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Das Haus auf den Klippen

Das Haus auf den Klippen

Titel: Das Haus auf den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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solche Angst gehabt? O Hannah, was passiert nur mit
uns? Was für Wahnideen gabelst du da von mir auf?«
49

B
    ezirksstaatsanwalt Robert Shore leitete die Sitzung in dem
Konferenzsaal, der zu seinen Amtsräumen im Bezirksgericht
von Barnstable gehörte. Er saß am Kopfende des Tisches, der
Gerichtsmediziner, die Ermittlungsbeamten und Sachverständigen waren an den Seiten plaziert. Nat Coogan hatte er das gegenüberliegende Tischende zugewiesen, eine Würdigung der gründlichen Vorarbeit, die der Polizist in dem Fall geleistet hatte.
»Was haben wir vorliegen?« fragte Shore und forderte Nat
mit einem Nicken dazu auf, die Fakten darzulegen.
     
Schritt für Schritt präsentierte Nat, was er bislang an Tatsachen eruiert hatte.
    Der Gerichtsmediziner kam als nächster dran. »Die Leiche
war von Aasfressern verstümmelt. Bestimmt sind Sie besonders
am Zustand ihrer Hände interessiert. Die Fingerspitzen beider
Hände fehlten, was zu erwarten steht. Wenn jemand ertrinkt, ist
das die erste Stelle, an die sich Krabben heranmachen. Im übrigen sind die Finger der linken Hand intakt. Ein schmaler Goldring, ihr Ehering, steckte am Ringfinger.«
    Er hielt ein Foto hoch, das zur Zeit der Autopsie entstanden
war. »Die rechte Hand verrät uns ganz was anderes. Außer den
fehlenden Fingerspitzen war der gesamte Ringfinger bis auf den
Knochen abgefressen. Das legt nahe, daß er vorher ein Trauma
erlitten hatte, wodurch das Blut an die Oberfläche kam und die
Aasfresser anzog.«
    »Der Ehemann hat behauptet, daß Vivian am Morgen das Tages, als sie starb, an dem Smaragdring gedreht und gezerrt hat,
um ihn abzukriegen«, erklärte Nat. »Hätte das die Verletzung
verursachen können?«
»Ja, aber dann muß sie schon mächtig dran gezogen haben.«
    Staatsanwalt Shore nahm das Bild aus der Hand des Gerichtsmediziners. »Der Ehemann gibt zu, daß sie den Smaragd
auf dem Boot trug, behauptet aber, sie hätte ihn an den Ringfinger der Linken gesteckt. Falls der Ring lose saß, hätte er dann
ins Wasser rutschen können?«
    »Sicherlich. Aber er wäre niemals über den Fingerknöchel ihrer rechten Hand hinweg abgerutscht. Doch da ist noch was anderes.« Der Gerichtsmediziner hielt ein weiteres Obduktionsfoto
hoch. »Von ihrem rechten Fußknöchel ist nicht mehr viel übrig,
aber da gibt es einige Reibungsspuren, die von einem Seil herrühren könnten. Es ist möglich, daß sie irgendwann gefesselt
und sogar ziemlich weit abgeschleppt wurde.«
    Shore beugte sich vor. »Absichtlich?«
»Das ist unmöglich festzustellen.«
»Dann sollten wir jetzt über den Alkoholanteil in ihrem Körper reden.«
    »Basierend auf dem Kammerwasser des Auges, oder, wie der
Laie sagen würde, der Augenflüssigkeit, und dem Blut haben
wir erhärtet, daß sie den Vergleichswert von drei Glas Wein
getrunken hat. Hätte sie ein Auto gesteuert, so wäre ihr Fahrvermögen beeinträchtigt gewesen.«
    »Anders ausgedrückt«, sagte Shore, »hatte sie in diesem Zustand nichts unter Wasser zu suchen, aber es gibt kein Gesetz
gegen Tiefseetauchen unter Alkoholeinfluß.«
    Die beiden Sachverständigen von der Küstenwachabteilung in
Woods Hole waren nun an der Reihe. Einer hatte Seekarten dabei, die er auf einem Ständer zur Schau stellte. Mittels eines
Zeigestabs legte er seine Erkenntnisse dar. »Wenn sie hier verschwunden ist« – er wies auf eine Stelle, die eine Meile von
Monomoy entfernt lag –, »hätte ihre Leiche zum Vineyard treiben müssen und wäre etwa hier aufgetaucht.« Er richtete den
Stab auf eine neue Stelle. »Die andere Alternative ist, wenn man
die heftigen, vom Unwetter verursachten Strömungen berücksichtigt, daß sie an die Küste von Monomoy geschwemmt worden wäre. Der eine Platz, wo sie nicht hätte sein können, ist die
Stelle, wo sie gefunden wurde, in Stage Harbor. Außer«, schloß
er, »außer sie verfing sich in einem Fischnetz und wurde dorthin
mitgeschleppt, was ebenfalls möglich ist.«
    Der Tauchausrüstungsexperte legte die Utensilien auf den
Tisch, die Vivian am Tag ihres Todes getragen hatte. »Dieses
Zeug war ziemlich abgenutzt«, sagte er dazu. »Soll sie denn
nicht reich gewesen sein?«
    »Dazu kann ich, glaub ich, was beisteuern«, warf Nat ein. »Vivian schenkte ihrem Mann zur Hochzeit eine neue Ausrüstung.
Seine Version ist, daß sie sein altes Gerät benützen wollte, um
auszuprobieren, ob ihr das Tauchen Spaß macht. Falls ja, wollte
sie sich dann ebenfalls eine erstklassige Ausrüstung

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