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Das Haus an der Klippe

Das Haus an der Klippe

Titel: Das Haus an der Klippe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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können Sie ja gerne mitkommen.«
    »Ja, nun, ich wollte mir tatsächlich den Strand anschauen, wissen Sie, ein wenig das Gelände erkunden …«
    Als sie sah, wie die Pascoe die Augen verdrehte, faßte sie einen Entschluß.
    »Mrs. Pascoe …«
    »Ellie«, sagte Daphne.
    »… halten Sie alle Türen geschlossen, und lassen Sie Rosie nicht aus den Augen. In Ordnung?«
    Sie sah nicht ohne Vergnügen, wie sich in Ellies Gesicht Verärgerung abzeichnete.
    »Ich glaube, ich kann selbst auf meine Tochter aufpassen«, antwortete sie.
    »Prima. Dann wollen wir mal los, Daphne.«
    Draußen folgte sie der Älteren auf einer Art Pfad, der Novello aber eher wie ein Hindernisparcours vorkam, auf dem sie über Grasbüschel stolperte, sich die Zehen an Steinen stieß und die Attacken stachliger Büsche abwehren mußte, welche ein bösartiges Eigenleben zu führen schienen.
    Was um Himmels willen habe ich hier verloren? fragte sie sich.
    Bei diesem Job war wirklich kein Blumentopf zu gewinnen. Wahrscheinlich gab es auch überhaupt keine Gefahr, was bedeutete, daß nichts weiter vor ihr lag als eine Reihe von Tagen, an denen man sich gegenseitig auf die Nerven gehen würde. Und das in einer tristen Landschaft, auf die voll und ganz ihrer irischen Großmutter härtestes Urteil zutraf:
Das ist eine Gegend, wo eine anständige Frau von Protestanten übers Ohr gehauen werden könnte.
    Falls es durch irgendein Wunder doch zu einer brenzligen Situation kam, wie um alles in der Welt sollte sie ihr begegnen? Sie konnte die Gruppe nicht zwingen zusammenzubleiben. Wahrscheinlich hätte sie bei den Pascoes im Cottage bleiben sollen, aber falls Daphne Aldermann ertrank, dann würde man ihr die Leviten lesen. Doch das war sicher noch gar nichts, verglichen mit dem, was ihr bevorstand, falls sie bei ihrer Rückkehr nach Nosebleed beide Pascoes, Mutter und Tochter, mit durchschnittener Kehle auffinden würde.
    Sie erschauderte bei dieser Aussicht, dann sagte sie sich, daß damit nun wirklich nicht zu rechnen war. Nein, wenn das ein ernst zu nehmender Job gewesen wäre, dann hätte es zumindest zwei Aufpasser gegeben, Männer wahrscheinlich. Ihre Anwesenheit hatte Alibicharakter, auch wenn sie nicht unbedingt eine Alibifrau war, obwohl man sie unter dem Alibi, daß sie eine Frau sei, hierhergeschickt hatte …
    »Oh, Scheiße!« rief sie.
    Daphne Aldermann war von der Klippe gestürzt.
    Sie rannte vor und starrte hinunter.
    Was sie sah, jagte ihr einen Schreck ein, doch zugleich atmete sie erleichtert auf.
    Der Abhang war mit einem wenig einladenden Gewirr von Sandsteingeröll und Tonschiefer bedeckt, doch Daphne, davon völlig unbeeindruckt, stieg mit einem Tempo hinab, als würde sie über eine mit Teppich ausgeschlagene Treppe schreiten.
    Novello folgte ihr vorsichtig.
    Sie konzentrierte sich so sehr darauf, wohin sie ihre Füße setzte, daß sie kaum auf den Strand achtete, aber als sie ihn schließlich erreichte, genügte ein Blick Richtung Norden und einer Richtung Süden, um ihr zu bestätigen, was sie schon vermutet hatte. Keine Eiswagen, keine Ringer weit und breit. Nicht einmal ein Protestant, der einen übers Ohr hauen könnte.
    Im Sand lagen ein T-Shirt, Sandalen, ein Paar Shorts und ein Handtuch. Und vorne lief Daphne ins Meer, nackt.
    Mein Gott, dachte Novello. Nach alledem jetzt auch noch ein mittelalter Nackedei.
    Sie schaute lange genug hin, um festzustellen, daß zumindest die Lobpreisungen der Schwimmfertigkeiten dieser Frau nicht übertrieben gewesen waren. Daphne strich mit weit ausholenden, lockeren Schlägen durch den starken Wellengang, bis sie in ein paar hundert Metern Entfernung eine Ansammlung von Felsen erreichte. Hier zog sie sich aus dem Wasser und winkte. Dann legte sie sich auf den Rücken, um die Sonne zu genießen.
    Keine schlechte Idee, dachte Novello.
    Sie legte sich ebenfalls in den Sand und schloß die Augen.
    Ein Geräusch dicht neben ihr weckte sie auf. Sie öffnete die Augen und setzte sich auf. Daphne rieb sich munter mit dem Handtuch ab. Ein wenig schlaff und welk, bemerkte Novello, und stellte einen Vergleich mit ihrem flachen Bauch und ihrem der Erdanziehung trotzenden Busen an, erst selbstzufrieden, dann mit Selbsttadel. Noch zwei Jahrzehnte und zwei Kinder, wie würde sie dann wohl aussehen? Vergleiche hinken, sagte ihre Großmutter immer, wenn beide Seiten nicht die gleichen Voraussetzungen haben.
    Sie merkte, daß Daphne zu ihr herübersah, und senkte den Blick. Es war ihr peinlich, dabei

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