Das Haus der bösen Mädchen: Roman
Gehirn funktioniert wesentlich schlechter. Es gibt nur eine einzige reale Möglichkeit: Pjotr über die Solodkina zu kompromittieren. Wenn sich herausstellt, dass die Madam mit jemandem zu tun hat, der eine unschuldige Frau mit achtzehn Messerstichen getötet und einem behinderten Mädchen die Schuld in die Schuhe geschoben hat – das würde dem Alten kaum gefallen, in seinem jetzigen Gemütszustand.«
»Das ist zu vage, Warja.« Borodin schüttelte den Kopf. »So, ich mach mal die Pilze mit Kartoffeln warm.« Er nahm eine Pfanne aus dem Kühlschrank und stellte sie auf den Herd. »Komm, leiste mir Gesellschaft, ich esse nicht gern allein.«
»Danke.« Warja lächelte unter Tränen. »Ich weiß, das ist alles zu vage und unsicher, aber etwas anderes fällt mir im Moment nicht ein. Ich kann doch nicht einfach sagen: Pnyrja, mein Lieber, dein Sicherheitschef ist ein Schwein, er will dich langsam aber sicher irre machen. Nach der Geschichte mit Shmaka meinen sowieso schon einige, Pnyrja sei zu alt und nicht mehr ganz dicht, und manche sind noch immer ziemlich sauer. Und das ist gefährlich. Pjotr will denAlten bis aufs Letzte aussaugen und ihn dann unauffällig aus dem Weg räumen.«
»Klar kannst du nicht direkt sagen, dass sein Sicherheitschef einen Umsturz plant, das wäre zu riskant.« Borodin nickte. »Aber was ändert es, wenn die Solodkina mit dem Mord zu tun hat?« Er schnitt Brot und Salzgurken auf und stellte zwei Teller auf den Tisch. »Ist natürlich keine Avacodo mit Krabben, aber auch nicht übel.«
»Danke, Ilja. Ich fühle mich so wohl bei Ihnen.«
Eine Weile aßen sie schweigend. Warja hatte sich beruhigt, ihre Wangen bekamen wieder Farbe.
»Sobald Pjotr sich der Sammlung annimmt, wird er Malzew aus dem Weg räumen und mich auch. Das steht für mich fest. Und was die Solodkina angeht – da hoffe ich einfach auf ein Wunder.«
»Was weißt du über ihren Sohn?«
»Er ist vierzig, arbeitet bei einem angesagten Jugendmagazin, ist mit einer Neunzehnjährigen verheiratet, hat eine drei Monate alte Tochter, Mascha. Die Solodkina liebt Schwiegertochter und Enkelin abgöttisch und redet dauernd von ihnen. Über ihren Sohn dagegen schweigt sie sich aus.«
»Du meinst, es gibt Probleme mit ihm?«
»Ich bin sicher. Ich hab ein paarmal nach ihm gefragt, da veränderten sich sofort ihre Stimme und ihr Gesichtsausdruck, als hätte sich ein Schatten darübergelegt.«
»Interessant«, murmelte Borodin, »sehr interessant. Was für Probleme könnten das sein? Aber wer weiß, vielleicht irrst du dich auch, Warja. Durchaus möglich, dass sie von Schwiegertochter und Enkelin deshalb so begeistert ist, weil sie die noch nicht lange hat. Der Sohn ist vierzig, und sie ist jetzt erst Großmutter geworden. Wahrscheinlich hat sie lange darauf gewartet.«
»Wahrscheinlich.« Warja nickte zerstreut. »Sagen Sie, waruminteressieren Sie sich plötzlich mehr für die Familie der Solodkina als für ihre Geschäfte?«
»Weil ich das seltsame Gefühl habe, dass es nichts mit ihren Geschäften zu tun hat, sollte sie oder ihr Sohn in den Mord verwickelt sein. Weißt du was, erwähn doch gelegentlich mal in ihrer Gegenwart die achtzehn Messerstiche und das behinderte Mädchen, das den Mord an seiner Tante gestanden hat. Sag, du hättest die Geschichte in der Zeitung gelesen oder einen Bericht darüber im Fernsehen gesehen. Und pass auf, wie sie reagiert.«
»Das würde ich gern tun«, sagte Warja spöttisch, »aber leider macht Madam gerade Urlaub in Frankreich.«
»Schade. Und den Sohn und die Schwiegertochter kennst du nicht?«
»Nein, wie gesagt. Aber warum schicken Sie nicht einfach Ihre Ermittler zu ihnen?«
»Erstens habe ich keine ausreichenden Gründe dafür, und zweitens will ich sie nicht aufschrecken. Ich glaube, wenn sie in die Morde verwickelt sind, dann ziemlich ernsthaft.«
»Die Morde? Es sind mehrere?«
»Zwei. Und ein Mordversuch an einem Milizionär.«
»Warten Sie, ich habe eine Idee! Die Solodkina wollte mir ein Buch über die Voodoo-Religion leihen. In Sotschi gabs nämlich ein Voodoo-Casino, mit afrikanischen Masken an den Wänden und riesigen Fotos von Schamanen und Zombies. Ich hab mich mit Madam darüber gestritten, ich fand das alles schrecklich, und sie erklärte, das sei eine sehr lebensfrohe, humane Religion und man solle sich kein Urteil erlauben über Dinge, die man nicht kennt. Sie besitze ein großartiges, seriöses Buch darüber. Also, ich habe plötzlich das dringende Bedürfnis,
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