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Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava Bennett
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der mein Unglück für seine Zwecke ausnutzen wollte.
    Da spürte ich seine Hände auf meiner Schulter. »Nein, Hanne, Sie werden nicht mehr im Kochhaus arbeiten. Ich denke, Nafia hat so viel bei Ihnen gelernt, dass sie Ihre Arbeit in Zukunft erledigen kann!«
    »Aber ich würde gern etwas tun. Ich kann am besten nachdenken, wenn ich beschäftigt bin«, wandte ich bittend ein.
    »Das ist mir, mit Verlaub, zu unsicher. Zu groß ist die Versuchung, dass Sie flüchten. Bei Ihrem Dickkopf könnte ich mir gut vorstellen, dass Sie mich überlisten und abhauen möchten. Doch einmal abgesehen davon, dass man als Ortsfremde auf dieser kleinen Insel gar kein Versteck finden könnte, das vor mir sicher wäre, ist es einfach zu gefährlich. In den Bergen halten sich immer wieder entlaufene Sklaven auf, und die machen kurzen Prozess, wenn ihnen eine schöne Weiße begegnet …«
    Ich biss die Zähne aufeinander, um ihm nicht auf den Kopf zuzusagen, dass er hier wohl von dem Verhalten der Sklavenhalter auf das der Schwarzen schloss, die sich von diesem Joch hatten befreien können. Nein, vor den Sklaven hatte ich keine Angst.
    »Das lassen Sie mal meine Sorge sein«, entgegnete ich kühl.
    Erneut huschte der Anflug eines Lächelns über sein Gesicht. »Nein, dazu liegt mir Ihr Wohl zu sehr am Herzen …«
    »Sie verdammter Heuchler!«, schrie ich empört. »Aber mich den Hensens ausliefern, das würden Sie eiskalt in die Tat umsetzen!«
    Er bot mir seinen Arm. »Kommen Sie, ich bringe Sie auf Ihr Zimmer!«
    Ich ignorierte seinen Arm und folgte ihm missmutig ins Haus. In der Empfangshalle trafen wir auf einen hochgewachsenen jungen Mann mit olivfarbener Haut, schwarzem Kraushaar, kantigen Gesichtszügen und blauen Augen. Fasziniert musterte ich den Fremden. Ich hatte noch nie zuvor einen Mischling gesehen, aber dieser Mann besaß zweifelsohne einen schwarzen und einen weißen Elternteil. Er erwiderte meinen Blick. Wer ist dieser Mann, fragte ich mich, er kann unmöglich ein Sklave sei. Er wirkt so stolz und selbstbewusst. Seufzend musste ich zugeben, dass ich noch nie zuvor einem so anziehenden Mann begegnet war.
    »Das ist Jeremiah, mein Butler. Ich habe ihn auf meiner Reise nach Saint Thomas einem Richter abgeschwatzt, der sterbenskrank war. Nun hat der alte Herr das Zeitliche gesegnet, und Jeremiah hat Wort gehalten. Er ist in meine Dienste getreten.«
    Ich wusste, dass ich das nicht hätte fragen sollen, doch der junge Mann erregte so sehr meine Neugier, dass ich mich nicht länger beherrschen konnte.
    »Gehören Sie zu Mister Sullivans Sklaven?«
    Jeremiah hatte seine blauen Augen zu einem gefährlichen Schlitz zusammengekniffen. »Nein, Miss, ich bin kein Sklave, sondern ein freier Mann!«, bellte er förmlich.
    »Misses«, erwiderte ich, während ich ihm versöhnlich die Hand entgegenstreckte. »Misses Hanne Hensen!«
    Ohne zu zögern, ergriff er meine Hand und schüttelte sie. Ich aber hätte sie ihm am liebsten entzogen. Diese Berührung ging mir durch und durch. Sein Händedruck war kräftig, aber nicht zu grob.
    Auch Mister Sullivan schien zumindest bemerkt zu haben, dass ich mich länger mit seinem Butler beschäftigte, als es üblich war.
    »Kommen Sie«, befahl er und schob mich in mein Zimmer. Energisch schloss er die Tür zum Flur.
    »Falls Sie sich entscheiden, Misses Sullivan zu werden, darf ich Sie vorab mit ein paar Regeln des Umgangs vertraut machen. Zu Sklaven halten wir gebührenden Abstand …«
    Ich ballte die Fäuste. Mir fiel natürlich sofort ein, was mir Misses Leyland am ersten Tag erzählt hatte, doch ich hielt den Mund. Ich dachte mir meinen Teil. Sollte ich tatsächlich eine Misses Sullivan werden, was ich in diesem Augenblick allerdings für ein Ding der Unmöglichkeit hielt, würde ich mir niemals meine Freundschaft mit Nafia verbieten lassen.
    »Und auch zu dem sonstigen Personal ist eine höfliche Distanz wünschenswert. Sie wären dann nämlich die Herrin und sollten sich auch entsprechend benehmen.«
    Ich errötete, denn ich verstand seinen dezenten Hinweis auf meine herzliche Begrüßung mit Jeremiah.
    »Wie gesagt, ich bitte mir Bedenkzeit aus«, bemerkte ich steif.
    »Gut, dann suche ich Sie heute Abend wieder auf.«
    »Heute Abend?«, fragte ich erschrocken. Wie sollte ich es denn bloß schaffen, ihm am Tag zu entkommen?
    »Sie wollten Bedenkzeit, die sollen Sie bekommen, aber Sie müssen verstehen, dass ich nicht ewig warten kann.«
    Ohne mir eine Gelegenheit zur Widerrede zu geben,

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