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Das Haus auf der Brücke

Das Haus auf der Brücke

Titel: Das Haus auf der Brücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Othmar Franz Lang
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darauf? Weil ich dich bitte? Nein, es ist etwas anderes, du mußt das verstehen. Es ist, weil ich sie liebhabe, und weil man da einfach dem anderen Kummer ersparen möchte.«
    An der Tür klingelte es.
    Vater rief: »Das werden sie sein. Also, es ist abgemacht, du sagst es ihr.«
    »Abgemacht.«
    Vater öffnete, aber es war nicht Mutti mit dem Rest der Familie, sondern ein fremder Mann.
    »Sie wünschen?« fragte Vater, als stünde unser Haus nicht auf einer Bracke.
    »Ich bin der Tierarzt«, sagte der Mann.
    »Sehr erfreut, aber wir haben keine Tiere.«
    »Nein, nein, das weiß ich schon. Ich komme auch nicht zu Ihnen. Ich muß weiter in den Brunntaler Hof.« Wir schoben die Schiebetüren zur Seite und ließen den Tierarzt mit seinem Wagen durch.
    »Jetzt auch noch der Tierarzt«, seufzte Vater, »hoffentlich kommt er zurück, bevor Mutter daheim ist.«
    Aber die Freude machte uns der Tierarzt nicht. Er kam gerade in dem Augenblick zurück, als Mutti und die anderen an der anderen Seite unseres Hauses eintrafen. Er fuhr zunächst durch unser Wohnzimmer, dann stieg er aus dem Wagen und bedankte sich. »Falls Sie einmal ein Tier haben und einen Tierarzt brauchen sollten«, sagte er, »ich revanchiere mich gerne für Ihre Gefälligkeit.«
    Mutti sagte: »Falls Sie auch hohe Tiere behandeln, dann sagen Sie doch einmal dem Bürgermeister, daß er sich mit der anderen Brücke beeilen soll.«
    »Haha«, lachte der Tierarzt. »Hohe Tiere schlagen leider nicht in mein Fach.« Dann fuhr er ab, und wir waren allein.
    »Jetzt auch schon der Tierarzt«, seufzte Mutti.
    Vater wechselte das Thema. »Wo wart ihr denn so lang?« fragte er.
    »Frag gleich deinen Jüngsten. Der hat auf dem Weg
    hierher bei einer Scheune einen alten Schweineknochen gefunden. Und da wollte er noch andere Knochen haben. Er wollte da gleich zu graben beginnen. Und da gab’s natürlich gleich ein Mordsgeheule.« Spinne und Oma trugen nun die Einkaufstüten in die Küche, und Mutti ließ sich in einen Sessel fallen. »Der Kleine schafft mich noch«, sagte sie. »Ich weiß nicht, was in ihn gefahren ist, er will plötzlich nach Knochen graben.«
    »Entsetzlich«, sagte Oma. »Solch ein Baby.«
    »Vielleicht war ein entfernter Vorfahre von uns Archäologe.«
    »Warum fragst du nicht gleich, ob ein Hund unter unseren Vorfahren war?«
    »Weil dies kaum anzunehmen ist.«
    »Übrigens«, rief ich jetzt, »weil du schon so gut sitzt. Es geht die Rede davon, daß...« Ich zögerte.
    »Was, daß?«
    »Daß die alte, das heißt die neue Brücke, ich meine die ganz neue, erst im Frühjahr gebaut werden soll.« Mutti sah von Vater zu mir und von mir wieder zu Vater. Schließlich fragte sie: »Und da hörst du zu und sagst nichts? Kein einziges Wort? — Sag etwas!«
    »Ja, was soll ich denn...«
    »Daß er endlich mit seinen Lügenmärchen aufhört. Die Brücke im nächsten Frühjahr, das ist ein Witz. Das kaufe ich dir nicht ab.«
    »Frag den Bürgermeister. Ich hab’s aus dem Gemeindeamt.«
    »Den Bürgermeister! Weil das der Umgang ist, den du hast.«
    »Vielleicht stimmt es doch«, sagte Vater.
    »Jetzt fängst du auch noch an, statt mit dem Knaben einmal ein ernstes Wörtchen darüber zu reden, daß er allmählich, ich sage ausdrücklich allmählich, sich mehr der Wahrheit befleißigen soll.«
    »Also gut«, sagte ich wütend. »Die Brücke wird viel eher gebaut. Vielleicht schon in der nächsten Woche.«
    »Na also«, sagte Mutti, »warum sagst du nicht gleich die Wahrheit?«

    Es ist komisch, seit diesem Tag hatte es Bero mit den Knochen. Wenn wir bei Tisch saßen und es kam Fleisch auf den Teller, fragte er: »Von welchem Tier ist das Fleisch?«
    »Vom Schwein«, antwortete ich diesmal.
    »Welche Knochen hat das Schwein?«
    »Verschiedene.«
    »Wie viele?« — »Ich hab’ sie nicht gezählt.«
    »Zeichne mir ein Schwein auf«, bettelte Bero. »Aber nur die Knochen. Bitte!«
    »Doch nicht jetzt beim Essen. Sitz schön artig bei Tisch«, sagte Oma. »Und beim Essen spricht man nicht. Schon gar nicht von einem Schwein.«
    »Er sprach ja nur von den Knochen«, nahm ich ihn in Schutz. »Er meint ja kein lebendiges, sondern nur ein totes Schwein, das Skelett, verstehst du?«
    Oma schob den Teller von sich und sagte: »Danke, ich bin satt.«
    »Kannst du nicht den Mund halten?« fragte mich Mutti wütend.
    »Ich hab’ ja nicht von einem dreckigen, lebendigen Schwein gesprochen, sondern nur von einem sauberen Skelett«, verteidigte ich mich.
    Jetzt schob Bero den

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