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Das Haus an der Klippe

Das Haus an der Klippe

Titel: Das Haus an der Klippe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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den Blutfluß zu unterbinden. Der Grieche ließ die Muschel fallen und wollte nach der Waffe auf dem Boden greifen. Da ging ein schwerbeschuhter Fuß auf seinen Unterarm nieder und drückte ihn zu Boden.
    Er schaute nach oben in das undurchdringliche, zerfurchte Gesicht des Hauptmanns und lächelte durch sein Bartgestrüpp.
    »Danke, Kamerad«, sagte er. »Du hast mich vor einem bösen Sturz bewahrt.«
    »Töte das Schwein, Hauptmann«, rief der Posten, dessen Gesicht aschgrau geworden war. »Hack ihm einfach den Arm ab!«
    Der Hauptmann sah die blauen Augen fragend auf sein Gesicht gerichtet und überlegte.
    »Noch nicht«, sagte er schließlich. »Nicht bevor wir wissen, ob sich nicht noch mehr von der Sorte hier in der Gegend rumtreiben. Außerdem könnten die Leute etwas Unterhaltung brauchen, nach dem, was wir hinter uns haben, und ich glaube, bei so einem schlauen alten Griechen kann der Tod eine ganze Weile dauern.«
    »Solange du willst, Kapitän«, sagte der Grieche. »Ich habe keine Eile. Ich kann –«
    »Scheiße«, sagte Ellie Pascoe.
    Durch das offene Fenster der Abstellkammer, der sie die Bezeichnung »Arbeitszimmer« verweigerte, hatte sie ein Auto in die kurze Einfahrt einbiegen hören.
    Sie tippte »
mir so viel Zeit nehmen, wie du willst«,
speicherte ab und trat ans Fenster.
    Ein Mann und eine Frau stiegen aus einem Auto und gingen auf die Eingangstür zu.
    »Hallo«, rief Ellie.
    Ihre von oben kommende Stimme ließ die Besucher zusammenfahren wie ertappte Kinder, und der Frau fielen die Autoschlüssel aus der Hand.
    Vielleicht glauben sie, es ist die Stimme Gottes, dachte Ellie.
    Oder vielleicht (ein Gedanke führt zum nächsten) denken sie,
sie
seien die Stimme Gottes.
    »Falls Sie Zeugen Jehovas sind«, rief sie, »dann sage ich Ihnen gleich, daß hier nur kommunistische Satanisten wohnen. Ich würde Ihnen aber gerne ein paar von
unseren
Schriften geben.«
    »Mrs. Pascoe?« sagte die Frau. »Mrs. Ellie Pascoe?«
    Sie sah nicht aus wie eine Zeugin Jehovas. Und die Zeugen Jehovas fahren auch nicht im dicken BMW vor.
    Zwei Vermutungen, so haltlos wie Hottentottentitten (diesen Satz entnahm sie ihrer Sammlung der Aussprüche von Andy Dalziel), aber nach Beweisen suchen wir, wenn uns die Intuition im Stich läßt (eine ihrer eigenen Weisheiten, eine Provokation für jeden Polizisten).
    »Sekunde. Ich komme runter«, sagte sie.
    Als sie schließlich unten ankam und die Haustür öffnete, hatten die beiden sich wieder gefaßt. Jetzt wirkten sie einfach nur besorgt.
    »Mrs. Pascoe?« sagte der Mann, er war schlank, in den Dreißigern, sah gar nicht übel aus und trug einen gutsitzenden Glencheck-Anzug, der von einem Schneider aus der Savile Row hätte stammen können. Peter würde er bestimmt noch besser stehen. »Sie sind Mrs. Pascoe?«
    »Ich dachte, das hätten wir schon geklärt.«
    »Mein Name ist Jim Westcombe. Ich bin vom Sozialdienst der Schulbehörde. Es geht um Ihre Tochter Rose. Sie besucht doch die Edengrove Junior, oder?«
    »Ja, aber heute haben sie Wandertag und sind im Freizeitpark von Tegley Hall … bitte, worum geht es?« fragte Ellie.
    Die Besucher wechselten einen Blick, dann erklärte der Mann:
    »Machen Sie sich keine Sorgen, es geht ihr gut, Sie können ganz beruhigt sein, wirklich –«
    »Wie bitte?«
    Es gibt nur wenige Dinge, die eine Mutter mehr in Unruhe versetzen können als die Versicherung, sie brauche sich nicht zu beunruhigen, ganz besonders, wenn diese Mutter noch wenige Wochen zuvor an einem Krankenhausbett gewacht und nicht gewußt hat, ob ihre Tochter sich von einer Hirnhautentzündung erholen würde oder nicht.
    Die Frau warf ihr einen Blick zu, in dem sich Mitgefühl und Ärger über das Ungeschick ihres Begleiters mischten.
    »Jim, halt den Mund«, sagte sie. »Mrs. Pascoe, der Bus, der die Kinder nach Tegley Hall bringen sollte, hat eine Panne. Ein Ersatzbus ist unterwegs, aber offenbar fühlt sich ihre kleine Tochter nicht so gut. Also hat der Schulleiter beschlossen, sie lieber nach Hause zu schicken, aber er konnte Sie telefonisch nicht erreichen …«
    Ellie drehte sich um und griff nach dem Flurtelefon. Die Leitung war tot. Im Spiegel über dem Telefon blickte sie ein nicht völlig unbekanntes Gesicht an, dessen Blässe durch die Sommerbräune schimmerte wie ein Totenlicht durch ein Musselintuch. Das war es. Das war die Strafe, die sie verdiente. Das hatte sie sich selbst eingebrockt. Schlimmer noch, Rosie … und Peter.
    »… also hat er

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