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Das Haus Am Potomac

Das Haus Am Potomac

Titel: Das Haus Am Potomac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Und er wollte
unbedingt, daß Glory sie zu Weihnachten wiederhatte. Er
versuchte zu verstehen, was die Frauen sprachen, konnte
aber nur ab und zu ein Wort verstehen. Sie waren beide
feierlich gekleidet. Ob sie wohl ausgingen? Er beschloß zu
warten. Er betrachtete begierig Patricia Traymores
Gesicht. Sie war so ernst, sah so bekümmert aus. Hatte sie
begonnen, sich wegen seiner Warnungen Sorgen zu
machen? Er hoffte es – ihrem eigenen Wohl zuliebe.
    Er hatte sie erst wenige Minuten belauert, als sie
aufstanden. Sie gingen wirklich aus. Er schlich leise an der
Seite des Hauses entlang und hörte kurz darauf, wie die
Haustür aufging. Sie nahmen nicht das Auto. Sie konnten
es nicht weit haben, vielleicht gingen sie zu einem
Nachbarn oder zu einem Restaurant in der Nähe. Er würde
sich beeilen müssen.
    Er kehrte eilig zur Terrasse zurück. Patricia Traymore
hatte im Wohnzimmer das Licht brennen lassen, und er
konnte die neuen starken Schlösser an den Glastüren
sehen. Selbst wenn er eine Scheibe heraustrennte, würde
er es nicht schaffen, hier hereinzukommen. Doch er hatte
das vorausgesehen und sich schon überlegt, was er dann
machen würde. Neben der Terrasse war eine Ulme, die
leicht zu erklettern war. Ein dicker Ast ging genau unter
eines der oberen Fenster.
    In der Nacht, in der er die Puppe dagelassen hatte, war
ihm aufgefallen, daß das Fenster oben nicht richtig schloß.
Es hing schief, als wäre es nicht richtig eingehängt. Es
würde ein leichtes sein, es mit Gewalt zu öffnen.
    Einige Minuten später stieg er über das Fensterbrett ein.
Er horchte angespannt. Der Raum wirkte hohl. Er knipste
vorsichtig die Taschenlampe an. Der Raum war leer, und
er öffnete die Tür zum Flur. Er war sicher, daß er allein im
Haus war. Wo sollte er mit der Suche beginnen?
    Er hatte sich wegen der Puppe so viel Ärger
eingehandelt. Im Pflegeheim wäre er beinahe erwischt
worden, als er das Fläschchen mit Blut aus dem Labor
stahl. Und er hatte ganz vergessen, wie sehr Glory an ihrer
Puppe hing, wie sie immer die Puppe fest umarmt gehalten
hatte, wenn er auf Zehenspitzen in ihr Zimmer geschlichen
war, um zu sehen, ob sie friedlich schlief.
    Es war für ihn unglaublich, daß er zum zweiten Mal in
dieser Woche in diesem Haus war. Die Erinnerung an
jenen lange zurückliegenden Morgen war noch so
lebendig: die Ambulanz, Blinklichter, Sirenengeheul,
Reifengequietsche in der Einfahrt. Der Bürgersteig voller
Leute, Nachbarn, die sich einen Mantel über einen teuren
Bademantel geworfen hatten; Polizeiautos, die die N
Street absperrten; Polizisten, wo man auch hinsah. Eine
Frau, die weinte. Das war die Haushälterin, die die
Leichen gefunden hatte.
    Er und sein Kollege vom Bereitschaftsdienst im
Georgetown Hospital waren ins Haus gestürzt. An der
Haustür stand ein junger Polizist Wache. »Keine Eile. Sie
brauchen Sie nicht mehr.«
    Der Mann lag auf dem Rücken, die Kugel in der Schläfe;
er mußte sofort gestorben sein. Die Waffe lag zwischen
ihm und der Frau. Sie war vornüber gestürzt, und das Blut
aus ihrer Brustwunde hatte den Teppich um sie herum
befleckt. Ihre Augen waren noch offen, starr; sie blickten
leer, als hätte sie sich verwundert gefragt, was geschehen
war, wie es passiert war. Sie konnte nicht älter als dreißig
gewesen sein. Ihr dunkles Haar war über ihre Schultern
ausgebreitet. Sie hatte ein schmales Gesicht, eine feine
Nase und hohe Wangenknochen. Ein gelbes
Seidengewand umwallte sie wie ein Abendkleid.
    Er hatte sich als erster über das kleine Mädchen gebeugt.
Ihr rotes Haar war so mit getrocknetem Blut verklebt, daß
es kastanienrot aussah; ihr rechtes Bein hatte aus dem
geblümten Nachthemd herausgeragt, der Knochen
pyramidenförmig hochgeknickt.
    Er hatte sich näher gebückt. »Sie lebt noch«, hatte er
geflüstert. Hexenkessel. Rettungsgerät zusammengebaut.
Sie hängten eine Flasche Blutkonserve auf; setzten dem
kleinen, stillen Gesicht eine Sauerstoffmaske auf; legten
dem gebrochenen Bein eine Schiene an. Er hatte geholfen,
den Kopfverband anzulegen, seine Finger hatten ihre Stirn
geglättet, ihr Haar hatte sich um seine Finger gewickelt.
Jemand sagte, sie hieße Kerry. »Wenn es Gottes Wille ist,
werde ich dich retten, Kerry«, hatte er geflüstert.
    »Sie kann es nicht schaffen«, hatte der Assistenzarzt
grob gesagt und ihn beiseite geschoben. Die
Polizeifotografen hatten Bilder von dem kleinen Mädchen
gemacht; auch von den

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