Das Haus auf den Klippen
erregt hatte? Die Sonnenstrahlen
tanzten auf dem Metall und erzeugten wandernde Schattenbilder.
Trotzdem weiß ich nicht, wie ihr so ein Irrtum unterlaufen
konnte, dachte Menley, als sie wieder die Leiter hinunterstieg.
Mein Gott, ist das unangenehm feuchtkalt hier drin! Sie fröstelte
bei der zunehmenden Kühle in dem engen Wandschrank.
Unten angelangt, war sie plötzlich wie gelähmt, als ihr ein
Gedanke einfiel: War es denn möglich, daß Amy doch recht
hatte? Als ich mir Mehitabel vorgestellt habe, wie sie nach ihrem Kapitän auf dem Witwensteg Ausschau hält, war da das
Bild nur so echt, weil ich selber hier raufgekommen bin? fragte
sich Menley.
Könnte ich denn wirklich so die Realität aus den Augen verlieren? Diese Möglichkeit erfüllte sie mit Verzweiflung.
31
A
dam ließ seinen Wagen am Wayside Inn stehen und ging
die zwei Straßen bis zu Elaines Immobilienagentur zu Fuß.
Durch das Fenster konnte er sie an ihrem Schreibtisch sitzen
sehen. Er hatte Glück. Sie war allein.
Das Schaufenster war mit Bildern von Anwesen, die zum
Verkauf standen, gefüllt. Als er sich zur Tür umdrehte, fiel sein
Blick auf die Luftaufnahme des Remember House, und er betrachtete sie. Gutes Foto, dachte er. Es hielt das ganze Panorama
fest, das man vom Haus aus sehen konnte:
Meer, Sandbank, Strand, Steilufer, ein Fischerboot – und alles
in bemerkenswerter Schärfe. Er las die Karte, die an dem Bild
befestigt war: REMEMBER HOUSE. ZU VERKAUFEN. Auf
keinen Fall, dachte er.
Als er zur Tür hereinkam, blickte Elaine auf; sie schob ihren
Stuhl zurück und kam zum Kundenbereich geeilt. »Adam, was
für eine nette Überraschung!« Sie gab ihm einen flüchtigen Kuß.
Er folgte ihr nach hinten zu ihrem Büro und machte es sich in
einem Sessel bequem. »Sag mal, was hast du da vor – willst du
mir mein Haus unterm Hintern wegverkaufen?«
Sie hob eine Augenbraue. »Ich wußte nicht, daß du’s kaufen
willst.«
»Nennen wir es mal ein definitives Vielleicht. Ich hab’s dir
bloß noch nicht gesagt. Menley hat es wirklich gern, aber ich
will sie nicht mit der Entscheidung unter Druck setzen. Wir haben doch bis September eine Option, stimmt’s?«
»Ja, und ich hab mir schon gedacht, daß ihr es wollt.«
»Warum dann das Foto im Schaufenster?«
Sie lachte. »Es verschafft mir Kunden. Die Leute erkundigen
sich danach, und dann erklär ich ihnen, daß schon jemand ein Vorkaufsrecht hat, und lenke ihre Aufmerksamkeit auf was anderes.«
»Du warst schon immer ein schlaues Früchtchen.«
»Das mußte ich sein. Meine arme Mutter hat es nie geschafft,
einen Job zu behalten. Sie hat immer mit irgendwem zu streiten
angefangen und wurde rausgeworfen.«
Adams Augen bekamen einen weichen Ausdruck. »Du hast es
nicht leicht gehabt früher, ’Laine. Ich will dir ja wirklich nicht
ständig Komplimente machen, aber ich muß dir sagen, daß du
zur Zeit immer blendend aussiehst.«
Elaine schnitt eine Grimasse. »Du wirst bloß milder mit den
Jahren.«
»Nein, bestimmt nicht«, sagte Adam ruhig. »Höchstens ein
bißchen entspannter. Ich weiß gar nicht, ob ich dir je dafür gedankt habe, daß du so großartig warst, als ich letztes Jahr hier
war.«
»Nach Bobbys Tod und dann noch der Trennung von Menley
ging’s dir ziemlich schlecht. Ich war froh, für dich dazusein.«
»Ich muß dich jetzt noch mal um Hilfe bitten.«
»Ist irgendwas los?« fragte sie rasch.
»Nein, das eigentlich nicht. Es ist bloß, daß ich öfter als erwartet nach New York rüber muß. Ich hab’s gar nicht gern,
Menley soviel allein zu lassen. Ich glaube, daß sie häufiger, als
sie durchblicken läßt, solche Phasen von posttraumatischem
Streß hat. Sie denkt, glaube ich, daß sie sich da selber durchkämpfen muß, und vielleicht stimmt das ja.«
»Wäre es eine Hilfe, wenn Amy über Nacht bleiben würde?«
»Menley will das nicht. Ich hab mir überlegt, daß Amy vielleicht an ein paar Abenden, wenn ich weg bin, bei Hannah bleiben könnte und du, oder du mit John, dann mit Menley zum
Essen gehen könntest. Wenn ich da bin, ist es gut für uns, wenn
wir die meiste Zeit zusammen verbringen. Wir sind immer
noch… Laß mal, vergiß es.«
»Adam, was ist los?«
»Nichts.«
Elaine war klug genug, Adam nicht weiter zu bedrängen. Statt
dessen sagte sie: »Laß es mich wissen, wenn du wieder nach
New York mußt.«
»Morgen nachmittag.«
»Ich ruf heute später gegen Abend an, lade euch beide morgen
zum Abendessen ein und bestehe dann drauf,
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