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Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Titel: Das Haus der bösen Mädchen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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hab ich versiebt. Oder er wurde mir geklaut. Einen neuen kann ich mir nicht machen lassen, ich hab das Geld für die Strafe nicht. Aber schreiben Sie ruhig auf: Botscharowa, Marina Gennadjewna, geboren 1972.«
    Borodin hob erstaunt die Brauen, als sie ihr Geburtsjahr nannte. Er hatte sie für mindestens fünfzig gehalten.
    »Sagen Sie mir erstmal – wie gehts dem kleinen Leutnant?«
    »Er lebt.« Borodin lächelte.
    »Na Gott sei Dank. Er ist noch so jung und bestimmt ein guter Mensch, das sieht man gleich, und so hartnäckig.«
    »Wieso hartnäckig?«
    »Na ja, weil er nicht lockerlässt.«
    »Wobei ließ er nicht locker?«
    »Na, er hat nach dem Mörder gefragt und nicht eher Ruhe gegeben, bis er uns alles aus der Nase gezogen hatte. Nosdrja und ich, wir hatten eigentlich keine Lust, mit dem Bullen zu reden – pardon.«
    »Moment, Marina – von welchem Mörder reden Sie?«
    »Wissen Sie das denn nicht?« Sie kniff die Augen zusammen. »Von dem, der Simka umgebracht und den Mord Rjurik in die Schuhe geschoben hat. Ach, hab ich geheult, als ich das erfahren hab!« Sie schniefte laut, und ihre Augen wurden nass. »Simka war nämlich kein schlechter Mensch. Klar war sie eine Angeberin, Hauptsache, sie hatte ihren Auftritt, konnte über irgendwelchen mystischen Quatsch labern; die hat sich Sachen ausgedacht – zum Totlachen. Sie meinte, sie hätte eine göttliche Gabe, sie könnte jeden Menschen durchschauen, sie brauchte einen nur anzusehen, sein Gesicht würde ihr sein ganzes Wesen verraten. Der eine wär in Wirklichkeit ein Schwein mit fetter Schnauze, der nächste eine Ratte oder im Gegenteil ein Engel oder ein himmlisches Vögelchen. Und dann gibts angeblich welche, bei denen schimmert das Schwarze durch die Haut, die haben Hörner auf dem Kopf und einen Schwanz unter der Hose. Lauter solche Sachen hat sie erzählt.«
    »Zum Beispiel von Teufeln?«, fragte Borodin rasch. »Und wann hat sie das letzte Mal davon gesprochen?«
    »Na, ständig, über den Revierchef zum Beispiel, der mich eben so angebrüllt hat« – Marina schielte zur Tür und senkte die Stimme –, »über den hat Simka gesagt, der wär ein Teufel. Und vor kurzem hatte sie sich am Müllplatz mit einem Kerl in der Wolle, und der war in Wirklichkeit auch ein Teufel, hat sie gesagt. Und hat als Beweis einen frischen blauen Fleck demonstriert. Ich hab ihn bei den Hörnern gepackt, den Unhold, sagt sie, und er hat mir mit der Faust eins verpasst.Nosdrja und ich haben uns halb totgelacht. Und sie war beleidigt deswegen, aber dann war alles vergessen, und sie hat getanzt. Da haben Nosdrja und ich die Ärmste übrigens das letzte Mal gesehen. Heute Morgen, als der kleine Leutnant in der Metro zu uns kam, wussten wir beide noch nichts von Simka und von Rjurik. Sagen Sie, stimmt das, dass die ihn hier zu Tode geprügelt haben?«
    »Wie?« Borodin schüttelte den Kopf, als wolle er wieder zu sich kommen. »Nein, das stimmt nicht. Er ist von selbst gestorben.«
    »Vielleicht besser so«, bemerkte Marina mit eingekniffenen Lippen. »Hat er endlich ausgelitten.«
    »Der Unterleutnant kam also heute während des Gewitters zu Ihnen in die Metro«, erinnerte Borodin.
    »Ja, genau, er hat nach Rjurik gefragt, angeblich hätte irgendwer gesehn, dass Rjurik die Reifen von seinem Wagen abgeschraubt hat. Wir haben ihm erklärt, dass Rjurik das nicht gewesen sein kann, weil er mit Nosdrja zusammen die ganze Nacht auf dem Markt Kisten abgeladen hat. Wir haben eine Weile geredet, dann war das Gewitter vorbei, die Massen strömten aus der Metro, da hatte ich irgendwie ein komisches Gefühl. Als hätte ich in der Menge wen entdeckt, als wir mit dem Leutnant redeten, aber ich wusste nicht, wen. Mir wurde direkt schwummrig. Nosdrja wollte mit mir zum Hotdogstand, Brötchen schnorren, aber ich konnte nicht, ich hatte keine Kraft, ich sag also zu ihm, geh allein, ich setz mich in den Hof hinter der Post, da ist es schön ruhig und grün. Und wie ich über den Platz laufe, seh ich den kleinen Leutnant von hinten, und auf einmal schwankt er. Ich kuck genau hin – lieber Himmel, da ist auf seiner Jacke ein dunkler Fleck, zwischen den Schulterblättern. Ich dachte noch, er hätte sich vielleicht irgendwo schmutzig gemacht. Da kam Gelb, die Autos hupten, und ich bin schnell rüber auf die andere Seite, an dem kleinen Leutnant vorbei, den hab ich glatt vergessen – ich hab nämlich Angst vor Autos. Kaumwar ich drüben, gabs ein Hupen und Quietschen, und eine Frau schrie wie am

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