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Das Haus Am Potomac

Das Haus Am Potomac

Titel: Das Haus Am Potomac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Weihnachtsfeiertage war das amtliche
Washington eine Geisterstadt. Der Präsident war auf
seinem privaten Ferienlandsitz im Südwesten; der
Kongreß hatte Parlamentsferien; die Universitäten waren
wegen Ferien geschlossen. Washington war eine
verschlafene Stadt, eine Stadt, die darauf wartete, daß
neuerlich das emsige Treiben ausbrach, das die Rückkehr
des Präsidenten, der Gesetzgeber und Studenten
signalisierte.
    Pat fuhr durch den leichten Verkehr nach Hause. Sie war
nicht hungrig. Einige Bissen Puter und eine Tasse Tee, das
war alles, was sie wollte. Sie fragte sich, wie Luther in
Apple Junction zurechtkam. Setzte er wieder seinen
schmeichlerischen Charme ein wie bei ihr, als er sie
umworben hatte? Das schien lange her zu sein.
    Apple Junction: Ob Eleanor Brown noch einmal bei
Miss Langley angerufen hatte? Eleanor Brown. Ihretwegen quälten Pat zunehmend Zweifel in bezug auf
die Seriosität der Sendung. Was war die Wahrheit? Da
stand Eleanors Aussage gegen Tobys. Hatte er sie
angerufen und gebeten, ins Wahlkampfbüro zu gehen und
nach dem Ring der Senatorin zu suchen? Die Senatorin
bestätigte Tobys Behauptung, daß er sie zur Zeit des
fraglichen Anrufs chauffiert hatte. Und ein Teil des Geldes
war in Eleanors Abstellraum gefunden worden. Wie hatte
sie glauben können, mit einem so dürftigen Alibi
davonzukommen?
    Ich wünschte, ich hätte eine Abschrift des
Gerichtsprotokolls, dachte sie.
Sie schlug ihr Notizbuch auf und studierte die Sätze, die
sie sich am Abend vorher aufgeschrieben hatte. Sie
ergaben immer noch keinen Sinn. Auf die nächste Seite
schrieb sie Eleanor Brown. Was hatte Margaret Langley
über das Mädchen gesagt? Sie klopfte mit dem Stift auf
den Schreibtisch, runzelte nachdenklich die Stirn und
begann ihre Eindrücke aus ihrer Unterhaltung
aufzuschreiben:
    Eleanor war furchtsam … Sie hat nie während des
Unterrichts Kaugummi gekaut oder geredet, wenn der
Lehrer nicht in der Klasse war … Sie liebte die Arbeit im
Büro der Senatorin … Sie war gerade befördert worden …
Sie nahm Malunterricht … Sie war an dem Tag nach
Baltimore gefahren, um zu malen …
    Pat las die Notizen wieder und wieder. Ein Mädchen, das
eine verantwortliche Stellung innehatte und seine Arbeit
so gut machte, daß es gerade befördert worden war – und
doch so dumm, daß es gestohlenes Geld im eigenen
Abstellraum versteckte …
    Einen Teil des gestohlenen Geldes. Das meiste davon –
70.000 Dollar – wurde nie wiedergefunden.
Ein Mädchen, das so furchtsam war, würde sich nur
schlecht selbst verteidigen können.
Eleanor hatte im Gefängnis einen
Nervenzusammenbruch gehabt. Um den vorzutäuschen,
hätte sie eine sehr gute Schauspielerin sein müssen. Aber
sie hatte ihr Ehrenwort für die bedingte Strafaussetzung
gebrochen.
Und was war mit Toby? Er hatte Eleanors Aussage
widersprochen. Er hatte geschworen, an diesem Morgen
nicht mit ihr telefoniert zu haben. Und Senatorin Jennings
hatte bestätigt, daß Toby sie zur Zeit des fraglichen Anrufs
gefahren hatte.
Würde die Senatorin vorsätzlich für Toby lügen, mit
Vorbedacht ein unschuldiges Mädchen ins Gefängnis
schicken?
Aber angenommen, jemand, der sich nur so anhörte wie
Toby, hatte Eleanor angerufen? In dem Fall hatten alle
drei – Eleanor, Toby und die Senatorin – die Wahrheit
gesagt. Wer hätte sonst noch über Eleanors Abstellraum in
dem Apartmenthaus, in dem sie wohnte, Bescheid wissen
können? Was war mit dem Mann, der ihr gedroht, bei ihr
eingebrochen und die Puppe dagelassen hatte? War er
vielleicht der unbekannte Faktor beim Verschwinden der
Wahlkampfgelder?
Die Puppe. Pat schob ihren Stuhl zurück und langte nach
dem Karton, der unter den Bibliothekstisch geklemmt war,
überlegte es sich aber anders. Der Anblick der Puppe
würde sie jetzt nicht weiterbringen. Und dies weinende
Gesichtchen war zu bedrückend. Wenn die Sendung
ausgestrahlt war und keine weiteren Drohungen mehr
kamen, würde sie die Puppe wegwerfen. Wenn es jedoch
noch mehr Drohbriefe, -anrufe oder Einbruchsversuche
gab, mußte sie die Puppe der Polizei zeigen.
Auf die nächste Seite in ihrem Notizbuch schrieb sie Toby, dann durchstöberte sie die Gesprächskassetten in der
Schreibtisch-Schublade.
Sie hatte Toby damals an diesem ersten Nachmittag
aufgenommen. Er hatte nicht gemerkt, daß sie das Band
laufen ließ, und seine Stimme klang etwas gedämpft. Sie
stellte das Gerät auf höchste Lautstärke,

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