Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman
Zehntausende. Man sieht sie nicht, weil sie hauptsächlich unterirdisch arbeiten. Sie sind in Lagern zusammengepfercht ⦠«
» Die sicherlich einem anderen Kommandeur unterstehen. Hitoshi ist lediglich Kommandeur von Rabaul, nicht von der ganzen Insel. «
» Ja, aber er profitiert von der Zwangsarbeit. «
» Du versuchst da etwas zu konstruieren, Paulette. «
» Hitoshi ist der Feind, das kannst du nicht wegdiskutieren, und du würdest dich niemals mit ihm einlassen, wenn du nicht wegen Max ⦠«
Bei der Erwähnung dieses Namens ging Elsa hoch wie eine Granate.
» Max wird Iolana niemals verlassen! « , rief sie laut. » Und wenn er es täte, dann wäre ich von ihm enttäuscht. Er ist für mich verloren, Paulette. Was erwartest du? Dass ich ihm ewig nachhänge? Wäre, hätte, würde, wenn, dann, so argumentieren die Stehengebliebenen. Ich aber will leben. «
» Wir sind hier nicht in einem Ballsaal, Elsa. Du tanzt auf dem Vulkan. «
» Na und? « , entgegnete sie erregt. » Irgendwo muss ich nun mal tanzen. SchlieÃlich kann ich nichts anderes. Ich habe alles Mögliche versucht. Sag selbst, ist irgendetwas Brauchbares dabei herausgekommen auÃer einem Sohn und einem ansehnlichen Garten? Ich bin nicht wie du, Paulette. Ich kann nicht rechnen, bin eine schlechte Schachspielerin, und die meisten Arbeiten interessieren mich nicht. Ich war immer schon dafür gemacht zu lieben, und sieh, was daraus geworden ist. Zu oft hat jemand oder etwas meine Pläne durchkreuzt. Es ist besser, zu leben und Fehler zu machen, als aus Furcht vor einem Fehler zu erstarren. Lieber verbrennen als verrosten. «
Elsa hatte die Worte geschrien, nun beruhigte sie sich etwas. » Die letzten Monate mit Hitoshi waren wundervoll, und ich bitte dich nur um eins: Sag niemandem etwas. Es würde alles vergiften und letztlich nichts ändern. Meine Entscheidung steht fest, ich werde bei Hitoshi bleiben. «
Paulette respektierte Elsas Wunsch, sie konnte ihr so gut wie nichts abschlagen, denn sie liebte sie nicht weniger als ihre eigenen Kinder.
» Wie du willst « , sagte sie. » Aber das wird kein gutes Ende nehmen. «
E nde einer Liebe
Am 7. Dezember 1943, fast zwei Jahre nach der Invasion der Japaner, flog die amerikanische Luftwaffe einen Bombenangriff auf Port Rabaul, und obwohl bei diesem Ereignis kein Mitglied der Familie zu Schaden kam, hatte dieses Ereignis weitreichende Folgen.
Elsa erlebte den Angriff in der Villa. Die Bomber kamen wie aus dem Nichts und flogen so dicht über dem Hügel, dass sie fast die Baumkronen berührten. Im Haus gingen ein paar Flaschen und Gläser durch die Vibrationen zu Bruch. Der ohrenbetäubende Lärm der Rotoren mischte sich mit dem Abwehrfeuer der japanischen Geschütze. Keanu, der gerade im Garten spielte, streckte die Hände nach den Flugzeugen aus, und Mele kam herein und rief: » Das sind keine Japaner. Das sind unsere Freunde. «
Doch die Freunde luden ihre tödliche Last über den Menschen aus, die Elsa liebte. Ein Bombenregen ging über dem Hafen nieder, wo Paulette sich gerade aufhielt, und auch die Stadt wurde schwer getroffen, unter anderem das höher gelegene Areal, in dem Hitoshi wohnte.
Elsa griff zum Fernglas und stellte zu ihrer Erleichterung fest, dass das Café offensichtlich unbeschädigt war. Dafür stieg von der ehemaligen Hotelanlage, in der jetzt die Japaner residierten, schwarzer Rauch auf.
Die Telefonverbindungen waren unterbrochen. Elsa überlegte, den Wagen zu nehmen und sich vor Ort davon zu überzeugen, dass es Hitoshi gutging, und dann sofort nach Paulette zu suchen. Aber sie fürchtete eine zweite Angriffswelle und wollte Keanu und Mele nicht allein lassen. Erst als etliche japanische Jagdflugzeuge über der Bucht und den Hügeln kreisten, konnte sie davon ausgehen, dass der Angriff vorbei war.
Sie fuhr los, gelangte jedoch nur bis zur Ausfahrt. Dort kam ihr Max in seinem Lieferwagen entgegen. Er sprang sofort heraus und lief zu Elsa.
» Geht es dir gut? « , fragte er.
» Mir ist nichts passiert. «
» Was ist mit Keanu und Mele? «
» Alles in Ordnung. Und bei euch? «
» Ich weià es nicht. Ich war gerade unterwegs, um Früchte einzukaufen, als die Bomben fielen. «
» Du warst noch nicht im Café? « , fragte Elsa verwundert.
Erst durch den Tonfall ihrer Frage schien ihm bewusst zu werden,
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