Das Haus der bösen Mädchen: Roman
Zeitschrift ›Blum‹. Aber meine Schwiegermutter betreibt einen Antiquitätenhandel.«
»Ah ja, klar. Antiquitäten! Also, wo waren wir stehengeblieben? Bei den Schlüsseln? Sehen Sie, Sie wissen nicht einmal, ob jemand von Ihnen mal Schlüssel verloren hat. Vermutlich haben Sie auch noch eine Haushälterin?«
»Ja. Na und? Sie haben wohl generell etwas gegen wohlhabende Menschen?« Xenia versuchte, dem Milizionär möglichst hochmütig ins Gesicht zu lächeln, spürte aber, dass es ein klägliches Lächeln wurde.
»Hör mal, Mädchen, reiß hier den Mund nicht zu weit auf. Wer weiß, vielleicht hast du dir das Ganze ja bloß ausgedacht.« Er zwinkerte schmierig. »Deine Schwiegermutter hat doch bestimmt einen Haufen Kohle und Klunker, aber sie ist geizig, und du willst auch mal was haben, nicht? Also hast du dir was zurückgelegt, für alle Fälle. Dein Mann ist vierzig, du bist bestimmt nicht seine Erste, Frauen kommen undgehen. Wer weiß, was das Leben noch bringt? Ist doch so, oder?« Er zwinkerte erneut. »Also hast du den Mann mit der Pistole im Bad erfunden, die Miliz gerufen, damits glaubwürdiger aussieht, und nun lügst du uns hier die Hucke voll.«
»Was bitte sind Klunker?«, erkundigte sich Xenia nach einem langen, verblüfften Schweigen mit unschuldiger Stimme.
»Nun tu bloß nicht so, solche wie dich kennen wir.«
»Was habe ich Ihnen nur getan?« Xenia konnte sich nicht mehr beherrschen und schluchzte laut auf. Mascha, inzwischen gesättigt auf ihrem Arm eingeschlafen, zuckte zusammen, öffnete die Augen und verzog den Mund zum Weinen. »Sch-sch«, sagte Xenia zu ihr, »in Wirklichkeit sind diese Onkel gar nicht so böse, sie sind nur müde und werden sehr schlecht bezahlt.«
»Schluss jetzt mit dem Theater, Bürgerin Solodkina«, brüllte der Ältere, »und stell uns nicht als die Bösen hin! Ihre Geschichte ist einfach durch und durch unglaubwürdig, verstehen Sie das oder nicht? Von wegen Pistole!« Er lief dunkelrot an, hob die Stimme, wechselte vom »Du« zum »Sie« und umgekehrt, was ihn als heimlichen Psychopathen auswies.
»Mein Gott, warum soll ich mir das ausgedacht haben, wozu? Er hätte uns um ein Haar getötet, er war mit einer Pistole hinter uns her!«
»Vielleicht haben Sie sich das alles nur eingebildet?« Der Uniformierte lächelte. »Ich sehe, Sie sind sehr nervös und haben eine reiche Phantasie. Wer weiß, was der Mann in der Hand hatte? Ein Handy, ein Feuerzeug …«
»Ich hab mir gar nichts eingebildet! Wenn er näher gekommen wäre, würden wir jetzt nicht mehr leben. Und überhaupt – ich verstehe nicht, warum Sie so mit mir reden! Meine Tochter hat die ganze Nacht nicht geschlafen, Sie sehen ja, sie ist ganz blass, sie hat einen richtigen Schock erlitten, genau wie ich, und ich stille nebenbei bemerkt noch.«
Sie spürte, dass sie das Falsche sagte, aber sie hatte sichkaum in der Gewalt, sie konnte nur mit Mühe die Tränen zurückhalten, ihr Mund war wie ausgetrocknet, und ihr Herz schlug immer schneller.
»Na schön, Sie stillende Mutter, sehen Sie trotzdem genau nach, ob etwas verschwunden ist. Sie haben hier jede Menge Bilder und Kleinplastiken, die Wohnung ist das reinste Museum. Da reicht eine Alarmanlage nicht, da braucht man einen Wachschutz. Sie müssen auch uns verstehen. Wissen Sie, was man unter Anzeichen für eine Straftat versteht?«
»Ich ahne es.« Xenia seufzte. »Sie wollen sagen, wenn aus der Wohnung nichts fehlt, gibt es keine Anzeichen für eine Straftat? Aber wenn ein Fremder rechtswidrig in eine Wohnung eindringt, ist das kein Anzeichen? Und die Pistole? Wissen Sie was, ich werde schriflich Anzeige erstatten.«
»Und was wollen Sie anzeigen?«
Xenia begriff langsam, was los war. Die drei Männer hatten absolut keine Lust, etwas zu tun. Sie waren einfach faul, das war alles. Aus Filmen und Büchern wusste sie: Wurde erst einmal ein Strafverfahren eingeleitet, musste der Fall bearbeitet werden, und wurde er innerhalb einer bestimmten Frist nicht aufgeklärt, bekamen die Ermittler Ärger. Außerdem hatte der Anblick fremden Reichtums bei ihnen durchaus verständliche simple Gefühle ausgelöst.
»Ich möchte anzeigen, dass ein mit einer Pistole bewaffneter Fremder in meine Wohnung eingedrungen ist und versucht hat, mich zu töten«, sagte sie so ruhig und fest wie möglich. »Und dass Ihr Mitarbeiter hier« – sie wies mit einem Kopfnicken auf den Älteren –, »apropos, nennen Sie mir bitte Ihren Namen und Ihren
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