Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman
machen. «
Max hatte die ganze Zeit über hinter ihr gestanden und sie ausreden lassen. Ein kleiner Teil von ihr wünschte sich, dass er ihr widersprach, der andere, gröÃere Teil hätte ihm selbst dann nicht geglaubt.
» Ich möchte, dass du gehst, Max. Jetzt gleich. «
Er legte ihr eine Hand auf die Schulter, und Iolana berührte sie, ohne sich zu ihm umzuwenden. Eine Weile standen sie so da, dann nahm er die Hand weg, und seine Schritte wurden leiser und leiser.
Eigentlich hätte Iolana sich einsam fühlen müssen. Wen hatte sie denn jetzt noch? Aber an diesem denkwürdigen Tag, der so vieles veränderte, war etwas passiert, womit sie nie gerechnet hätte. Als die Bomben gefallen waren, war sie als Erstes nach drauÃen gestürmt und hatte den Hügel hinauf zum Haus der blauen Schmetterlinge geblickt.
Zum ersten Mal seit Meles Geburt hatte Iolana sich um ihre Tochter gesorgt. Sie hatte das Mädchen geliebt.
E nde einer Illusion
Es war ihr erster gemeinsamer Ausflug. Sie fuhren in Elsas Bentley, Hitoshi am Steuer. Der Japaner trug Zivil, einen schwarzen Anzug, in dem er ihr viel besser gefiel als in seiner Uniform. In letzter Zeit hatte sie ihn des Ãfteren dazu angehalten, auch im Bungalow Zivil zu tragen, wenn sie bei ihm war. Nur dann konnte sie für eine Weile völlig vergessen, dass er Soldat war.
Bisher hatten sie sich immer in seinem Quartier getroffen, bei Nacht, womit sie ihrer Beziehung den Stempel des Verbotenen selbst aufgedrückt hatten. Das Quartier war ein intimer Illusionsraum gewesen, von der übrigen Welt abgesondert, der dennoch die übrige Welt nicht für immer verleugnen konnte. Gelegentlich störte ein aufgeregter Melder ihre Zweisamkeit, oder die Flakgeschütze auf den Hügeln begannen zu feuern. Die Bombardements nahmen zu, so als kämen ihre Urheber näher und näher. Bisweilen blickten Elsa und Hitoshi von der Terrasse aus â wie einst Nero â auf eine brennende Stadt, was Elsa die Lust an Zärtlichkeiten verdarb.
Auf den Bungalow beschränkt zu sein war ihr zunehmend auf die Nerven gegangen, daher hatte sie immer öfter einen Ausflug ins Umland angeregt. Allein Hitoshis Fleià und Pflichtbewusstsein hatten ihn lange davon abgehalten, mal einen ganzen Tag freizunehmen, und nun, da er endlich eingewilligt hatte, wäre Elsa am liebsten zu Hause geblieben.
Iolanas überraschende Trennung von Max war für Elsa ein Schock gewesen. Sie hatte sich diese Situation lange Zeit ausgemalt, ohne sie sich â Iolanas wegen â wirklich zu wünschen. Sie war beständig hin- und hergerissen gewesen zwischen der Liebe zu einem Mann und der zu einer Freundin. Und nun, da sich diese Spannung unerwartet gelöst hatte, geriet sie in einen anderen Zwiespalt.
» Sag mir bitte, wo du warst, wenn du wieder auf der Erde gelandet bist « , sagte Hitoshi.
» Wie bitte? «
» Du warst mit deinen Gedanken weit weg. «
» Entschuldige. «
Als sie aus der Stadt herausfuhren, wurden sie von ein paar Leuten bemerkt, die die Köpfe nach ihnen umdrehten, und Elsa war über sich selbst überrascht, wie unangenehm es ihr war, mit Hitoshi in der Ãffentlichkeit gesehen zu werden. Waren das die Reste des schlechten Gewissens, einen Japaner zum Liebhaber zu haben? Sie hatte deswegen schon so manche Feindseligkeit hinnehmen müssen ⦠Seit ihre Beziehung zu Hitoshi bekannt geworden war, bekam Elsa Iolana so gut wie gar nicht mehr zu Gesicht. Es kam zwar zu keinem Streit, aber Iolanas Schweigen war beredt genug, und Elsa machte ihrerseits keinen Versuch, sich zu rechtfertigen. Sie hatten zusammen eine Menge erlebt, und Elsa war der Meinung, dass sie ein bisschen Verständnis verdient hatte â und es sich nicht auf Knien erbetteln musste.
Das einzig Gute an Iolanas Rückzug war, dass Mele auf den Wunsch ihrer Mutter ins » Café Pacifico « umzog. Es war Elsa egal, ob ihre Liebschaft mit einem Japaner der Grund für Iolanas veränderte Haltung war oder ob es plötzlich entdeckte mütterliche Gefühle waren â sie freute sich für Mele, wenngleich oder vielmehr gerade weil sie dieses Kind, das fast schon eine junge Frau war, wie eine eigene Tochter liebte. Ãberhaupt schien sich das Familienleben immer mehr von der Villa ins » Pacifico « zu verlagern, da auch Lucille und Lucas inzwischen gänzlich dort arbeiteten und wohnten.
Die Familie schien zu
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