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Das Haus an der Klippe

Das Haus an der Klippe

Titel: Das Haus an der Klippe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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wir aufbringen können, an Ithaka. Aber jetzt etwas, das dich vielleicht interessiert, Herr. Laut unserer primitiven Geschichtsschreibung soll vor vielen Jahren König Laertes persönlich die Insel besucht haben, und die noch primitiveren Gerüchte besagen, daß er bei diesem Besuch ein Auge auf meine Mutter warf, die ein ziemlich hübsches Mädchen gewesen sein soll, und ziemlich kokett, und im Jahr nach dem Besuch schenkte sie meinem Vater einen Sohn, weshalb ich Nikos heiße, nach meinem Vater, während meine Kumpels in der Taverne mich normalerweise Nothos nennen, was ›Bastard‹ bedeutet.«
    Eine Welle der Heiterkeit lief durch die Zuhörer.
    »Dich stört es aber nicht, daß man dich so nennt?« fragte Äneas.
    »Nein, Herr, warum sollte ein Mann etwas dagegen haben, wenn man ihm nachsagt, er habe edles Blut in den Adern? Und außerdem haben nicht wenige von denen, die mich ›Bastard‹ nannten, auf schmerzliche Weise erfahren müssen, wie recht sie damit hatten.«
    Die Welle der Heiterkeit schwoll zu schallendem Gelächter an.
    Sogar Äneas lächelte, als er sagte: »Nun, Nothos, so wissen wir also, wer du bist und was du bist. Vielleicht kannst du uns jetzt erzählen, was dich hierher verschlagen hat?«
    Der Dicke hob die Augen fromm gen Himmel und erwiderte: »Bei der Gnade des Himmels und deiner ebenso göttlichen Nachsicht: Vor drei Tagen bin ich mit meinen Kameraden zum Fischen rausgefahren, doch die Mistviecher wollten sich nicht zeigen. Da haben die anderen den Rückweg angetreten, denn sie fanden, am heimischen Herd bei ihren Frauen sei es vergnüglicher als mutterseelenallein auf der wogenden See. Aber ich gebe nicht so leicht auf. Wenn es an dieser Stelle keine Fische gab, dann mußte es anderswo welche geben, also habe ich mich vom Wind und der Strömung weiter und weiter aus unseren angestammten Fischgründen hinaustragen lassen. Plötzlich wurde es düster, und die See wurde ziemlich rauh, und ich dachte, Nothos, mein Junge, es wird Zeit, daß du dich auf den Heimweg machst. Nur wo war der Heimweg? Aber das war völlig egal, denn ich hatte gar keine Wahl, in welche Richtung ich fahren wollte. Denn es zog ein Sturm auf, und kein gewöhnlicher Sturm! Nein, das war ein Sturm, wie ihn die Götter schicken, wenn sie es einem Sterblichen richtig zeigen wollen. Nun, ich wußte, daß es ihnen nicht um mich ging. Welches Interesse könnten die Götter an einem armen Fischer haben? Nein, das galt sicher einer bedeutenderen Persönlichkeit. Da fällt mir ein, Herr, bist du das vielleicht gewesen? Habt ihr etwa den alten Poseidon so aufgebracht? Oder vielleicht einer deiner Leute?«
    »Wir versuchen, allen Göttern die ihnen gebührende Verehrung zu zollen«, erwiderte Äneas kalt. »Du dagegen hast, wie Hauptmann Achates berichtet, schreckliche Lästerungen gegen den Herrn der Meere ausgestoßen, als du an den Strand gespült wurdest.«
    Nothos sah betreten vor sich hin.
    »Na ja, gut, vielleicht bin ich ein wenig zu weit gegangen. Aber nicht ohne Grund, Herr. Da gehe ich nun als armer Fischersmann meiner Arbeit nach, und plötzlich finde ich mich in einem Sturm wieder, der für jemand anderen bestimmt ist, und werde weiß Gott wohin abgetrieben, ganze drei Tage lang. Schließlich läuft mein Boot auf einen Felsen und geht unter, und mit ihm mein Lebensunterhalt, du verstehst, so gut wie alles, was ich auf der Welt besitze. Tief hinunter hat es mich gerissen, so tief, daß ich dachte, ich würde den alten Knacker dort persönlich treffen, und wenn das passiert wäre, wahrlich, mir wäre danach gewesen, ihm nicht bloß mit der Faust zu drohen! Aber du hast recht, es hat keinen Sinn, mit den Göttern zu rechten, hm? Und mindestens einer von ihnen scheint Wohlgefallen an meinem Tun gefunden zu haben, denn ich ertrank nicht, sondern kam wieder hoch und schaffte es, mich über Wasser zu halten, wie lange, weiß ich nicht, bis ich schließlich hier an Land gespült wurde. Dafür bin ich dankbar, und besonders auch dafür, in die Hände eines so großzügigen und edlen Herrn gefallen zu sein, dem erwartungsgemäß eine derart prächtige Schar Kämpfer folgt.«
    Er schwieg und blickte zu Boden, wobei sein Körper wie ermattet zusammensank, doch seine wachen Augen unter den buschigen Brauen blickten den Trojaner scharf an, um zu prüfen, welchen Eindruck seine Geschichte gemacht hatte.
    »So«, sagte Äneas. »Da hast du einiges erzählt, um unser Mitgefühl zu erregen. Andererseits, auch wenn du niedrigen Standes

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