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Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Titel: Das Haus der Feuerfrau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Büchner
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dem Brecheisen hustete und zurückwich, Aber da hatte das Etwas sich bereits an der frischen Luft aufgelöst, und der Arbeiter machte ungestört weiter. Immer mehr Ziegel fielen polternd zu Boden. Das Loch wurde größer und größer. Es dauerte nicht mehr lange, bis es mannshoch und breit genug für zwei Männer war.
    Pika beorderte ein halbes Dutzend Arbeiter hinein mit dem Auftrag, an der rechten Seitenwand die Kacheln abzuschlagen und die Mauer dahinter niederzureißen.
    Robert Junkarts hielt es nicht mehr draußen im Garten. Er kletterte die schlüpfrige erdige Rampe hinunter und tauchte in den Keller, und ich folgte ihm. Obwohl mein Herz in banger Vorahnung klopfte, war ich doch neugierig genug, dass ich mir nichts entgehen lassen wollte. Außerdem war Alecs Idee wirklich ausgezeichnet gewesen. Durch das Loch fiel, da es nach Süden blickte, der Sonnenschein in einer breiten Bahn herein und erhellte den Kellerraum mit einem Licht, wie er es in seiner ganzen Geschichte noch nicht gesehen hatte. Die Sonne brannte mit aller Energie eines Junivormittags, und so wurde es nicht nur heller, sondern auch wärmer in dem trübseligen Loch. Über unseren Köpfen hörte ich das Krachen der Brecheisen, die die Bretter losrissen, hörte die Schritte der Männer und ihre lärmenden, unverständlichen Zurufe.
    Die Kacheln fielen eine nach der anderen herab und zerschellten auf dem Boden. Bald war eine Fläche von etwa ein mal ein Meter völlig von ihnen befreit, und ich konnte dahinter eine Backsteinmauer erkennen, die blassgrün getüncht war. Ein unangenehmer Geruch strömte davon aus, der umso intensiver wurde, je weiter die Schutzschicht aus Fliesen abgetragen wurde: ein Geruch nach Schimmel und faulendem Backstein.
    Als die Männer die ersten Steine herausbrachen, sah ich, dass diese – alle bröcklig und morsch – von einer weißlichen, pilzartigen Masse miteinander verbacken waren und es diese Masse war, die den immer gräulicher werdenden Gestank ausströmte. Die Polen begannen zu husten und versuchten die Luft anzuhalten, wenn sie direkt an der Mauer arbeiteten.
    Ich schickte Robert Junkarts mit der Frage zu Alec, was wir tun sollten. Das Miasma, das aus dieser seit 150 Jahren versiegelten Kammer drang, war so widerwärtig, dass ich befürchtete, es könnte gesundheitsschädlich sein, und dem wollte ich weder mich selbst noch die Arbeiter aussetzen.
    Alec wollte sich die Sachlage selbst ansehen. Die Rampe war für ihn unbezwingbar, deshalb kam er die Kellertreppe herunter und durch die Türe, die er sogleich sperrangelweit offen stehen ließ, als ihm der Fäulnisgestank in die Nase drang. Er winkte den Männern sofort, sie sollten den Raum verlassen, und rief Pika zu: „Sagen Sie ihnen, wir reißen zuerst den Boden oben auf, damit Luft hineinkommt! Sie sollen von hier verschwinden!“
    Jan Pika brüllte einen Befehl auf Polnisch, und die Arbeiter drängelten, allesamt sichtlich erleichtert, so schnell sie konnten aus dem Keller. Inzwischen hing der üble Geruch so dick im Raum, dass ich meinte, ihn sehen zu können – einen widerlichen fahlweißen Nebel, der langsam aus der halb aufgerissenen Mauer quoll. Ich machte, dass ich hinauskam. Alec hatte inzwischen Auftrag gegeben, dass einer der Männer in den nächst gelegenen Baumarkt fahren und dort zwei starke Standventilatoren kaufen sollte, um damit den Gestank zu vertreiben.
    Nachdem jetzt alle Arbeiter im Haus verfügbar waren, wurden die Böden beider Vorderzimmer gleichzeitig in Angriff genommen. Ich saß neben Robert Junkarts auf der Treppe, wo wir aus dem Weg waren, während Alec, auf seinen Gehstock gestützt, dahin und dorthin schritt und den Polier wiederholt aufforderte, dass ihm alles Ungewöhnliche sofort gemeldet werden sollte. Die Halle war voll von dem grauen Staub, der unter den seit fünfzehn Jahrzehnten ungestörten Böden genistet hatte. Wir mussten Vorder- und Hintertüre offen lassen, damit es wenigstens durchzog und wir nicht alle halb erstickt wurden.
    Die gräulichen alten Möbel wurden aus den beiden Zimmern geschleppt und zerschlagen, was einen tollen Krach machte. Überhaupt widerhallte das Haus von Lärm. Die Polen brüllten nicht nur beim Reden, als wären sie allesamt schwerhörig, sie brauchten auch laute Radiomusik, um den richtigen Schwung bei der Arbeit zu haben, und dazwischen krachte und knirschte das alte Gerümpel, an dem jede Fuge doppelt und dreifach verzargt und verleimt war. Tiberius war längst irgendwo in den tiefsten

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