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Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Titel: Das Haus der bösen Mädchen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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Dienstgrad.«
    »Hauptmann Smatschny«, knurrte der Ältere und lief erneut rot an, »du kannst dich beschweren, so viel du lustig bist, aber pass auf, dass es dir nicht hinterher leid tut. Ich lass mich doch nicht von jeder Rotznase belehren«, setzte er kaum hörbar hinzu und machte ein Gesicht, als wollte er auf das glänzende Eichenparkett spucken, hielt sich aber zurück.
    »Ihr Mitarbeiter Hauptmann Smatschny beleidigt mich.«
    Der Uniformierte schüttelte den Kopf. »Sie sind doch ein kluges Mädchen, niemand hier hat Sie beleidigt. Wir beide können bezeugen, dass Hauptmann Smatschny Sie in keiner Weise beleidigt hat. Dieser Einsatz erscheint uns nur merkwürdig. In der Wohnung gibt es keinerlei Anzeichen für einen Einbruch oder Raub, Sie leben und sind unversehrt, Ihr Kind ebenfalls. Wissen Sie, wie häufig falscher Alarm ist, wie oft wir gerufen werden, weil jemand meint, er sei überfallen worden, und dann stellt sich raus, er hat sich das Ganze nur eingebildet, oder Schlimmeres … Also, beruhigen wir uns und machen wir kein Theater.«
    »Ich mache kein Theater. Ich habe lediglich die Miliz gerufen, weil ich überfallen wurde. Ist das etwa ein Verbrechen? Und wenn Sie sofort gekommen wären und nicht erst nach anderthalb Stunden, hätten Sie ihn bestimmt gekriegt.«
    »Xenia«, flötete der junge Mann in Zivil mit zuckersüßer Stimme, »nun beruhigen wir uns doch mal. Sagen Sie lieber – wann kommt Ihr Mann nach Moskau zurück?«
    »Das weiß ich nicht«, knurrte Xenia.
    »Wieso das? Haben Sie sich gestritten?«
    »Nein. Ich weiß es eben einfach nicht.«
    »Gibt es auf der Datscha Telefon?«
    »Ja. Wieso?«
    »Weil Sie Ihren Mann anrufen sollten.«
    »Nein! Er ist krank! Er arbeitet, er schreibt an einem Artikel, er darf nicht gestört werden.«
    »Was denn nun – ist er krank oder arbeitet er?« Der junge Mann in Zivil kniff die Augen zusammen und neigte den Kopf zur Seite. »Entschuldigen Sie, aber die Situation scheint mir wirklich seltsam. Das Verhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Mann ist offenkundig kompliziert, das zu Ihrer Schwiegermutter vermutlich ebenfalls. Vielleicht wollen Sie sich einfach an ihnen rächen?«
    Vielleicht sollte ich Sie schmieren, dachte Xenia. Aber erstens,wie viel gibt man? Und zweitens, wenn es zu wenig ist, verhaften sie mich womöglich. Das täten sie bestimmt mit Vergnügen. Mein Gott, was ist das für ein Irrsinn? Ich bin keine Verbrecherin, ich habe nichts getan, warum behandeln sie mich so?
    »Sie haben also nicht die Absicht, den Täter zu suchen, meine Herren Milizionäre? Für Sie wäre es bequemer, wenn ich mir das Ganze ausgedacht hätte? Schön, das überlasse ich Ihrem Gewissen. Vielen Dank, dass Sie gekommen sind. Auch für den guten Rat. Ich werde meiner Schwiegermutter sagen, dass sie einen Wachschutz engagieren soll. Keine Sorge, ich werde mich nirgendwo beschweren.«
    Eine Weile herrschte Stille. Xenia stand mit dem Baby auf dem Arm mitten im Zimmer. Die drei Milizionäre saßen in Sesseln und sahen sie schweigend an. Da verlor sie doch die Beherrschung, Tränen liefen ihr aus den Augen, sie barg ihr Gesicht in Maschas Decke und murmelte gepresst: »Bitte gehen Sie, bitte.«
    Die Männer erhoben sich wie auf Kommando und gingen wortlos in den Flur. Als die Tür hinter ihnen zugefallen war, heulte Xenia sich aus, beruhigte sich und legte sich schlafen, Mascha neben sich. Sie schliefen lange, bis zwei Uhr nachmittags, und erwachten von hartnäckigem Türklingeln.
    Die drei Milizionäre fuhren schweigend im Lift hinunter und traten auf die Straße, und erst als sie ins Auto stiegen, brach einer das Schweigen.
    »Warum bist du so über das arme Mädchen hergefallen?«, fragte Oberleutnant Prochorow, der Uniformierte, Hauptmann Smatschny. »Sie ist immerhin eine junge Mutter und stillt noch. Vielleicht hat sie ja nicht gelogen.«
    »Vielleicht.« Smatschny nickte. »Aber ich kann diese Reichen nun mal nicht ausstehen.«

Zweiundzwanzigstes Kapitel
    Warja Bogdanowa rief Borodin kurz nach ein Uhr nachts an.
    »Notieren Sie die Adresse«, sagte sie nach einer Entschuldigung für die späte Störung.
    Es war eine Moskauer Adresse. Noch während des Telefonats zog Borodin die Schublade auf, nahm die Liste der von seinen Ermittlern bereits überprüften Kinderheime heraus und entdeckte darauf sofort das Internat für Waisenkinder mit Entwicklungsstörungen, dessen Adresse Warja ihm diktiert hatte.
    »Was denn, nur das eine?«
    »Jedenfalls habe ich nur von dem

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