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Das Haus an der Klippe

Das Haus an der Klippe

Titel: Das Haus an der Klippe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Seine Zunge blieb still, doch in seinem Gesicht zeigte sich Verzweiflung.
    »Geh nach draußen, Vater«, drängte der Fürst sanft. »Iß etwas. Ich komme gleich nach.«
    Anchises gehorchte, wobei er dem Griechen einen haßerfüllten Blick zuwarf.
    »Ich habe nicht den Eindruck, daß dein alter Vater viel von mir hält«, sagte Nothos.
    »Er hat wenig Anlaß, Griechen zu mögen«, sagte Äneas. »Das hat niemand von uns.«
    »Da tat ich doch gut daran, nicht ihn um Gnade zu bitten, oder?« meinte der Grieche.
    »Allerdings. Ich habe keine Ahnung, was er geantwortet hätte«, sagte der Fürst. »Die Aufgabe eines Führers ist es, sich nur mit der Wirklichkeit zu beschäftigen. Das Reich der Phantasie überläßt er anderen. Auf diese Weise hört er vielleicht mit reinem Ohr, wenn die Götter sprechen. Du dagegen scheinst ja in dieser Beziehung ziemlich gesegnet zu sein.«
    »Mit den Ohren, meinst du?«
    »Mit Phantasie«, sagte Äneas. »Vielleicht würde dir ja eine kleine Prüfung gefallen. Hättest du was gegen eine kleine Prüfung deiner Phantasie, Nothos?«
    »Nein, ich vertreibe mir die Zeit nach dem Essen gerne mit einem Rätsel, Herr. Frag nur.«
    »Zu gütig«, versetzte Äneas.
    Er schwieg einen Augenblick, und sein schmales, feingeschnittenes Gesicht wirkte ganz ruhig und ernst im bernsteinfarbenen Licht der Lampen, deren flackernde Flammen seine tiefliegenden Augen abwechselnd aufleuchten ließen und dann wieder verschatteten.
    Schließlich beugte er sich vor, bis sein Gesicht fast das seines Gegenübers berührte, und begann: »So sage mir denn, was, glaubst du, würden die Männer draußen machen, wenn ich hinausginge und ihnen sagte, ich hätte entdeckt, daß du der Mann bist, den sie am meisten auf der Welt hassen? Wenn ich ihnen sagte, daß du der tückische und listenreiche Bastard bist, der Troja das hölzerne Pferd geschenkt hat? Was glaubst du, was sie dann mit dir machen würden, Odysseus?«
    Einen Augenblick war das Gesicht des großen fetten Griechen so undurchdringlich wie das eines Karpatenbären, der in den Bergen von einem Magyaren genauso überrascht wird, wie er ihn überrascht, sich auf die Hinterpfoten erhebt und ganz ruhig steht, wobei nur seine kleinen Augen den inneren Konflikt zwischen Flucht und Angriff verraten.
    Dann beugte er sich vor und sagte in vertrauensseligem Ton zum Fürsten: »Ich nehme an, daß sie mir nicht gerade einen dicken Schmatzer geben würden, oder?«
     
    Gottgleich lächelte Ellie über ihren eigenen Humor. Die schiffbrüchige Ellie auf der entlegenen Insel lächelte ebenfalls, als sie in und aus Odysseus’ Augen blickte. Dann brachte das Geräusch eines Schlüssels, der sich in der Eingangstür drehte, beide Ellies zusammen und gleichzeitig alles Lächeln zum Erliegen.
    Ihr Verstand sagte ihr, daß am Morgen als allererstes das Schloß ausgetauscht worden war, doch irgendwie drang diese beruhigende Nachricht nicht bis zu ihrem Magen vor.
    Da ertönte Pascoes Stimme: »Ich bin da!«
    Auch Rosie hörte es und kam vom Garten hereingelaufen, wobei sie genug Tempo entwickelte, um vom Boden abzuheben und ihren Vater auf der Höhe des Solarplexus zu treffen, als er in die Küche trat.
    »Mein Gott«, japste er und hob sie in die Höhe. »Wenn du weiter so rangehst, dann bring ich dich mal zum Probespiel zu den Bradford Bulls … was ist denn das?«
    Das
war ein Geräusch wie von einem röhrenden Motorboot, das auf einen Kiesstrand lief. Es stammte von einem kleinen Hund, der in der Terrassentür stand und dessen Augen Pascoe eine unmißverständliche Botschaft übermittelten:
Ich kann mich nicht entscheiden, wohin ich dich zuerst beißen soll.
    »Das ist Tig«, erklärte Rosie und glitt auf den Fußboden. »Er wohnt jetzt bei uns. Komm, ich stelle euch vor. Er ist ein bißchen scheu.«
    Sie nahm die Hand ihres Vaters und zog sie zu dem Hund hin.
    »Tig, das ist mein Vater. Er wohnt hier, aber meistens ist er nicht da.«
    Der Hund hörte auf zu knurren, kam einen Schritt näher, schnüffelte an Pascoes Schuh und drehte sich dann um, wobei er den Schwanz heben wollte. Ellie griff rasch ein, hob das Tier auf und setzte es jenseits der Schwelle ab.
    »Eigentlich ist er stubenrein«, sagte sie.
    »Du meinst, so, wie er eigentlich scheu ist?« erwiderte Pascoe und blickte auf den Hund, der ihn immer noch mit funkelnden Augen ansah.
    »Das wird schon. Jetzt weiß er ja, wie du riechst«, meinte Rosie zuversichtlich.
    »Er hat wohl ein besonderes Gespür für den

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