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Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Titel: Das Haus der Feuerfrau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Büchner
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Viertelstunde später stießen wir auf etwas, das einmal eine Hand gewesen war.
    Wieder wurden die Arbeiten unterbrochen, wieder mussten wir warten, bis nach einer weiteren Stunde Kommissar Brandsteidl mit seinen Leuten anlangte und die Grabungen vorsichtig fortgesetzt wurden. Das Skelett, das diesmal zutage gefördert wurde, war leicht als das eines Mannes erkennbar, denn seine Beinknochen steckten noch in Stiefeln, und der obere Teil des Körpers war in eine lederne Schürze gewickelt, wie ein Hausknecht sie bei der Arbeit tragen mochte. Sein Schädel war ebenfalls eingeschlagen.
    Dann gruben sie den Jungen aus – ein armseliges Häufchen Knochen, die sorgfältig auf ein Stück Folie gelegt und so in den Transportsarg gebettet wurden.
    Brandsteidl stand während dieser Arbeiten am Kellereingang, rauchte eine Zigarette nach der anderen und machte sich Notizen. Ich hörte, wie er zu Alec sagte: „Jetzt müssten wir nur noch herausfinden, welches Geheimnis in ihrem Haus den Schwertsaks einen dreifachen Mord wert war. Was immer es war, es kann keine Kleinigkeit gewesen sein.“
    Alec nickte und stocherte mit der Spitze seines Gehstocks in der losen Erde auf dem Boden herum. Dann bemerkte er plötzlich: „Vielleicht war es das hier.“ Er klopfte mit der Stockspitze auf einen „Arm“ des Pilzes. „Das wäre jedenfalls ein plausibler Grund, warum die Leute ermordet und die Küche zugeschüttet wurde. Nehmen wir an, sie hatten entdeckt, dass da etwas wuchs ...“
    „Aber das ist nur Schimmelpilz.“
    Alec schüttelte lebhaft den Kopf. „Ich wette, das ist nicht
nur
Schimmelpilz. Holen Sie einen Botaniker her und lassen Sie ihn das Ding begutachten, dann werden wir ja sehen. Aber er soll sich beeilen, ich lasse es nämlich so schnell wie möglich ins Feuer befördern. Ich habe keine Lust, noch eine zweite Nacht in einem Haus zu verbringen, in dem das hier ungehindert wuchern kann.“ Dabei schlug er mit dem Stock hart auf einen der leichenhaften Auswüchse – und das Ding
zuckte,
zuckte wie ein menschlicher Arm, den ein Schlag trifft!
    Wir hatten es alle gesehen, Brandsteidl, Alec, ich, Jan Pika und zwei weitere Arbeiter, die gerade in der Nähe standen. Alle fuhren wir zurück, halb und halb überzeugt, die Kreatur würde nach uns greifen. Es geschah aber nichts weiter. Der Arm zitterte sekundenlang und hing dann wieder still und schlaff herab.
    Brandsteidl weigerte sich trotzdem, einen Fachmann holen zu lassen. Kaum hatte er seinen Schrecken überwunden, fand er ein halbes Dutzend gute Gründe, warum an diesem Zittern und Zucken nichts Besonderes gewesen sei. Er erhob aber keine Einwände, als Alec befahl, konzentriert auf den „Rumpf“ loszuhacken und das Zeug, was immer es sein mochte, so rasch wie möglich ins Feuer zu schaffen. Die Arbeiter – denen eine Extravergütung zugesagt wurde – machten sich eifrig ans Werk. Sie brachten eine große schwarze Gummiplache herbei, auf der Stück um Stück des Pilzes zu dem Scheiterhaufen im Hinterhof geschleppt wurde. Robert und ich hatten uns jeder eine eiserne Harke geholt, damit schoben wir die Stücke in die Flammen, wo sie am heißesten waren.
    Es sah grausig aus, wie sie verbrannten: Sie runzelten sich, warfen Blasen, kochten geradezu auf, blähten sich und platzten, um dann als gummiartiger Brei zu zerrinnen. Ich bildete mir ein, dass ich während dieses Zerfallsprozesses sah, wie die einzelnen Stücke unheimlich menschenähnliche Formen annahmen, wie sich Arme und Hände, Füße und Gesichter im Feuer krümmten, alle so bizarr verzerrt wie schmelzende Kunststoff-Figuren – Gesichter mit langen Nasen und hängenden Backen, Hände mit abnorm langen und biegsamen Fingern, Füße mit Zehen, die sich zu Fingern verlängerten. Es sah höchst obszön und widerwärtig aus, und wir mussten mehr als einmal die Zähne zusammenbeißen, um nicht alles liegen und stehen zu lassen und zu flüchten. Wahrscheinlich blieben wir beide nur auf Posten, weil keiner vor dem anderen als Feigling dastehen wollte.
    Das Schlimmste kam jedoch, als ein Hackenhieb den dicksten und untersten Teil des Strunks traf. Offenbar war dieser stark aufgewölbte, knollenähnliche Teil nicht solid gewesen, sondern nur eine dickhäutige Blase, denn der Hieb schlitzte die Haut auf, und heraus quoll wie der Eiter aus einem Furunkel eine gelbe, bröcklige, infernalisch stinkende Masse Fäulnis. Der Gestank war so grausig, dass alles aus dem Keller floh. Die Masse erwies sich jedoch an der frischen

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