus am Nonnengraben

Titel: Das Haus am Nonnengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Degen
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Sekretärin von Herrn Bolz hat mir vorhin erzählt, ihr Chef habe die ganze Nacht hier gearbeitet.«
    »Das stimmt, den habe ich gestern Abend noch gesehen. Ich hab gestern mit dem Hausmeister und seiner Frau noch eine Runde Skat gespielt – machen wir immer dienstags –, und als ich so gegen neun Uhr gegangen bin, da kam der Herr Stadtdirektor zusammen mit Herrn Böschen, und beide hatten offenbar viel vor, so dicke Aktenkoffer, wie sie dabeihatten.«
    »Aber wie kommt der Herr Stadtdirektor denn ins Haus?«
    »Der gehört natürlich zu denen, die einen eigenen Schlüssel haben. Manchmal gibt es ja auch abends noch Sitzungen oder so. Aber dann ist der Hausmeister zuständig.«
    »Ah, so ist das. Gut organisiert, muss ich sagen.« Benno deutete eine Art militärischen Gruß an und verließ nachdenklich das Rathaus.
    In seinem Büro machte er sich daran, die Unterlagen, die er von Bolz bekommen hatte, zu prüfen. Ihm war klar, dass Bolz und Böschen in der vergangenen Nacht die Unterlagen manipuliert hatten, aber dafür musste er erst einmal einen Beweis finden. Doch wie? Alles sah sehr ordentlich aus, alle Zahlen stimmten, soweit Benno das feststellen konnte. Sehr weit kam er mit seinen Feststellungen jedoch nicht, da er sich immer wieder verrechnete. Er konnte und konnte sich nicht konzentrieren. Warum rief Hanna nicht an, warum konnte er sie nirgends erreichen? Als er kurz davor war, seinen heimtückischen Taschenrechner, der ihn ständig foppte, an die Wand zu werfen, gab er es auf. Er würde die Unterlagen dem zuständigen Beamten bei der Regierung in Bayreuth zuschicken. Das würde allerdings dauern. Und wenn die dort ihrer Aufsichtspflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen waren, war es natürlich zweifelhaft, ob sie überhaupt etwas finden würden, was ihm Bolz ans Messer lieferte.
    Er war im Aufbruch zum Mittagessen, als das Telefon klingelte. Benno stürzte zu seinem Schreibtisch zurück. Aber es war nicht Hannas Stimme. »Grüß Gott. Mein Name ist Grüner. Ich war die Sekretärin von Herrn Stadtdirektor Bolz.«
    »Guten Tag, Frau Grüner. Wir hatten ja schon ein paarmal das Vergnügen. Wie geht es Ihnen? Wann kommt das Baby?«
    »Danke der Nachfrage. In etwa drei Wochen. Momentan geht es mir allerdings nicht so gut.«
    »Was ist denn?«
    »Herr Bolz hat mich gestern entlassen.«
    »Was? Aber im Mutterschaftsurlaub … das kann er doch gar nicht.«
    »Der kann, glauben Sie mir. Aber deswegen rufe ich nicht an, sondern weil Frau Morgenthaler mir erzählt hat, dass Sie nach Informationen zur Arthur-Rothammer-Stiftung suchen.«
    »Ja, stimmt.«
    »Also, dazu kann ich etwas beitragen, weil ich das jahrelang miterlebt habe. Diese Stiftung war etwas, was Herr Bolz, Herr Böschen und Frau Rothammer unter sich ausgemacht haben. Und das nicht nur auf finanzieller Ebene.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Na ja, dass die auch privat was miteinander hatten. Am Anfang, hat mir meine Vorgängerin gesteckt, trafen die sich mindestens zweimal im Monat zu ›Besprechungen‹, und immer abends. Später, als ich schon da war, wurde das seltener, und dann rief nur noch sie, die Rothammersche, an, und Bolz und Böschen drückten sich, wo sie nur konnten. Immer musste ich Ausreden erfinden und sie am Telefon damit abwimmeln.«
    »Und wie hat Frau Rothammer darauf reagiert?«
    »Wütend. Einmal hat sie gezischt, das würden die Herren schon noch bereuen. Aber irgendwann hat sie aufgegeben. Die letzten Jahre hat sie nicht mehr angerufen.«
    »Sagen Sie, Frau Grüner, hatten Sie vielleicht auch Einblick in die geschäftlichen Unterlagen der Stiftung?«
    »Nein, solche Sachen hat der Herr Stadtdirektor immer persönlich gemacht, da hat er keinen anderen drangelassen.«
    »Vielen Dank, Frau Grüner, für Ihren Anruf. Ich muss Sie bitten, Ihre Aussage auch schriftlich zu Protokoll zu geben. Würden Sie das tun?«
    »Ja, natürlich.«
    »Gehen Sie bitte zu Herrn Kriminalhauptkommissar Sinz im Polizeipräsidium. Der erklärt Ihnen dann alles Weitere. Und wegen Ihrer Entlassung wenden Sie sich doch mal an Rechtsanwalt Gieringer. Der ist ein Ass im Arbeitsrecht. Ich werde ihn anrufen und ihm Bescheid sagen.«
     
    Zum Mittagessen ging Benno ins Café Luitpold. Dort trafen sich um diese Tageszeit stets verschiedene Juristen, Richter und Rechtsanwälte. Mancherlei Probleme ließen sich auf diesem »kurzen Dienstweg« umgehen. Benno hatte gerade seine Bestellung – drei Bamberger Bratwürste mit Sauerkraut – aufgegeben, als Franz van

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