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Das Haus auf der Brücke

Das Haus auf der Brücke

Titel: Das Haus auf der Brücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Othmar Franz Lang
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zum Tierarzt getragen. Die Stärke liegt bei uns in der Familie.« Dann hockte er sich aufs Trittbrett und aß sein Wurstbrot. Er sah sich um und lobte unsere Wohnzimmereinrichtung und das Haus. Und er beneidete uns richtig, daß hier hin und wieder ein Auto durchkam. Er wohnte in der Stadt, im fünften Stock, da konnte er nie auf so etwas hoffen. »Sie ahnen nicht, wie langweilig es manchmal in solch einer Wohnung ist. Da sitzen Sie jeden Abend, und nie klingelt es an der Tür, ganz zu schweigen davon, daß ein schöner Wagen draußen steht.« Und auch für die Kinder sei es lehrreich, so nah am Bach, direkt über den Forellen. Ob wir schon den Fischer kannten?
    »Nein, wir hatten noch nicht das Vergnügen«, sagte Vater.
    Der Bierfahrer tröstete uns. Wir würden ihn bestimmt noch kennenlernen. Bei Regen sei der immer auf der Brücke gestanden und habe da gefischt. Da waren die Forellen wie verrückt auf die Angel, gerade, als ob sie es nicht erwarten könnten, in einer Pfanne zu landen. Da mischte sich Bero ins Gespräch. »Hast du noch eine Limo?« fragte er.
    »Ja, für dich schon.« Der Fahrer gab ihm noch zwei Flaschen.
    »Ist gut«, sagte Bero und steckte sie weg.
    »Wir sagen ihm gar nicht, daß er sich bedanken soll«, erklärte der Vater, »weil er sich dann bestimmt nicht bedankt. Besten Dank also.«
    »Hast du auch Geld?« fragte Bero den Bierfahrer. »Ja«, sagte der Bierfahrer.
    »Kostet drei Pfennig«, sagte Bero.
    »Was denn?«
    »Parken.«
    Der Fahrer grinste und schmiß dreißig Pfennig in die Sparbüchse, mit der Bero antanzte.
    Mensch, dachte ich mir, so jung wie Bero müßte man sein, der hat jetzt eine prima Einnahmequelle.
    Als der Bierwagen abgerauscht war und wir die Türen wieder geschlossen hatten, sagte Mutter, daß sie schwarzsähe.
    »Warum?« fragte Vater.
    »Wir werden das reinste Vogelhaus, da wird es aus und ein gehen.«
    »Ach«, beruhigte sie Vater, »die reparieren sofort die andere Brücke.«
    »Reparieren?« fragte Mutter. »Was willst du denn an den zwei Trümmern reparieren?«
    »Ich bin kein Brückenbauer«, sagte Vater.
    Und das stimmte auch.

    Als Vater vom Büro nach Hause kam, wirkte er ziemlich abgekämpft. Er war ganz bleich.
    »Ist dir nicht gut?« fragte ich.

    »Nein, nein, mir fehlt nichts«, antwortete er. »Es ist nur... Ich war auf der Gemeinde... Und da...«
    »Was ist denn los?« — »Nun ja, die neue Brücke.«
    »Was ist mit der neuen Brücke?«
    »Sie können sie nicht gleich reparieren.«
    »Das hab’ ich mir gedacht.«
    »Die Baufirma, die die Brücke gebaut hat, sagen sie, hat keine Arbeiter übrig, und sie baut längst woanders eine andere Brücke.«
    »Hoffentlich stürzt die nicht auch ein.«
    »Nein, nein, große Brücken können die bauen. Vielleicht lag’s daran, daß es nur eine kleine Brücke war. Auf der Gemeinde sagen sie, in diesem Jahr wird’s nichts mehr mit der Brücke. Frühestens können sie im nächsten Frühjahr eine neue Brücke bauen.«
    »Gute Nacht«, sagte ich und pfiff leise zwischen den Zähnen. »Wie bringen wir das Mutti bei?«
    »Vorsichtig«, sagte Vater, »äußerst vorsichtig. — Ich dachte, vielleicht kannst du ihr Bescheid stoßen, verstehst du? Wenn du es sagst, dann glaubt sie’s nicht. Verstehst du, ich befördere dich auch dafür vom Lügengrafen zum Lügenfürsten. Das ist ein schönes Wort, mit zwei ü.«
    »Ich weiß«, sagte ich, »ein Titel ohne Mittel.«
    »Du kriegst dafür drei Mark, das ist mir die Sache wert.«
    Vater kratzte sein letztes Geld aus der Börse. Es imponierte mir, daß er bar bezahlte, obwohl er knapp war. Dann wollte er wissen, wo die anderen seien. »Einkäufen«, sagte ich.
    »Das ist fein, wenn Mama kommt, sagst du es ihr. In deiner bewährten Art, verstanden?«
    »Und wenn sie mir eine langt?«
    »Du mußt dich hinreichend entfernt aufstellen, wenn du es sagst«, riet mir Vater. »Und dann bin ich ja auch noch da.«
    »Also gut, ich mach’s.«
    Vater seufzte. »Jetzt müssen wir nur warten, bis sie kommt. Wie konnte ich aber wirklich wissen, daß eine funkelnagelneue Brücke zusammenkracht. Beim heutigen Stand der Technik! Im zwanzigsten Jahrhundert! Uber solch einen kleinen Bach! Man könnte ja fast drüberspringen.«
    »Wenn man ein guter Weitspringer ist. Weltklasse ungefähr.«
    »Ein paar Zentimeter hin oder her machen doch bei einer Brücke nichts aus.«
    »Ne«, sagte ich, »fürchtest du dich eigentlich vor Mutti?«
    »Ich?« fragte Vater. »Fürchten? Wie kommst du denn

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