Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman
Künstler den Weg nach Port Rabaul zu Elsas Gesellschaften fanden. Eines Tages wollte der britische Schriftsteller Somerset Maugham Elsa kennenlernen. Im Baumhaus tranken sie ihrer beider Lieblingsdrink, den Gin Pahit, einen vor und einen nach dem Essen. Die berühmte Romanautorin Pearl S. Buck schaute ebenfalls auf einer Südseereise kurz vorbei, und Clark Gable wohnte einige Wochen im » Pacifico « , um nach Korallen zu tauchen.
Sogar hochrangige Diplomaten scheuten den Weg nicht mehr, vor allem um selbst in Augenschein zu nehmen, wovon ihre jungen Attachés schwärmten. Ein steifer britischer Konsul prägte, ohne es zu wollen, einen Begriff, den die Menschen im ganzen pazifischen Raum übernahmen. Er sagte zu einem Kollegen: » Oh my goodness, ihre Ländereien, ihre Feste und Auftritte, ihr Bergpalast, die Feuerwerke, das Geld, die Affären, die dezenten Hinweise auf die halb aristokratische, halb deutsche Herkunft â¦Für wen hält diese Person sich eigentlich? Für die Kaiserin der Südsee? «
Kaiserin Elsa ⦠Sie schmunzelte darüber, als dieses geflügelte Wort Monate später zu seinem Ausgangspunkt nach Port Rabaul zurückfand.
» Von der Kurtisane zur Kaiserin ⦠das passiert nicht alle Tage « , kommentierte sie auf einer Party bescheiden.
Iolanas Alptraum
Mit dem Aufstieg Elsas zur Kaiserin ging der Aufstieg des » Café Pacifico « einher. Seine in die Bucht hineinragende Terrasse und das einmalige Ambiente machten es zunächst zum Geheimtipp, aber es dauerte nicht lange, bis sich die wohlhabenden Amerikaner, die von einer Südseereise nach Los Angeles oder Hawaii zurückkehrten, in der Heimat fragen lassen mussten: » Na, warst du im âºPacificoâ¹? « Iolana organisierte polynesische Folkloreabende, baute riesige Büfetts auf, engagierte bekannte Sänger, bot Picknicks auf dem Wasser an, erweiterte das Café um zwei Nebengebäude ⦠Im Jahr 1939 war Port Rabaul ein Synonym für Elsas Hofhaltung, Paulettes Plantagenimperium und Iolanas » Pacifico « .
Mit der Zeit wurde Elsas Auftreten zunehmend selbstsicherer und zugleich natürlicher, weshalb alle, die sie erst in dieser Phase ihres Lebens kennenlernten, der Meinung sein mussten, sie sei schon immer so gewesen. Als eines Tages eine ihrer Kusinen von Samoa zu Besuch kam, hätte sich Elsa die Gelegenheit geboten, Rache zu nehmen für all die kleinen Gemeinheiten, denen sie als Kind ausgesetzt gewesen war. Doch sie tat nichts dergleichen, sondern bewirtete die ungeliebte Kusine königlich und gab ihr zum Abschied noch Geschenke für die Verwandtschaft mit. Ihr Echo auf die Jahre, in denen sie unter Geringschätzung und Gehässigkeit gelitten hatte, war GroÃzügigkeit. Dass sie ihre Kusine damit beschämte, war ein durchaus gewollter Nebeneffekt.
» Ich erkenne dich nicht wieder « , hatte die Kusine im Laufe ihres Besuchs immer wieder gesagt, und Elsa erging es mit sich selbst genauso. Sie entdeckte Seiten an sich, von deren Existenz sie bis dahin nichts geahnt hatte. Als Südseekaiserin und Femme fatale spielte sie in gewisser Weise eine ihr auferlegte Rolle â die ihr jedoch auf den Leib geschneidert war. Dasselbe galt für Paulette, die knallharte, aber immer faire Geschäftsfrau, und Iolana, die bildschöne und sanfte Cafébesitzerin, die für jeden ein Lächeln und einen freundlichen, mit einem Schuss Geheimnis und Traurigkeit gemischten Blick übrig hatte.
Natürlich konnten die Freundinnen diese ihnen bald in Fleisch und Blut übergehenden Rollen nicht einfach an der Garderobe ablegen, wenn sie in der Villa unter sich waren, und sie gewährten sich gegenseitig nur eingeschränkte Einblicke in ihre Köpfe und vor allem Herzen. Doch obwohl jede von ihnen etwas vor den anderen verbarg, waren sie fest verbunden, wie drei Seiten eines Dreiecks.
Elsas Geheimnis war Max. Iolana gegenüber tat sie, als gehöre ihre Liebe zu dem Arzt der Vergangenheit an, und um es allen zu beweisen, ermunterte sie die Polynesierin, Max öfter in die Villa mitzubringen. Obwohl er zur Familie gehörte, also zum Kreis der Bewohner des Hauses der blauen Schmetterlinge, lebte er weiter in seiner Hüttenpraxis, in der er allerdings kaum noch Patienten versorgte, da sich inzwischen zwei andere Ãrzte in Rabaul niedergelassen hatten. Oft schlief er auch in einem Gästezimmer des Cafés, niemals jedoch in
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