Das Haus auf den Klippen
deinen Recherchen rausgefunden.«
Hab ich das? fragte sich Menley.
»Ich geh eben kurz schwimmen«, sagte sie. »Und ich
versprech dir, daß ich nicht zu weit rausschwimme.«
»Wenn du’s tust, rette ich dich.«
»Hoffentlich.«
Um halb zwei setzte sie Adam am Flughafen von Barnstable ab.
»Das alte Lied«, sagte er. »Aber wenn ich am Donnerstag zurück bin, fangen wir wirklich an, Urlaub zu machen. Keine Arbeit mehr für mich. Und wenn ich mich vormittags um Ihre Hoheit kümmere, bist du dann bereit, nachmittags am Strand rumzulungern oder irgendwas anzustellen?«
»Da kannst du drauf zählen.«
»Und wir heben uns Amy für ein paar Abende zum Essengehen auf.«
»Alleine hoffentlich.«
Auf dem Rückweg vom Flugplatz beschloß Menley, rasch einen
Umweg über Eastham zu machen und sich dort erneut das Haus
von Tobias Knight anzusehen. »So, Hannah«, wies sie die Kleine an, »versprich mir, bestimmt brav zu sein. Ich muß mir dieses
Haus noch mal anschauen. Da gibt es was, was ich nicht verstehe.«
Diesmal saß eine andere ehrenamtliche Helferin, Letitia Raleigh,
am Empfang des alten Hauses. Der Nachmittag sei bisher ruhig,
erzählte sie Menley, und sie habe Zeit, sich etwas zu unterhalten.
Menley bot Hannah einen Keks an. »Das Ding ist so hart wie
ein Hundekuchen«, erklärte sie, »aber das tut ihr gut, weil sie
Zähne bekommt. Ich achte bestimmt darauf, daß sie keine Brösel fallen läßt.«
Hannah gab sich zufrieden, und Menley kam auf das Thema
Tobias Knight zu sprechen. »Ich kann kaum etwas über ihn finden«, erläuterte sie.
»Er war ein ziemlich mysteriöser Geselle«, bestätigte Raleigh.
»Zweifellos ein wunderbarer Baumeister und seiner Zeit voraus.
Das Haus hier ist hübsch, aber soweit ich weiß, war das, das er
in Chatham gebaut hat, eine exemplarische Sehenswürdigkeit
für die Zeit damals.«
»Ich wohne dort zur Zeit«, sagte Menley. »Es ist wunderschön, aber die Zimmer sind kleiner als die hier im Haus.«
»Das versteh ich nicht. Die Maße sollen doch dieselben sein.«
Raleigh wühlte in ihrem Schreibtisch. »Hier ist irgendwo eine
Vita, die wir normalerweise nicht rausgeben. Sie schmeichelt
ihm nicht gerade. Da ist sein Bild. Ansehnlich, wenn auch großspurig, finden Sie nicht? Und eine Art Dandy für die damalige
Zeit.«
Die Zeichnung zeigte einen Mann von etwa Dreißig mit
ebenmäßigen Gesichtszügen, einem Vollbart und längerem
Haar. Er trug Reithosen, dazu ein Wams, ein Cape und ein Rüschenhemd mit hohem Kragen, und seine Schuhe hatten Silberschnallen.
Sie dämpfte jetzt ihre Stimme. »Laut dieser Biographie ging
Tobias in Ungnaden aus Eastham weg. Er bekam Ärger, als er
sich mit einigen der Bürgersfrauen einließ, und eine Menge Leute waren überzeugt davon, daß er Schiffswracks plünderte und
mit der Beute Handel trieb… also ein Mooncusser war, wissen
Sie.«
Sie überflog die Broschüre und reichte sie dann Menley. »Anscheinend wurde Tobias siebzehnhundertvier, ein paar Jahre,
nachdem er sich in Chatham niedergelassen hatte, von Vertretern der Krone verhört, als die gesamte Ladung der Thankful fehlte. Alle wußten, daß er schuldig war, aber er muß irgendein
gutes Versteck für seine Beute gehabt haben. Zwei Jahre darauf
ist er dann verschwunden. Man nimmt an, daß es ihm in der
Gegend von Chatham zu riskant wurde und er abgehauen ist, um
woanders neu anzufangen.«
»Was für eine Ladung war das?« fragte Menley.
»Kleidung, Decken, Haushaltswaren, Kaffee, Rum – der
Grund, weshalb das Ganze solch einen Wirbel verursachte, war,
daß es alles für den Gouverneurssitz in Boston bestimmt war.«
»Wo haben denn die Leute normalerweise all die Beute versteckt?«
»In Schuppen, am Ufer vergraben, und einige von ihnen hatten sogar Geheimräume in ihren Häusern. Diese Räume lagen
meistens hinter dem Kamin.«
A
Dienstag morgen ging Nat Coogan früher als gewöhnlich zur Arbeit. Aus reiner Neugier fuhr er an Scott Coveys
Haus vorbei, um nachzusehen, ob es irgendwelche Anzeichen
dafür gab, daß Covey drauf und dran war, sich aus dem Staub zu
machen. Denn daß er jetzt, da die Anhörung vorüber und die
Entscheidung zu seinen Gunsten ausgefallen war, dem Cape
endgültig den Rücken zudrehen würde, daran zweifelte Nat
nicht.
Doch obwohl er so früh dran war, mußte er feststellen, daß
Covey schon weg war. Die Rollos waren heruntergelassen, und
seitlich vom Haus standen ein paar Müllsäcke zur Abfuhr bereit.
Man braucht keinen
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