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Das Haus auf der Brücke

Das Haus auf der Brücke

Titel: Das Haus auf der Brücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Othmar Franz Lang
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natürlich.«
    »Nein, der ist noch nicht zurück.«
    »Dann kommt er sicher noch.« Vater sah sich um und lobte uns, weil das Wohnzimmer bereits so ordentlich aussah. »Wir müssen dann wenigstens nicht mehr so viel Zeug wegräumen, wenn er kommt«, sagte er schließlich. »Wir rollen einfach den Teppich zur Seite. Und dann hat sich der Fall. — Haben sie schon an der neuen Brücke gearbeitet?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Also hat mein Anruf doch genützt«, strahlte Vater, »was haben sie denn gemacht?«
    »Warnschilder aufgestellt.«
    »Und sonst nichts?«
    »Sonst nichts.«
    »Ich werde morgen gleich wieder anrufen«, meinte Vater etwas leiser.
    Wir saßen beim Abendessen, beim ersten ordentlichen Abendessen im neuen Haus, als es an der Tür pochte. »Ob das der Bauer ist?« fragte Vater, stand auf und öffnete.
    Es war nicht der Bauer, sondern ein älterer Mann, der höflich grüßte und den Hut in der Hand drehte.

    »Ja«, sagte er, »es geht wohl nicht anders. Ich muß wohl oder übel...«
    »Ja?« fragte Vater.
    »Nun, ich muß zu dem Bauernhof hinten, und da geht nur der Weg hier herüber.«
    »Ach so«, sagte Vater, »Sie wollen über die Brücke?«
    »Ja, wohl oder übel.«
    Vater ließ den Mann eintreten. Der drehte noch immer verlegen seinen Hut und verbeugte sich zu uns hin. Wir grüßen zurück und wagten keinen Bissen anzurühren.
    »Sie sind gerade beim Essen«, sagte der Mann, und wir nickten. Wir konnten es auch nicht abstreiten. »Schön«, sagte der Alte, »eine nette Familie, und ein Tischtuch, sehr schön. Sehr nett, auch der Kleine, ein sehr netter Kleiner, und ein hübsches Besteck, ja, sogar mit Messer und Gabel, ja, auch eine Oma.«
    Er schilderte uns hinter- und durcheinander. Als ob die Teller auf den Stühlen säßen und wir in der Suppenschüssel herumschwammen. Spinne wurde rot und tauchte ihr Gesicht beinahe in die Suppe, weil sie vor Lachen bald explodieren würde. Mutter rührte mit dem Löffel in der Suppe, Großmutter hüstelte aufgeregt. Bero sah den Fremden groß und neugierig an. »Ein schönes Bild«, sagte der Mann, der noch immer seinen Hut drehte. »Wirklich, ein sehr schönes Bild.«
    »Hier geht es dann wieder auf der anderen Seite hinaus«, sagte Vater und wies zaghaft auf die Tür.
    Aber der Mann schien Vater nicht gehört zu haben oder die Tür nicht zu sehen. Er guckte auf den Tisch und schnupperte die gute Bratenluft ein, die aus der offenen Küchentür kam.
    Da hielt es Mutter nicht länger aus. »Wollen Sie sich vielleicht ein wenig mit hersetzen und zulangen?« fragte sie.
    »Ach woher«, sagte der Mann, »ich werde Sie doch nicht berauben!«
    Dann setzte er sich jedoch hin, zählte die Schöpflöffel Suppe, löffelte den Teller aus und beraubte uns um weitere Suppe.
    »Ja«, sagte er zwischendurch, »ein schönes Haus und direkt über dem Bach. Kurios geradezu. Mitten auf der Brücke, daß man durch muß.«
    »Bist du schon alt?« fragte Bero.
    Oma hustete, als ob sie am Ersticken wäre. Vater sagte: »Aber Bero!« Und Mutter drohte mit den Augen, aber Bero sah nur den Mann an.
    »Schon über siebzig«, sagte der Mann.
    »Wenn Papa so unrasiert ist wie du, dann...«
    Wir wären am liebsten unter den Tisch gekrochen. Der Mann lachte: »Was dann?«
    »Dann schimpft Mutti.«
    »Ja«, sagte Vater zu Bero, »bei mir ist das etwas anderes, Bero. Sieh mal...«
    »Nein«, unterbrach ihn der Mann, »er hat schon recht. Wenn ich gewußt hätte, daß Sie mich hier zu solch einem guten Essen einladen, hätte ich mich bestimmt rasiert. Das nächstemal werde ich ganz bestimmt...«
    »Kommen Sie oft hier vorbei?« fragte Mutti plötzlich. »Nicht oft. Nur einmal in der Woche.«
    »Aha«, sagte Mutti.
    »Du kannst ja öfter kommen«, meinte Bero. »Dankeschön, sehr lieb. Ein netter Kleiner«, lobte der Alte, »wirklich sehr nett von dir, wie heißt du denn?«
    »Bero. Was kannst du?«
    »Was ich kann? Oh, ich kann einiges. Flöten aus Weiden schnitzen, das kann ich zum Beispiel.«
    »Du darfst den Herrn nicht aufhalten«, sagte Vater. »Oh, er hält mich nicht auf. Und dann kann ich Bisamratten fangen.«
    »Wo fangen Sie die?« fragte Oma.
    »Hier am Bach.«
    »Was, hier sind Ratten?«
    »Bisamratten«, verbesserte der Mann, »sie haben ein wunderschönes Fell.«
    »Bringst du sie um?« fragte Bero.
    »Ja, aber nur ein bißchen.«
    Zum Glück war nun draußen das Tuckern des Traktors zu hören. Der Bauer kehrte heim, wir öffneten die Türen, um ihn durchfahren zu lassen, aber

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