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Das Haus Am Potomac

Das Haus Am Potomac

Titel: Das Haus Am Potomac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Theatertrick,
dachte Pat. Wie raffiniert von ihr. Dann kam die Frau aus
ihrem Wahlbezirk herein. Es war Maggie, die Frau, der
Abigail geholfen hatte, für ihre Mutter ein Pflegeheim zu
finden. Abigail sprang auf, um ihr entgegenzueilen,
umarmte sie herzlich und führte sie zu einem Sessel – sehr
lebendig, voller Wärme und Besorgnis.
    Ihre Anteilnahme ist echt, dachte Pat. Ich war hier, als
sie die Mutter der Frau in einem Pflegeheim unterbrachte;
aber jetzt zieht sie so viel Show ab. Sind alle Politiker so?
Bin ich einfach nur zu naiv?
    Um zehn waren sie fertig. Nachdem sie Abigail
versichert hatte, daß sie alle Aufnahmen hatten, die sie
brauchten, rüstete Pat mit den Kameraleuten zum
Aufbruch. »Heute nachmittag treffen wir eine erste
Vorauswahl«, sagte Pat zum Leiter der Crew. »Heute
abend gehen wir das dann noch einmal mit Luther durch.«
    »Ich glaube, es wird großartig«, meinte der Kameramann
von sich aus.
»Es wird eine gute Show. Insofern gebe ich Ihnen
recht«, sagte Pat.

26
    Arthur hatte die ganze Nacht davon geträumt, wie
Mrs. Gillespie ihn angestarrt hatte, als ihre Augen
anfingen, glasig zu werden. Am Morgen hatte er schwere
Lider und fühlte sich zerschlagen. Er stand auf, machte
Kaffee und wäre auch Brötchen holen gegangen, aber
Glory redete ihm das aus. »Ich will keines, und du solltest
dich noch etwas ausruhen, wenn ich zur Arbeit fort bin.
Du hast nicht gut geschlafen, nicht wahr?«
    »Woher weißt du das?« Er saß ihr gegenüber am Tisch
und betrachtete sie, wie sie auf der Kante ihres Stuhls saß.
»Du hast immer wieder geschrien. Hat Mrs. Gillespies
Tod dir so zugesetzt, Vater? Ich weiß, wie oft du von ihr
erzählt hast.«
Ein Angstfrösteln durchlief ihn. Angenommen, sie
stellen Glory Fragen nach ihm? Was würde sie sagen?
Niemals etwas, um ihm bewußt zu schaden, aber wie
sollte sie das wissen? Er bemühte sich, seine Worte
vorsichtig zu wählen.
»Es macht mich nur so traurig, daß sie ihre Tochter nicht
mehr gesehen hat, bevor sie starb. Wir hatten uns das
beide gewünscht.«
Glory stürzte ihren Kaffee hinunter und stand auf.
»Vater, ich wünschte, du würdest dir eine Zeitlang
freinehmen und dich erholen. Ich glaube, deine Arbeit
strengt dich zu sehr an.«
»Es geht mir gut, Glory. Was habe ich denn geredet im
Schlaf?«
»Du hast immerzu gesagt, Mrs. Gillespie solle die
Augen schließen. Was hast du geträumt von ihr?«
Glory sah ihn fast so an, als hätte sie Angst vor ihm,
dachte er. Wieviel wußte oder ahnte sie? Nachdem sie
gegangen war, starrte er besorgt und müde in seine Tasse.
Er war ruhelos und beschloß, einen Spaziergang zu
machen. Doch das half auch nicht. Einige Häuserblocks
weiter machte er wieder kehrt.
Als er an die Ecke der Straße kam, in der sie wohnten,
bemerkte er die Aufregung. Vor ihrem Haus stand ein
Polizeiwagen. Er huschte instinktiv in den Eingang eines
leerstehenden Hauses und sah von dort aus hinüber. Nach
wem suchten sie? Nach Glory? Ihm selbst?
Er mußte Glory warnen. Er würde sie bitten, sich
irgendwo mit ihm zu treffen und wieder mit ihm
fortzugehen. Er hatte 300 Dollar in bar und 622 Dollar
unter einem anderen Namen auf einem Bankkonto in
Baltimore. Damit könnten sie auskommen, bis er eine
neue Stelle gefunden hätte. Es war leicht, Arbeit in einem
Pflegeheim zu finden. Pfleger wurden überall dringend
gesucht.
Er schlich sich an der Seite des Hauses entlang,
überquerte den angrenzenden Hof, eilte zur Straßenecke
und rief bei Glory im Büro an.
Sie sprach an einem anderen Apparat. »Holen Sie sie«,
befahl er ihrer Kollegin unwirsch. »Es ist wichtig. Richten
Sie ihr aus, daß ihr Vater sagt, es sei wichtig.«
Als Glory ans Telefon kam, klang sie ungeduldig.
»Vater, was ist denn los?«
Er erklärte es ihr. Er hatte gedacht, sie würde weinen
oder sich aufregen, aber nichts davon – nur Schweigen.
»Glory …?«
»Ja, Vater.« Ihre Stimme klang ruhig, leblos.
»Brich sofort auf, sag niemandem was, tue so, als ob du
auf die Toilette gingest. Wir treffen uns an der Metro
Central, Ausgang 12 G. Wir werden auf und davon sein,
bevor sie Alarm geben können. Wir holen uns das Geld
von der Bank in Baltimore und gehen dann in den Süden.«
»Nein, Vater.« Glorys Stimme klang fest, entschlossen.
»Ich laufe nicht mehr fort. Danke, Vater. Aber du
brauchst meinetwegen nicht mehr fortzulaufen. Ich gehe
zur Polizei.«
»Glory. Nein. Warte. Vielleicht geht es ja noch mal gut.

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