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Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Titel: Das Haus der Feuerfrau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Büchner
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Ich dagegen habe in letzter Zeit das Gefühl, dass ich
als Ganzes
zu einem Ungeheuer geworden bin. Je mehr ich diesem Wahnsinn verfalle, desto weniger menschlich erscheine ich mir – und ich kann nicht aufhören! Nach dem ersten Mal dachte ich noch, ich könnte es irgendwie von mir wegschieben. Aber nach dem, was letzthin geschehen ist, mache ich mir da keine Illusionen mehr. Mir graut und ekelt vor dem Gedanken, Sie wieder mit meiner Abnormität zu belästigen, aber ich weiß, dass ich es tun werde; ich weiß jetzt schon, dass ich wieder vor Ihnen stehen werde wie ein Wahnsinniger oder ein Tier ... “ Er atmete keuchend, seine braunen Augen starrten mich mit einem Ausdruck von Verzweiflung an, der mir wehtat.
    „Nehmen Sie es doch nicht so tragisch“, versuchte ich ihn zu trösten. „Wir sind alle mehr oder minder verrückt.“
    Er hörte mir aber nicht zu. Sein gequälter Blick hielt mich fest, während er fortfuhr: „Und wissen Sie, was das Schlimmste für mich ist? Sie mit Dr. Marhold zu sehen – mit einem Mann, der vernünftig und sauber und anständig ist und solche ... solche Perversionen nicht einmal dem Namen nach kennt!“
    Ich konnte einfach nicht anders. Ich lachte ihm ins Gesicht. Ich beugte mich vor und schob eine kupferrote Haarsträhne, die nach vorne gerutscht war, sorgfältig hinter sein Ohr zurück, und spottete: „Wissen Sie was, Robert? Sie mögen ein Gangster gewesen sein, aber in Sachen Sex sind Sie so unbedarft wie eine Pastorentochter. Denken Sie denn, ich könnte Dr. Marhold lieben, wenn er nicht in allen Dingen mein Ebenbild wäre? Er hätte das größte Vergnügen daran, Ihnen und mir zuzuschauen!“
    Damit ließ ich ihn stehen – einen völlig verdatterten Mann, der hinter mir her starrte, als sei der Himmel plötzlich grün und die Sonne blau geworden.
    Jan Pika hatte seine Männer gut im Griff, und so ging die Arbeit, nachdem es erst einiges Hin und Her gegeben hatte, was am besten wie anzupacken sei, flott voran. Ein kleiner tomatenroter Caterpillar rückte seitlich ans Haus heran und begann, mit lautem Getöse die Erde aufzureißen. Mit jedem Vorrücken des Kettenfahrzeugs wurde das Loch tiefer, bald war eine schräge Rampe angelegt, an deren Ende die Mauern der Fundamente sichtbar wurden. Gleichzeitig drang von drinnen aus dem Haus das Lärmen der Männer, die die Bodenbretter in Cocos ehemaligem Zimmer lösten und in den Flur schleppten. Da es sehr schöne alte Bretter waren, wollten wir den Boden später wieder legen lassen, wenn die Sanierungsarbeiten im Keller abgeschlossen waren.
    Während ich den Arbeiten zusah, machte sich eine skurrile Vorstellung in mir breit. Es schien mir, dass das Haus fühlbares Vergnügen an den Änderungen empfand, die an ihm vorgenommen wurden. Ich war bei der ersten Renovierung nicht präsent gewesen und wusste nicht, wie es darauf reagiert hatte, dass es von der Last gräulicher Möbel befreit wurde, aber jetzt schien es sich zu räkeln wie eine Katze, die gebürstet wird. Normalerweise empfinden Häuser es als Angriff und Verwundung, wenn Teile herausgebrochen werden, aber dieses Haus atmete auf. Natürlich spielte sich das alles nur in meiner (zugegebenermaßen manchmal etwas fantastischen) Imagination ab, und doch hatte ich von da an den Eindruck, dass das Gebäude nicht mehr so schief war ... dass es wieder ins Lot gefunden hatte, nachdem wir sein größtes Problem erst einmal energisch in Angriff genommen hatten.
    Alec, der die grelle Sonne nicht vertrug, blieb drinnen im Haus stehen und beaufsichtigte die Arbeiten im Erdgeschoss, während ich draußen im Garten verweilte. Robert Junkarts hatte eine Schaufel zur Hand genommen und arbeitete neben den Polen, weniger, weil er gebraucht wurde, als weil es ihm Spaß machte. Er konnte es nicht erwarten, die altertümlichen und verderbten Geheimnisse ans Licht zu bringen, die sich in den Fundamenten des Hauses verbargen. Als die Kellermauer auftauchte, war er der Erste, der mit einem Brecheisen ans Werk ging. Freilich hatte er nicht die körperliche Kraft und Übung, die für eine solche Schwerarbeit notwendig waren. Die muskulösen Polen schoben ihn bald beiseite, und er kam die Rampe heraufgestapft und wischte sich mit dem Unterarm über die gerötete Stirn.
    Einer der Arbeiter hatte bereits ein Loch in die Mauer geschlagen. Einen Augenblick lang bildete ich mir ein, dass etwas Schwammiges, halb Durchsichtiges aus dem Loch quoll, eine üble faulige Masse, und ich sah auch, wie der Mann mit

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