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Das Haus Am Potomac

Das Haus Am Potomac

Titel: Das Haus Am Potomac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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sich die Kehle zusammen. Sie mußte sich
zwingen, weiterzulesen. Wieder war ihr Mund schrecklich
trocken. Sie blickte auf. Abigail starrte sie an, alle Farbe
wich aus ihrem Gesicht. »Du warst großartig bei den
Hearings heute nachmittag. Ich bin so stolz auf Dich. Ich
liebe Dich so sehr und freue mich darauf, ein Leben lang
mit Dir zusammenzusein, mit Dir gemeinsam zu arbeiten.
Oh, mein Liebster, wir werden diese Welt wirklich
verändern.«
Luther schaltete sich ein. »Dieser Brief wurde am
dreizehnten Mai geschrieben, am zwanzigsten Mai starb
der Abgeordnete Willard Jennings, und von da an
arbeiteten Sie allein weiter daran, diese Welt zu verändern.
Senatorin Abigail Jennings, wir danken Ihnen.«
Die Augen der Senatorin glänzten. Ein zartes,
angedeutetes Lächeln umspielte ihren Mund. Sie nickte,
und ihre Lippen formten die Worte: »Ich habe Ihnen zu
danken.«
»Schnitt«, rief der Regisseur.
Luther sprang auf. »Senatorin, das war perfekt. Alle
werden …«
Er hielt mitten im Satz inne, da Abigail vorstürzte und
Pat den Brief aus der Hand riß. »Wo haben Sie den her?«
kreischte sie. »Was wollten Sie damit erreichen?«
»Senatorin, ich habe Ihnen ja gleich gesagt, wir müssen
das nicht verwenden«, wandte Luther ein.
Pat starrte Abigail an und sah, wie sich deren Gesicht zu
einer Maske der Wut und des Schmerzes verzerrte. Wo
hatte sie schon einmal genau diesen Ausdruck in Abigails
Gesicht gesehen?
Eine massige Gestalt stürmte an ihr vorbei. Toby
schüttelte die Senatorin, schrie sie fast an. »Abby, fasse
dich. Das war ein großartiges Ende für diese Sendung. Abby, das ist in Ordnung, sollen die Leute doch ruhig von
deinem letzten Brief an deinen Mann erfahren.«
»Meinem … letzten … Brief?« Abigail hob eine Hand,
um sich das Gesicht zu bedecken, als wollte sie ihren
Ausdruck umformen. »Ja, natürlich … Es tut mir leid …
Es ist nur – Willard und ich schrieben uns dauernd
Briefchen … Ich bin so froh, daß Sie gerade dieses
wiedergefunden haben – dieses letzte …«
Pat saß wie gelähmt da. »Billy, Darling; Billy, Darling
…« Die Worte hatten einen Trommelrhythmus,
hämmerten in ihrem Kopf. Ein Scheinwerfer nach dem
ändern erlosch.
»Hallo, Pat«, rief der Kameramann. »Jetzt ist die Sache
gestorben, oder?«
Schließlich schaffte sie es, aufzustehen. »Ja, sie ist
gestorben«, bestätigte sie.

39
    Immer wenn Sam sich mit einem Problem herumquälte,
half ihm ein langer Spaziergang, den Kopf wieder frei zu
bekommen für einen klaren Gedanken. Darum hatte er
sich entschlossen, die paar Meilen von seinem Apartment
bis zum südwestlichen Teil seines Viertels zu Fuß zu
gehen. Das Gangplank-Restaurant lag am Washington
Channel, und beim Näherkommen schaute er sich das
ruhelose Hin und Her der Schaumkronen an.
    Cape Cod. Nauset Beach. Pat an seiner Seite, das Haar
vom Winde zerzaust, den Arm bei ihm eingehakt, das
unglaubliche Gefühl von Freiheit, als gäbe es außer ihnen
auf der Welt nur Himmel, Strand und Meer. Nächsten
Sommer fahren wir wieder hin, versprach er sich.
    Das Restaurant ähnelte einem am Dock vertäuten Schiff.
Er eilte über die Laufplanke, genoß das leicht wippende
Gefühl. Jack Carlson wartete bereits an einem Tisch am
Fenster. Vor ihm im Aschenbecher lagen mehrere
ausgedrückte Zigaretten, und er trank ein Perrier. Sam
entschuldigte sich für sein Zuspätkommen.
    »Ich war zu früh da«, entgegnete Jack einfach. Er war
ein gepflegter grauhaariger Herr mit klugen, forschenden
Augen. Er und Sam waren schon seit über zwanzig Jahren
miteinander befreundet.
    Sam bestellte einen Gin Martini. »Vielleicht wird der
mich beruhigen oder aufmuntern«, erklärte er und
versuchte zu lächeln. Er spürte, wie Jack ihn prüfend
betrachtete.
»Ich habe dich schon mal fröhlicher erlebt«, meinte
Jack. »Sam, was hat dich veranlaßt, mich zu bitten, Toby
    Gorgone zu überprüfen?«
»Nur so ein Gefühl.« Sam spürte, wie er sich
verkrampfte. »Bist du auf etwas Interessantes gestoßen?«
»Das kann man wohl sagen.«
»Hallo, Sam.« Frank Crowley gesellte sich zu ihnen.
Sein sonst immer blasses Gesicht war von der Kälte
gerötet und sein dichtes weißes Haar etwas strubbelig. Er
    stellte sich Jack vor, setzte eine silberne Drahtgestellbrille
auf, öffnete seinen Aktenkoffer und holte einen dicken
Umschlag hervor. »Ich kann von Glück reden, daß ich
schon hier bin«, verkündete er. »Ich habe angefangen,
mich in das

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