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Das Haus auf der Brücke

Das Haus auf der Brücke

Titel: Das Haus auf der Brücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Othmar Franz Lang
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Teller von sich.
    »Wirst du aufessen!« schalt Oma.
    »Iß du selbst auf«, sagte Bero, und es klang eigentlich gar nicht frech. Aber Oma empfand es dennoch so.
    »Für diese Frechheit solltest du nichts zu essen bekommen«, sagte sie.
    »Also, was soll er jetzt«, wagte Spinne zu fragen. »Du sagst ihm, daß er essen soll, und dann sagst du, er soll nichts zu essen bekommen. Wie soll der Kleine sich da auskennen?« >
    »Die Knochen vom Schwein«, bettelte Bero. »Ich will die Knochen vom Schwein.«
    Ich versuchte ein Schwein ohne Fleisch zu zeichnen. Ich weiß nicht, woran es lag, aber es sah ziemlich traurig aus.
    »Und das bei Tisch!« empörte sich Oma. »Wir hätten so etwas nie gewagt.«
    »Iß auf!« sagte Bero zu ihr. »Sonst kriegst du keinen Pudding.«
    »Und jetzt einen Fisch«, befahl Bero, »aber nur die Knochen.«
    »Ein Fisch hat keine Knochen«, erklärte ich, »sondern Gräten.« Im Grunde war ich ihm dankbar, denn ein Fisch ohne Fleisch war viel leichter zu zeichnen als ein fleischloses Schwein.
    »Und jetzt eine Kuh.«
    »Nee«, sagte ich, »jetzt ist es aus. Eine Kuh kannst du dir selber zeichnen.«
    »Aber ich will die Rohre sehen!« rief Bero. »Bitte eine Kuh, mach doch schon.«
    »Nein, jetzt nicht.«
    »Das wird ja immer schöner«, sagte Oma.
    »Ich will die Rohre sehen!« rief Bero. »Bitte, eine Kuh.«
    »Was redest du denn immer von Rohren?« fragte Spinne. »Eine Kuh hat Hörner, aber keine Rohre.«
    »Hat Rohre.«
    »Ach, bei dir piept’s wohl«, rief Spinne aufgebracht.
    »Eine Kuh mit Rohren.«
    »So frag ihn doch, was er meint«, schlug Mama vor. »Robert, was meinst du mit Rohren?«
    »Spinne ist blöd«, sagte der Knirps zunächst, weil ihm das wichtiger erschien. »Ich meine die Rohre mit der Milch.«
    Oma sah geradeaus vor sich hin.
    »Aber die Milch ist nicht in Rohren in der Kuh, die Milch ist im Euter.«
    »Und wo ist das Euter?«
    »Zwischen den Beinen.« Ich zeichnete es ihm auf. »Du hast es doch schon gesehen«, erinnerte ich ihn, »da trinkt doch das Kälbchen draus.«
    »Und aus welchem Rohr kommt das Kälbchen?«
    »Das ist kein Rohr, wie du dir das vorstellst«, sagte Mutti, »das dehnt sich sehr weit aus, sonst könnte das Kälbchen ja gar nicht herauskommen, weißt du?«
    Oma seufzte.
    Bero hatte es sich überlegt, er wollte jetzt eine Kuh sehen, aus der ein Kälbchen kam.
    »Dieses Kind!« sagte Oma.
    Aber Mutti sagte: »Vielleicht siehst du es einmal beim Bauern, weißt du, so gut zeichnen kann dein Bruder nämlich auch wieder nicht.«
    Natürlich wollte er zum Bauern und warten, bis eine seiner Kühe ein Kälbchen bekam. Ich mußte ihn wieder zur Seite nehmen und ihn anfahren, damit er Ruhe gab.
    Er handelte sich allerdings aus, daß er Bücher ansehen durfte. In meinem Zimmer warf er sich auf den Teppich und betrachtete die Bücher.
    Wenn Bero Bücher ansah, war er zu genießen, heute aber jubelte er plötzlich los.
    »Was ist?« fragte ich.
    »Knochen!« rief er und stand auf. »Guck, lauter Knochen!«
    Er hatte ein Buch erwischt, in dem von Ausgrabungen berichtet wurde. Er war auf die Abbildung eines freigelegten Steinzeitgrabes gestoßen. Er wollte wissen, was unter den Knochen geschrieben stand.
    Ich las es ihm vor. Er verstand es nicht oder nur halb, aber er nickte.
    »Ist das ein Mann?« wollte er wissen.
    »Wahrscheinlich«, sagte ich.
    »Und du hast auch solche Knochen?«
    »Ja.«
    »Und ich auch?«
    »Ja.«
    »Und Papa und Mama?«
    »Auch.«
    »Auch die Oma?«
    »Auch die Oma.«
    »Werden wir auch so fotografiert?«
    »Das weiß ich nicht, wahrscheinlich nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Ach, Bero, jetzt hör endlich auf.«
    »Warum nicht? Ich will aber!« Er schien weinen zu wollen, wenn er nicht auch so fotografiert würde. »Vielleicht doch«, tröstete ich ihn. Ich wollte einfach meine Ruhe.
    »Und kommen wir dann auch in ein Buch?«
    »Du bestimmt.«
    »Fein«, sagte Bero und verschwand.

    Wenige Minuten später wurde ich ziemlich scharf von Mutti gerufen.
    »Warum erzählst du Robert, daß wir alle als Totengerippe fotografiert werden, besonders er und Oma?«
    »Aber so war es doch gar nicht. Er wollte doch so fotografiert werden, und da hab’ ich ja gesagt, damit er Ruhe gibt.«
    »Ich sehe schon«, sagte Mutti, »ich muß einmal ein ernstes Wort über dich mit Papa sprechen. Das ist wirklich zu viel.«
    »Du weißt doch, wie er ist.«
    »Kein Wort mehr«, sagte Mutti ärgerlich. »Du hast Oma sehr gekränkt.«
    Das hatte man davon, wenn man sich

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