Das Haus der Feuerfrau (German Edition)
Tiefen des Hauses verschwunden, wo er vermutlich zitternd unter einem Bett hockte und darauf wartete, dass das Unheil vorüberging.
Ich nahm an, dass es Robert Junkarts nur recht war, dass wir nicht mehr miteinander reden konnten als ein paar laut hin und her gerufene Worte. Nach unserem Gespräch im Garten hätte er wohl kaum gewusst, was er zu mir sagen sollte. Wahrscheinlich fragte er sich, ob ich übergeschnappt war, oder ob
er
übergeschnappt war und Dinge hörte, die niemand gesagt hatte. Ich war überzeugt, dass er sich selber inzwischen aufs Höchste misstraute. Nachdem er sich drei Jahre lang in hitzigen masochistischen Fantasien gesuhlt hatte, war er jetzt, wo er diese Fantasien endlich ausleben konnte, einem Zusammenbruch nahe.
Das war nicht weiter ungewöhnlich; ich hatte schon eine Menge Männer und Frauen erlebt, die es nicht verkraftet hatten, die Eulen und Fledermäuse des Halbbewussten plötzlich im hellen Tageslicht vor sich zu sehen. Manche Dinge sahen im schummrigen Rotlicht der einsamen Lust höchst attraktiv aus, fletschten aber bösartig die Zähne, wenn man sie nüchtern betrachtete. Es war an der Zeit, dass wir alle drei einmal vernünftig miteinander redeten, bevor unser Freund anfing, sich für vom Teufel besessen zu halten – oder etwas ähnlich Unsinniges.
Ich hätte ihm recht gut erklären können, was ihn so drängte, ja, geradezu zwang, sich an mich zu klammern, aber manche Dinge waren allzu schmerzlich, wenn man sie erklärte. Zuweilen musste eine Seele, um sich vor dem Untergang zu bewahren, seltsame und verschlungene Wege gehen, Wege, die man nicht zu genau ansehen durfte, wenn man sie heil hinter sich bringen wollte. Robert Junkarts hatte das Furchtbare, das ihm widerfahren war, psychisch verkraftet, indem er den Schmerz akzeptieren und sogar lieben lernte, aber er konnte den Gedanken nicht ertragen, dass er Schmerz genoss, den ihm
ein Mann
zugefügt hatte. Solange eine Frau in seinen Fantasien die Hauptrolle spielte, konnte er das aufrecht erhalten, was ihm am wichtigsten war: die innere Sicherheit, ein völlig normaler Mann zu sein. An dieser Gewissheit durfte es nicht den Schatten eines Zweifels geben. Alles konnte in Trümmer fallen, sein Reichtum, sein Ansehen, seine gesellschaftliche Stellung, aber daran klammerte er sich fest wie ein Ertrinkender. Sogar als pervers konnte er sich erfahren, ohne daran zu zerbrechen, solange er nur mit einer Frau pervers war.
Es hatte ihn sichtlich überwältigt, als er entdeckt hatte, dass es eine Frau, wie er sie sich drei Jahre lang zusammenfantasiert hatte, tatsächlich gab. Man erwartete ja auch nicht, plötzlich dem Phantom der Oper oder dem Vampir Lestat leibhaftig gegenüberzustehen. Es musste ihm unfassbar erschienen sein, dass ich auf seine schüchternen Avancen eingegangen war, statt ihn als lästigen Irren davon zu scheuchen, und er hatte – wovon ich selbst Zeugin gewesen war – einen Himmel auf Erden erlebt, als all das wirklich passierte, was er bis dahin nur geträumt hatte. Aber es musste ihm auch einen ungeheuren Schrecken versetzt haben, denn wenn
ich
Realität war, dann war auch alles, was er fühlte und wünschte, nackte, beinharte Realität ... und daran schluckte er schwer.
Ich blickte zu ihm hinüber und lächelte ihn liebevoll an. Er gab das Lächeln mit nervös zuckenden Mundwinkeln zurück.
Ich dachte daran, dass unsere Apartments schon in den nächsten Tagen so aussehen würden, dass wir keine Katze mehr einladen konnten; das hieß, ich musste Alec daran erinnern, dass wir uns besser beeilten – und ich wollte unseren rothaarigen Freund auch nicht zu lange in Zweifel und Ungewissheit darüber lassen, was wir ihm zugedacht hatten.
Folie à trois
Den ganzen Tag werkten die polnischen Arbeiter mit lobenswertem Eifer, und gegen fünf Uhr nachmittags, als sie für den Tag Schluss machten, waren in beiden Vorderzimmern die Böden abgetragen und die Querhölzer freigelegt, auf denen die Bodenbretter aufgenagelt gewesen waren. Am nächsten Morgen wollten die Männer damit beginnen, die Füllmasse zwischen den Polsterhölzern zu entfernen und auf der Seite links vom Eingang in den zugeschütteten Teil vorzudringen.
Sobald Jan Pika mit seinem Trupp verschwunden war, wandte Alec sich an seinen rothaarigen Untermieter. „Robert, kommen Sie in etwa einer halben Stunde zu mir? Charmion und ich würden gerne ein Glas Wein mit Ihnen trinken und ein paar persönliche Dinge besprechen. Ja, und ... es wäre mir recht,
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