Das Haus auf den Klippen
anschaffen.«
»Klingt vernünftig.«
Tinas mögliche Verbindung mit Scott wurde erörtert, wobei
der Staatsanwalt den Advocatus Diaboli spielte. »Tina ist jetzt
verlobt?« fragte er.
»Ja, mit ihrem alten Freund«, erwiderte Nat und berichtete
dann, welchen Eindruck Fred Hendin auf ihn gemacht hatte. Als
nächstes erzählte er von dem Ölfleck auf dem Boden von Scott
Coveys Garage.
»Wohl ziemlich ungenau als Beweismittel«, räumte er ein.
»Ein guter Verteidiger – und Adam Nichols ist spitze könnte das
vom Tisch fegen.«
Die aus Coveys Haus sichergestellten Unterlagen wurden
ausgebreitet. »Covey hat wahrhaftig seine Hausaufgaben gemacht«, brummte Shore. »Da ist nichts zu finden. Aber was ist
mit Vivian? Wo hat sie all ihre privaten Papiere aufbewahrt?«
»In ihrem Banksafe«, antwortete Nat.
»Und der Ehemann hatte keine Zugangsberechtigung?«
»Nein.«
Zum Abschluß der Sitzung kam man, wenn auch widerwillig,
überein, daß es auf Grund der vorliegenden Fakten nahezu unmöglich sein würde, ein großes Geschworenengericht dazu zu
bringen, gegen Scott Covey Anklage zu erheben.
»Ich werde Richter Marron in Orleans anrufen und bitten, eine Zeugenvernehmung vor Gericht anzusetzen«, beschloß Shore. »Auf diese Weise gelangen alle Tatsachen an die Öffentlichkeit. Wenn wir seiner Meinung nach genug aufzuweisen haben,
wird er den Beschluß fassen, daß das Belastungsmaterial den
Verdacht auf fahrlässige Tötung oder Mord rechtfertigt, und
dann berufen wir das Geschworenengericht ein.«
Er streckte sich. »Meine Herren, inoffizielle Meinungsumfrage. Vergessen Sie, was vor einer Jury als Beweis zulässig oder
nicht zulässig ist. Wenn Sie unschuldig oder schuldig stimmen
würden, wie lautet Ihr Verdikt?«
Er ging um den Konferenztisch herum. Einer nach dem anderen antwortete ruhig. »Schuldig… Schuldig… Schuldig…
Schuldig… Schuldig… Schuldig… Schuldig.«
»Schuldig«, schloß sich Shore energisch an. »Es ist einstimmig. Wir können es vielleicht noch nicht beweisen, aber wir
sind alle überzeugt, daß Scott Covey ein Mörder ist.«
50
I
n Adams Büro bei der Anwaltskanzlei Nichols, Strand &
Miller an der Park Avenue saß seine Klientin Susan Potter
ihm gegenüber und weinte leise vor sich hin. Mit ihren achtundzwanzig Jahren, der etwas rundlichen Figur, dem kastanienroten
Haar und den blaugrünen Augen wäre sie sehr attraktiv gewesen, hätten nicht Angst und Streß ihrem Gesicht zugesetzt.
Sie war des Totschlags an ihrem Mann schuldig gesprochen
worden, und dank Adams Revisionsantrag hatte man ihr nun ein
neues Verfahren bewilligt. Der Anfang des Prozesses war für
September angesetzt.
»Ich hab einfach nicht das Gefühl, daß ich das noch mal durchstehe«, sagte sie. »Ich bin so froh, aus dem Gefängnis raus zu sein,
aber die Vorstellung, daß ich womöglich wieder rein muß…«
»Müssen Sie nicht«, beschwichtigte sie Adam. »Aber, Susan,
sind Sie sich über eins klar – Sie dürfen keinerlei Kontakt mit
Kurts Familie haben. Knallen Sie den Hörer auf, wenn seine
Eltern Sie anrufen. Die bezwecken nur, Sie dazu zu bringen, daß
Sie etwas Provokatives sagen, irgend etwas, was sie auch nur im
entferntesten als Drohung auslegen können.«
»Ich weiß.« Sie stand auf, um zu gehen. »Sie haben Urlaub,
und das ist schon das zweitemal, daß Sie wegen meines Falles
hergekommen sind. Sie wissen hoffentlich, wie sehr ich das zu
schätzen weiß.«
»Wenn Sie endgültig freigesprochen sind, nehme ich Ihre
Dankesworte entgegen.« Adam kam um den Schreibtisch herum
und begleitete sie zur Tür.
Als er aufmachte, blickte sie zu ihm hoch. »Ich danke Gott jeden Tag in meinem Leben, daß Sie meine Verteidigung übernommen haben.«
Adam sah die Heldenverehrung in ihren Augen. »Halten Sie
die Ohren steif«, sagte er sachlich.
Seine fünfzigjährige Sekretärin Rhoda war im Vorzimmer.
Sie folgte ihm in sein eigenes Büro zurück. »Wirklich und
wahrhaftig, Adam, Sie wirken ja magnetisch auf all die Damen. All Ihre weiblichen Klienten verlieben sich irgendwann
in Sie.«
»Ach was, Rhoda. Ein Anwalt ist doch wie ein Psychotherapeut. Die meisten Patienten verknallen sich zeitweise in ihren
Seelenklempner. Es ist das Schulter-zum-Anlehnen-Syndrom.«
Seine eigenen Worte hallten noch in seinem Kopf wider, als
ihm Menley einfiel. Sie hatte wieder eine Angstattacke gehabt –
er war sich dessen sicher. Er konnte die Anspannung so deutlich
aus ihrer Stimme
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