Das Haus Am Potomac
Draht durchgescheuert oder durchgeschnitten, hätte
Graney gerade beim Überfliegen eines Berges einen
totalen Maschinenausfall gehabt. Die Chancen, einen
Beweis zu finden, der einem etwas genutzt hätte, wären
gleich Null gewesen.
Eine zweite Möglichkeit wäre der Benzinschalter
gewesen. Diese Maschine hatte zwei Tanks. Der Pilot
schaltete auf den zweiten um, wenn die Nadel des ersten
Tanks anzeigte, daß er leer war. Angenommen, der
Schalter funktionierte nicht? Er hätte keine Chance gehabt,
den zweiten Tank zu benutzen. Und dann natürlich
ätzende Säure. Jemand, der will, daß eine Maschine nicht
heil wieder runterkommt, könnte einen lecken
Säurecontainer an Bord schmuggeln. Er könnte im
Gepäckteil sein, unter einem Sitz – spielt keine Rolle. Das
Zeug würde binnen einer Stunde die Kabel zerfressen, und
man hätte keine Gewalt mehr über die Maschine. Aber das
wäre leichter festzustellen.«
»Ist etwas dieser Art bei der Untersuchung zur Sprache
gekommen?« erkundigte sich Sam.
»Es wurden nicht mal genug Teile von dem Flugzeug
geborgen, als daß man damit hätte Mikado spielen können.
Als nächstes hielten wir also nach einem Motiv Ausschau.
Und da haben wir absolut keines gefunden. Graneys
Charterfirma ging gut; er hatte nicht erst vor kurzem eine
Versicherung abgeschlossen. Der Kongreßabgeordnete
war so gering versichert, daß man nur staunen konnte,
aber wenn die Familie Zaster hat, braucht man vermutlich
keine Versicherung. Übrigens, dies ist das zweite Mal, daß
mich jemand um eine Kopie des Berichts bittet. Letzte
Woche bat mich Mrs. Graney um einen.«
»Larry, wenn irgend möglich, würde ich Senatorin
Jennings gerne ersparen, daß diese Sache
wiederaufgewärmt wird – und natürlich werde ich den
Bericht selbst lesen, aber gestatten Sie mir eine offene
Frage: Gab es einen Anlaß zu vermuten, daß George
Graney ein unerfahrener oder unachtsamer Pilot war?«
»Absolut gar keinen. Er hatte einen tadellosen Ruf, Herr
Abgeordneter. Er war während des ganzen Krieges im
Luftwaffeneinsatz, und danach hat er einige Jahre im
Dienst von United gestanden. Ein solcher Flug war für ihn
ein Kinderspiel.«
»Und seine Maschine?«
»Immer in bestem Zustand. Er hatte gute Techniker.«
»Dann ist die Witwe des Piloten mit gutem Grund
darüber aufgebracht, daß die Schuld an dem Absturz
George Graney in die Schuhe geschoben wurde?«
Larry blies einen Rauchring von der Größe eines
Berliner Pfannkuchens. »Das kann man wohl sagen –
einem mehr als guten Grund.«
34
Um zehn Minuten nach vier gelang es Pat, Sam von der
Eingangshalle des Potomac Cable Network Building
anzurufen. Ohne auf ihren Streit einzugehen, erzählte sie
ihm von Eleanor Brown. »Ich konnte sie nicht davon
abhalten. Sie war fest entschlossen, sich zu stellen.«
»Beruhige dich, Pat. Ich werde ihr einen Anwalt
schicken. Wie lange bleibst du beim Sender?«
»Ich weiß nicht. Hast du die heutige Tribune gesehen?«
»Nur die Schlagzeilen.«
»Lies mal den zweiten Teil. Eine Klatschtante, der ich
neulich abends begegnet bin, bekam mit, wo ich wohne,
und hat alles wieder aufgewärmt.«
»Pat, ich bleibe jetzt hier. Komm herüber, wenn du im
Sender fertig bist.«
Luther erwartete sie bereits in seinem Büro. Sie hatte
damit gerechnet, wie ein Paria behandelt zu werden. Statt
dessen war er ziemlich zurückhaltend. »Die Aufnahmen in
Apple Junction sind gut gelaufen«, sagte er. »Es hat
gestern geschneit, und dies scheußliche Provinznest sah
aus wie der amerikanische Traum. Wir haben das
Saunders-Haus aufgenommen, die High School mit der
Krippe davor und die Main Street mit dem
Weihnachtsbaum. Vor dem Rathaus haben wir ein Schild
aufgestellt: ›Apple Junction, Geburtsort der Senatorin
Abigail Foster Jennings.‹«
Luther paffte an einer Zigarette. »Diese alte Dame,
Margaret Langley, hat ein gutes Interview gegeben. Sah
irgendwie gediegen aus und schrullig. Macht sich gut, wie
sie darüber spricht, was für eine lerneifrige Schülerin die
Senatorin war, und wie sie das Jahrbuch zeigt.«
Pat fiel auf, daß Luther so tat, als wäre er auf die Idee
gekommen, die Aufnahmen in Apple Junction zu machen.
»Haben Sie die Aufnahmen von gestern abend und heute
morgen gesehen?« fragte sie.
»Ja. Sie sind okay. Sie hätten vielleicht etwas länger
zeigen können, wie Abigail richtig am Schreibtisch sitzt
und arbeitet. Die Weihnachtspartysequenz war gut.«
»Sie haben doch sicher
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