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Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Titel: Das Haus der bösen Mädchen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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Information bekam, dass Shmaka im Lager vergewaltigt worden sei.
    Nach den Gesetzen der Kriminellen darf man mit einem derart Erniedrigten nicht an einem Tisch sitzen oder ihn garberühren. Ganz zu schweigen von einer Krönung, der höchsten Zeremonie in Kriminellenkreisen. Dreiundvierzig berühmte, angesehene Kriminelle hatten sich also auf einen Schlag freiwillig selbst erniedrigt.
    Derartige beschämende Geschichten sind selten und bleiben der ehrlichen Bruderschaft lange in Erinnerung. Natürlich war jedem klar, dass Pnyrja nichts dafür konnte, aber die Sache war auf seiner Feier und auf seine Empfehlung geschehen.
    »Ich war nicht dort.« Borodin schüttelte den Kopf. »Darum weißt du natürlich wesentlich mehr.«
    »Ich weiß, ehrlich gesagt, gar nicht, warum der Alte mich unbedingt dabeihaben wollte. Wissen Sie, in letzter Zeit kann er einfach nicht mehr ohne mich leben. Er sagt, ich strahle eine positive Energie aus. Er beurteilt nämlich neuerdings alle Leute nach energetischen Gesichtspunkten, als Energiespender oder Vampire. Jeden, dem er begegnet, sieht er sich genau an, sucht nach seiner Aura. Und danach beurteilt er, ob derjenige ein Vampir ist oder nicht.«
    »Ein was?«
    »Ein Energievampir.«
    »Ist das dein Ernst?«, fragte Borodin und sah sie an. »Ich weiß wirklich nie genau, wann du Witze machst und wann nicht.«
    »Das ist mein voller Ernst. Er ist wirklich verrückt geworden. Einerseits schwört er auf die Kirche, den Popen und alte Betschwestern, andererseits glaubt er an Hellseher und Parapsychologie. Früher kannte er solche Wörter überhaupt nicht, aber neuerdings ist er aufgeklärt.« Sie blinzelte böse. »Übrigens eine großartige Methode, jemanden zu manipulieren. Aber ich dumme Gans hab nicht gleich gemerkt, was los ist, erst, als ich die Solodkina kennenlernte.«
    »Wer hat ihn denn aufgeklärt?«, fragte Borodin leise.
    »Pjotr. Sein Sicherheitschef. Er ist bei ihm jetzt nämlich auch für die energetische Sicherheit verantwortlich. Er hatdie Solodkina angeschleppt. Und wissen Sie, als was? Da kommen Sie nie drauf!«
    »Moment«, unterbrach Borodin, »die Firma ›Galateja‹ gehörte doch sowieso Pnyrja, sie müssen sich also schon früher gekannt haben.«
    »Aber nun sind sie sich nähergekommen. Pjotr hat ihm eingeredet, die Madam sei Expertin für die Energetik von Edelsteinen.«
    »Weiß er von der Sammlung?«
    »Selbstverständlich! Nicht nur das, er begehrt sie wie eine Frau. Er ist verrückt nach ihr, verzehrt sich danach.« Warja lachte unfroh. »Und die Solodkina ist Expertin in Sachen Antiquitätenexport, sie hat Beziehungen zum Kulturministerium. Verstehen Sie nun, warum die beiden neuerdings so eng befreundet sind?«
    »Du übertreibst, liebe Warja.«
    »Schön wärs.« Sie seufzte. »Aber das Wichtigste kommt noch.«
    »Du willst sagen, Pjotr hat die Komödie in Sotschi inszeniert, um Pnyrja bloßzustellen? Hast du Beweise, oder sind das nur Vermutungen?«
    Warja schwieg lange und drehte ihr Amulett hin und her. Borodin sah, dass ihre Augen nass waren – das kannte er von ihr nicht. Dass die starke, harte, furchtlose Warja weinte – undenkbar!
    »Hast du Hunger?«, fragte Borodin, stand auf und schaute in den Kühlschrank. »Ich zum Beispiel krieg in der Nacht immer Fressattacken. Tagsüber bin ich auf Diät, und nachts hab ich dann Hunger. Na, wie wärs, Warja?«
    »Essen Sie nur, ich mag nicht.« Sie schluchzte auf. »Entschuldigen Sie, Ilja. Ich war noch nie hysterisch. Das nervt mich selbst. Verstehen Sie, ich habe zufällig gehört, wie Pjotr sich mit dem Mann absprach, der Kurilski angerufen hat. Ich war nachts noch baden und bin an einen wilden Strand geschwommen, und da trafen sich die beiden. Dieser Shmakaist im Lager gar nicht vergewaltigt worden. Pjotr hat mit einem Mann, dem Shmaka im Wege war, ein Abkommen zum beiderseitigen Vorteil getroffen. Sie wissen ja, Shmaka wurde anschließend getötet, noch dort in Sotschi.«
    »Haben Sie dich gesehen?«
    »Ich habe am Strand ein Hotelhandtuch vergessen, und Pjotr brachte es mir am Morgen ins Zimmer. Ich hab natürlich behauptet, es sei nicht meins.«
    »Und wenn du das Ganze einfach Pnyrja erzählst?«
    »Er vertraut Pjotr wie sich selbst. Er wird ihn zu sich rufen, um die Sache zu klären, und danach sind meine Tage gezählt. Ich könnte ja etwas unternehmen, wenn ich nicht solche Angst hätte. Aber wissen Sie, eine Schwangerschaft verändert den Charakter total. Man wird schrecklich sensibel, und das

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