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Das Haus Am Potomac

Das Haus Am Potomac

Titel: Das Haus Am Potomac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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sah, hatte Abby ihre
Hände immer noch im Schoß. »Toby, ich habe dafür
gearbeitet.«
»Ich weiß, daß du das hast, Abby.«
»Es wäre nicht fair, zu verlieren, nur weil ich mich
    mühsam von unten hochgearbeitet habe.«
»Du wirst nicht verlieren, Senatorin.«
»Ich weiß nicht. Diese Pat Traymore hat etwas an sich,
    das mich stört. Sie hat mir in einer Woche zweimal eine
mir peinliche Publicity beschert. Da steckt mehr dahinter,
als wir wissen.«
    »Senatorin, Phil hat sie überprüfen lassen. Sie hat sich
schon im College für dich interessiert und für dich
geschwärmt. Sie hat im letzten Studienjahr in Wellesley
eine Arbeit über dich geschrieben. Sie meint es ehrlich.
Vielleicht bringt sie dir kein Glück, aber sie meint es
ehrlich.«
    »Sie bringt mir nur Ärger ein. Ich warne dich, irgend
etwas ist mit ihr.«
Das Auto glitt am Capitol vorbei und fuhr vor dem
Russell Senate Office Building vor. »Ich komme sofort
rauf, Senatorin, und ich verspreche dir, ich werde ein
wachsames Auge auf Pat Traymore haben. Sie wird dir
nicht in die Quere kommen.« Er sprang aus dem Wagen,
um für Abby die Tür aufzuhalten.
Sie nahm seine Hand, stieg aus und drückte ihm dann
impulsiv die Finger. »Toby, schau dir die Augen von ihr
an. Irgend etwas ist mit ihnen – irgend etwas
Geheimnisvolles … als ob …«
Sie sprach den Satz nicht zu Ende. Aber bei Toby war
das auch nicht nötig.
Um sechs Uhr war Philip im Büro, um Pat und die
Kameraleute vom Fernsehen hereinzulassen.
    Wachen mit schläfrigen Augen und Putzfrauen mit
müden, geduldigen Gesichtern waren die einzigen
Menschen, die sonst noch im Russell Building zu sehen
waren. In Abigails Büro beugten sich Pat und die
Kameramänner über das Storyboard. »Diese Sache soll
nicht länger als drei Minuten werden«, sagte Pat. »Ich
möchte, daß Sie einfangen, wie die Senatorin ins leere
Büro kommt und mit der Arbeit beginnt, bevor jemand
anderes da ist. Dann kommt Philip herein, um sie zu
informieren … Eine kurze Einstellung auf ihren
Terminkalender, aber ohne daß das Datum zu sehen ist …
Dann, wie ihre Mitarbeiter eintreffen, die Telefone zu
läuten beginnen; eine Einstellung auf die Tagespost; die
Senatorin bei der Begrüßung von Besuchern aus ihrem
Staat; die Senatorin im Gespräch mit einer Frau aus ihrem
Wahlbezirk; Phil, wie er herein- und hinauseilt mit
Nachrichten. Sie wissen, worauf es mir ankommt – ein
Gefühl, hinter den Kulissen zu stehen und der Senatorin
bei ihrer täglichen Arbeit zuzuschauen.«
    Als Abigail kam, standen alle für sie bereit. Pat erklärte
ihr die erste Einstellung, die sie wollte, und die Senatorin
nickte und kehrte in den Flur zurück. Die Kameras liefen,
und ihr Schlüssel drehte sich im Schloß. Sie machte ein
geschäftsmäßiges und in Gedanken vertieftes Gesicht. Sie
streifte das graue Kaschmircape ab, unter dem sich ein gut
geschnittenes, aber dezentes graues Nadelstreifenkostüm
verbarg. Selbst die Handbewegung, mit der sie sich durchs
Haar fuhr, als sie den Hut abnahm, wirkte natürlich, wie
die Geste von jemandem, der um sein Äußeres besorgt, in
Gedanken aber mit wichtigeren Dingen beschäftigt ist.
    »Schnitt«, sagte Pat. »Senatorin, das war sehr gut, genau
der Eindruck, den ich mir vorgestellt hatte.« Selbst in
ihren eigenen Ohren klang ihr spontanes Lob gönnerhaft.
Die Senatorin lächelte rätselhaft. »Danke. Was nun?«
Pat erklärte ihr die Szenen mit der Tagespost, mit Phil
und mit der Frau aus ihrem Wahlbezirk, Maggie Sayles.
    Die Aufzeichnungen verliefen ohne Schwierigkeiten. Pat
erkannte schnell, daß die Senatorin ein natürliches Talent
hatte, sich der Kamera von ihrer fotogensten Seite zu
präsentieren. Das Nadelstreifenkostüm gab ihr das
Aussehen einer Managerin und würde einen guten
Kontrast abgeben zu dem Taftrock, den sie bei der
Weihnachtsparty getragen hatte. Sie trug silberne Ohrringe
und eine silberne Krawattennadel, die sich auf dem
Halstuch ihrer weichen grauen Seidenbluse streng und
schmal ausnahm. Es war die Idee der Senatorin, das Büro
einmal ganz zu zeigen, mit beiden Flaggen, der Fahne der
Vereinigten Staaten und der von Virginia, und dann nur
sie mit der amerikanischen Flagge hinter ihr in einer
Nahaufnahme.
    Pat beobachtete, wie die Kamera sich herabneigte,
während Abigail mit Bedacht einen Brief aus dem Haufen
Post auf ihrem Schreibtisch aussuchte – einen Brief mit
einer kindlichen Handschrift. Ein weiterer

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