Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman
ihren Festen und Empfängen setzte Elsa sich geschickt in Szene, wenn auch nur ein klein wenig. Die Fröhlichkeit und Ungezwungenheit waren ihr eigentliches Naturell, ergänzt und eingerahmt von ihrem durchaus europäischen Auftreten. Wäre ihr eindeutig ozeanisches Aussehen nicht gewesen, hätte man ihr auch abgenommen, dass sie eine lebenshungrige Marquise aus einem Roman Balzacs war oder eine lebenslustige österreichische Witwe. Sie genoss es gleichermaÃen, ihre Gäste mit ihrem Allgemeinwissen zu verblüffen wie sie mit ihrem Südseecharme zu bezaubern.
Dass sie ein Mischling war, wandelte sich vom jahrzehntelang erlebten Manko zum plötzlichen Nutzen. Es machte sie exotisch, interessant, verbunden mit ihrem Reichtum und ihrer Lebensart beinahe magisch. Sie selbst sorgte dafür, dass einige Details aus ihrem Leben bekannt wurden, gerade so viel, um den Reiz noch zu steigern. Eine weiÃe Britin, Holländerin oder Deutsche hätte bei Weitem nicht das gleiche Aufsehen erregt, zugleich hätte man dieser WeiÃen eine Vorgeschichte wie die von Elsa übel genommen. Eine halbe Samoanerin durfte ruhig ein bisschen verrucht sein, und Elsa trumpfte mit jener Vergangenheit auf, die wenige Jahre zuvor noch ein Makel gewesen war.
Elsa genoss es sehr, Partys zu geben und sie vorzubereiten, ebenso gerne betrachtete sie die kleinen Erfolge auf dem Weg zum Ziel, Port Rabaul zum » Tor zum Pazifik « zu machen. Nach wie vor interessierte sie sich jedoch nicht für das Geschäftemachen an sich â dafür war Paulette zuständig â und hatte deshalb viel Zeit übrig. Einen GroÃteil davon verbrachte sie mit Keanu sowie mit Paulettes Kindern, dennoch füllte sie das nicht völlig aus. Elsa war noch immer eine junge Frau â¦
Die körperliche Liebe, die Elsa damals auf dem Ozeandampfer facettenreich erfahren hatte, war zwar kein Ersatz für die dauerhafte Liebe zu einem einzigen Mann. Aber sie erinnerte sich, dass sie sich in jenen Wochen begehrenswert gefühlt hatte, und das war immerhin etwas. Die körperliche Liebe verlangte nichts anderes als Hingabe und war deshalb viel unkomplizierter. Man konnte kaum etwas falsch machen. Wann immer es um groÃe Gefühle gegangen war, hatte Elsa andere enttäuscht oder war enttäuscht worden.
Elsa war durchaus nicht wahllos, mit wem sie sich einlieÃ, aber auch nicht sehr wählerisch. Der Mann musste zwischen Mitte und Ende zwanzig sein, nicht übermäÃig erfahren in Liebesdingen, nicht hochintellektuell, aber auch nicht dumm. Wenn möglich sollte er sie zum Lachen bringen können. Sie mochte jedoch auch die romantischen Männer, die in jeder Frau die Marlene Dietrich suchten, die sie anbeten, der sie unterlegen sein wollten. Letzteres waren sie immer, gleich welchen Rang sie bekleideten. Manchmal waren es attraktive, ledige Geschäftsmänner oder Firmenerben, dann wieder Nachwuchsschauspieler, Modefotografen oder arme Schlucker auf der Suche nach der » Reinheit der wahren Südsee « , Nichtstuer mit einigem Vermögen ⦠Den gröÃten Anteil machten jedoch junge Botschaftsangehörige aus. Nicht umsonst war die Pazifikregion als » Kindergarten der Diplomatie « bekannt.
Von Keanu hielt sie ihre Liebhaber stets fern. Sie wohnten im unlängst fertiggestellten Hotel am Hügel und zogen nach ein paar Wochen, im Einzelfall auch schon mal Monaten, wieder aus, letztlich immer dann, wenn das Beisammensein zu selbstverständlich geworden war, wie die Morgenzeitung, der Obstsalat oder eine Platte von Josephine Baker. Selten erfolgte die Trennung im gegenseitigen Einvernehmen, zu süà waren die Verlockungen der Circe, das leichte Luxusleben, als dass man es nicht hätte ins Endlose verlängern wollen. Zwar sorgte Elsa immer für ein Abschiedsgeschenk, indem sie ihren abgelegten Liebhabern einen lang gehegten Wunsch erfüllte, trotzdem kam es gelegentlich zu rührenden Szenen.
Iolana nannte sie » Kamelienmänner « , wegen der Eigenart der Kamelie, die Blüten bei voller Schönheit im Ganzen abzuwerfen. Für Paulette hieÃen sie hingegen » Hommes de Crêpe « , Crêpe-Männer, weil sie in ihren Augen allesamt weich, süà und schnell gegessen waren.
Natürlich sprach sich Elsas bewegtes Liebesleben herum, was ihre Prominenz in der Gesellschaft der Südsee jedoch nur steigerte. Es dauerte nicht lange, bis auch die ersten
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