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Das Haus Am Potomac

Das Haus Am Potomac

Titel: Das Haus Am Potomac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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und ihre elegante
Mutter sind auf der Titelseite. Wer hat das Bild
ausgegraben? Wer?«
Toby packte das Telefon. Pat Traymore war bei der
Zeitung in Apple Junction gewesen. Jeremy Saunders
hatte Pat Traymore angerufen. »Senatorin, wenn jemand
dich fertigzumachen versucht, mache ich Hackfleisch aus
ihm.«
    Pat war um halb vier zu Hause und freute sich darauf, eine
Stunde zu schlafen. Die ungewohnten Anstrengungen des
Stehens und Hinauf- und Hinuntersteigens am Abend
vorher beim Aufhängen der Bilder hatten ihr Bein wieder
einmal überstrapaziert. Der dumpfe, ständige Schmerz
hatte die ganze Fahrt von Richmond zurück angehalten.
Doch kaum hatte sie das Haus betreten, da läutete das
Telefon. Es war Lila Thatcher.
»Ich bin ja so froh, Sie zu erreichen, Pat. Ich habe Sie
kommen sehen. Haben Sie heute abend Zeit?«
    »Ehrlich gesagt …« Pat war so überrumpelt, daß ihr
keine vernünftige Ausrede einfiel. Einer Hellseherin kann
man nicht so leicht etwas vorlügen, dachte sie.
    Lila unterbrach sie. »Nehmen Sie sich Zeit. Der
Botschafter hat wie üblich zu einem Heiligabendessen
eingeladen, und ich habe ihn angerufen und ihm gesagt,
daß ich Sie gerne mitbringen würde. Schließlich sind Sie
jetzt seine Nachbarin. Er wäre entzückt, wenn Sie kämen.«
    Der achtzigjährige pensionierte Botschafter war wohl
der berühmteste Elder Statesman in der Gegend. Von den
Staatsgästen aus aller Welt, die nach Washington kamen,
versäumten es nur wenige, den Botschafter in seinem
Haus aufzusuchen.
    »Es wäre mir eine Freude, mitzugehen«, sagte Pat
herzlich. »Danke, daß Sie an mich gedacht haben.«
Nachdem sie aufgelegt hatte, ging Pat in ihr
Schlafzimmer hinauf. Das würde eine elegante
Gesellschaft sein bei dem Botschafter. Sie beschloß, ein
schwarzes Samtkostüm mit Zobelpelzstreifen an den
Aufschlägen anzuziehen.
Ihr blieb noch Zeit, in Ruhe ein heißes Bad zu nehmen
und anschließend noch ein Schläfchen zu machen.
Als sie sich in der Wanne zurücklegte, fiel Pat auf, daß
sich eine Ecke der zartbeigen Tapete zu lösen begann.
Darunter kam ein blaues Wedgwoodmuster zum
Vorschein. Sie langte nach oben und zog ein großes Stück
der obersten Tapetenschicht ab.
Das war es, daran erinnerte sie sich – dieses schöne
Violett und Wedgwood-Blau. Und das Bett hatte eine
elfenbeinfarbene Satinsteppdecke, dachte sie, und auf dem
Boden hatten wir einen blauen Teppich.
Sie trocknete sich mechanisch ab und zog einen
Frotteemantel an. Im Schlafzimmer war es kühl, und es
war schon voller Spätnachmittagsschatten.
Vorsichtshalber stellte sie den Wecker auf halb fünf,
bevor sie sich dem Schlummer überließ.
Die wütenden Stimmen … die über den Kopf gezogene
Decke … der laute Knall … noch ein lauter Knall … ihre
nackten Füße leise auf der Treppe …
Das hartnäckige Klingeln des Weckers machte sie wach.
Sie rieb sich die Stirn in dem Bemühen, sich an den vagen
Traum zu erinnern. Hatte die Tapete in ihrem Kopf etwas
freigesetzt? O Gott, hätte sie doch nur nicht den Wecker
gestellt.
Aber es kommt immer näher. Ich komme der Wahrheit
von Tag zu Tag näher …
Sie erhob sich langsam und ging zu dem Frisiertisch im
Ankleidezimmer. Ihr Gesicht sah angestrengt und blaß
aus. Ein knarrendes Geräusch unten im Flur ließ sie
herumwirbeln, sie fuhr sich mit der Hand an die Kehle.
Aber natürlich, das waren nur die üblichen Geräusche des
arbeitenden Hausgebälkes.
Um Punkt fünf Uhr läutete Lila Thatcher. Wie sie da mit
rosigen Wangen und silberig weißem Haar im Türrahmen
stand, wirkte sie fast elfenhaft. Sie war festlich gekleidet
in ihrem Autumn-Haze-Nerzmantel mit dem kleinen
Weihnachtssträußchen, das sie sich an den breiten Kragen
gesteckt hatte.
»Haben wir noch Zeit für ein Glas Sherry?« fragte Pat.
»Ich glaube, ja«. Lila besah den schmalen Tisch aus
Carrara-Marmor und den dazu passenden Spiegel in dem
Rahmen aus Carrara-Marmor im Foyer. »Ich habe diese
Stücke immer sehr gemocht. Es freut mich, sie
wiederzusehen.«
»Sie wissen.« Es war eine Feststellung. »Das habe ich
mir schon an diesem Abend neulich gedacht.«
Sie hatte eine Sherry-Karaffe und einen Teller mit
süßem Gebäck auf das Beistelltischchen gestellt. Lila blieb
im Eingang zum Wohnzimmer stehen. »Ja«, sagte sie,
»das haben Sie gut hinbekommen. Es ist natürlich schon
so lange her, aber es ist so, wie ich es in Erinnerung habe.
Dieser wunderschöne Teppich; diese Couch. Sogar

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