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Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman

Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman

Titel: Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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entschieden, und nun hast du Angst vor deiner eigenen Courage.«
    Hitoshi nahm ihr die Gerichtsakten wieder aus den Händen und hielt sie über die Kerzen, woraufhin das Papier sofort Feuer fing. Er warf es zwischen sich und Elsa auf den Boden, wo es vollständig verbrannte. Sein Blick vertiefte sich in die rauchende Asche.
    Â» Yukio « , sagte er.
    Â» Was heißt das? «
    Â» Die Frage müsste lauten: Wer war das? Yukio Taganaka war mein Klassenkamerad und der Sohn unserer Nachbarn. Er hat sich über mich lustig gemacht, wo er nur konnte. Damals war ich schmächtig und klein, er hingegen war kräftig und stark für sein Alter. Ich habe seine Erniedrigungen zehn Jahre lang ertragen, bis ich fünfzehn war. Yukio hatte ein neues Fahrrad bekommen, mit dem er gerne in voller Fahrt einen steilen Hang hinunterfuhr und erst kurz vor einem eisernen Fabriktor zum Stehen kam. Ich manipulierte seine Bremsen, er fuhr frontal gegen das Tor und war auf der Stelle tot. Von diesem Tag an blühte ich auf. Yukio ist mein Geheimnis. «
    Noch vor ein paar Monaten wäre sie entsetzt gewesen über diese Tat eines jungen Mannes. Doch im Lichte ihres eigenen Verbrechens verblasste das Ungeheuerliche.
    Hitoshi sah sie an. » Du kannst mich für verrückt halten, aber ich habe dich schon geliebt, bevor ich dich kennenlernte. «
    Mit den Lippen und Händen streichelte er ihren Körper, den sie trotz aller Anstrengung nicht mehr beherrschte. Ihr Blick wanderte über Hitoshis Schulter zum Ausgang, ihre Beine bewegten sich jedoch nicht, und ihre Arme hielten sich – zögerlich zunächst, dann mit Kraft – an dem Japaner fest. Ruppig entkleidete er sie, ehe er sie auf das Klavier hievte, zu Boden warf und schließlich auf das Bett … Auf die Hast folgte Langsamkeit. Hitoshi ölte erst ihren Körper ein, dann sie den seinen, und als er zum zweiten Mal an diesem Abend in sie eindrang, war es die Langsamkeit seiner Bewegungen, die sie schreien ließ. Stunden des Schlafs folgten.
    Als Elsa mitten in der Nacht erwachte, spielte sie für einen Moment mit dem Gedanken, sich fortzuschleichen, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Sie beide könnten dann am nächsten Morgen ihr altes Leben wieder aufnehmen.
    Die Kerzen waren fast heruntergebrannt, nur zwei von neun waren übrig. Hitoshis glatte, ölige Haut schimmerte wie mit Bronze übergossen, sein Mund war leicht geöffnet, er hatte die Beine gespreizt. In dem Moment, als Elsa den Kopf auf seine Brust legte, hatte sie letzte Gewissheit, dass sie Hitoshi liebte und dass sie ohne ihn nicht sein konnte.

Bittere Wahrheiten
    Monate vergingen. Elsa sagte niemandem etwas von ihrer Liaison, das hätte nur Ärger gegeben, aber oftmals war ihr danach, von ihrem Glück zu erzählen. Nie zuvor war ihr so jemand begegnet. Weder die Kamelienmänner noch Henning hatten je Hitoshis Tiefgründigkeit, Stil und Bildung besessen, und auch wenn sie gelegentlich ihre Fantasien mit Elsa ausgelebt hatten, so waren sie doch insgesamt eher harmlos gewesen. Warwicks Reiz war seiner zügellosen Lebensart und einer gewissen diabolischen Ausstrahlung entsprungen, doch er war auch eitel und selbstsüchtig gewesen, zwei niedrige Wesenszüge, die Elsa verachtete. Max schließlich … Er verkörperte das Gute, hatte selbst keine wirklich dunklen Seiten und mochte sie auch bei anderen nicht. Er war zärtlich, treu, verständnisvoll, geduldig, alles in allem hochanständig. Elsa hatte ihn viele Jahre lang dafür geliebt und hätte ihn auch nicht anders haben wollen. Aber – wieso hatte? Nein, sie liebte ihn noch immer. Es war ihr nur nie bewusst gewesen, bis sie Hitoshi getroffen hatte, wie sehr sie auch die dunkle Seite eines Mannes erotisch anzog.
    Die Liebesnächte mit Hitoshi – und nicht nur die – waren anders als alles, was Elsa kannte. Das ganze Zusammensein mit ihm war wie die Entdeckung einer neuen Dimension.
    Bis Ende 1942 konnte Elsa ihre Beziehung zu dem japanischen General geheim halten. Sie trafen sich ausschließlich nachts, wie Musangs, Schleichkatzen, und blieben stets in seinem Quartier in der Bungalowanlage. Sie schliefen miteinander, aber sie hörten auch gemeinsam Musik oder lasen sich gegenseitig aus Büchern vor. Hitoshi brachte Elsa die Kunst der Haiku-Dichtung bei, ebenso das traditionelle japanische Theater. Sie wiederum führte ihn in die Welt der

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