Das Haus der Feuerfrau (German Edition)
Mauer war rundum abgetragen, der größte Teil des Küchenbodens abgedeckt und das Pilzgeflecht darunter bloß gelegt worden. Alec war jedoch noch längst nicht zufrieden. Er drängte darauf, dass auch der Fliesenbelag im ehemals offenen Teil des Kellers abgehoben und der Boden darunter erforscht wurde.
Von Neuem gingen die Spitzhacken ans Werk. Bald türmte sich ein Stapel von zerbrochenen Fliesen in einem Winkel. Wenig später fanden wir von neuem bestätigt, dass Tom Kornisch ein Hellseher von außerordentlichen Gaben sein musste, denn einer der Arbeiter grub eine rostige Kassette aus. Wie Kornisch uns prophezeit hatte, war sie randvoll mit Geld, allerdings völlig wertlosen Geldscheinen, deren Gültigkeit vor Jahrzehnten abgelaufen war. Der Arbeiter wollte uns das nicht glauben, also teilten wir, um die Männer zu beschwichtigen, den Inhalt der Kassette unter ihnen auf, nachdem wir ihnen noch einmal erklärt hatten, dass dieses Geld nicht einmal zum Hinternwischen mehr taugte. Sie steckten es trotzdem gierig ein.
Alec war überzeugt, dass der widerwärtige Kellerpilz das eigentliche Geheimnis des Hauses – und die Ursache für all den Spuk – war. Er sagte zu mir: „Wenn ein Fluch über dieses Haus ausgesprochen wurde, dann war der Pilz vielleicht das Resultat dieses Fluchs. Die Bediensteten merkten, dass da etwas aus dem Boden wuchs, was garantiert kein gewöhnlicher Schimmelpilz war, und so haben die Schwertsaks sie erschlagen und die Küche mitsamt den Leichen abgemauert und zugeschüttet, um das Unheil einzudämmen. Was ihnen ja sogar gelungen ist, denn weiter ausgebreitet hat es sich nicht. Wirksam war es allerdings trotzdem. Ich nehme an, dieses Gewächs ist auch für den ‚elektrischen Schrecken‘ in den Wänden verantwortlich, den du gespürt hast und den die Witwe Schwengen so drastisch skizziert hat.“
Ich nahm an, dass er recht hatte, denn auf dem Boden außerhalb der Küche fanden sich, als die Kacheln entfernt wurden, keine Spuren eines unnatürlichen Wachstums. Trotzdem war der Raum auch hier so von Übel erfüllt, dass Alec anordnete, sämtliche Kacheln abzuschlagen und mit dem Abriss nicht eher aufzuhören, als bis wir auf den natürlich gewachsenen Boden stießen. Er schickte auch vier Männer los, die die Kellertüre demontieren und den Aufzug herausreißen sollten.
Die Mauern der Küche und die darin aufgehäufte Erde verbrannten wir bis zum letzten Eimer voll, aber die Kellertüre und die Trümmer des Aufzugs durften wir auf einen Container laden, da Jan Pika befand, dass sie „nix gieftig“ waren. Der Vorarbeiter kam aus dem Kopfschütteln nicht heraus, als Alec verlangte, dass auch die Kellertreppe zerstört würde. Der Eingang zum Keller sollte komplett neu angelegt werden, dort, wo jetzt das Loch in die Grundmauer gebrochen worden war. Und wenn die Männer schon dabei seien, könnten sie gleich auch die Hintertüre aushängen, die würde auch nicht mehr gebraucht! Pika, der seine Anordnungen dolmetschte, bemerkte mit hoch gezogenen Augenbrauen: „Wird von Haus nix viel übrig bleiben, Dr. Marhold!“
Als der Morgen graute, war das Souterrain zum größten Teil nur noch eine nackte, erdige Höhle, die sich von der Stirnwand bis zur Hintertüre erstreckte. Es gab noch einige Quadratmeter Kacheln abzuschlagen und eine Menge Platten fort zu karren, aber das musste nicht unbedingt sofort sein, und schließlich mussten wir alle – Jan Pika eingeschlossen – irgendwann schlafen.
Die Arbeiter – wieder die „Tagschicht“, die die ersten Entdeckungen gemacht hatte – erschienen wie gewohnt um sieben Uhr morgens und machten sich ans Werk. Sie entfernten die letzten Reste der Fliesen von Wänden und Boden, rissen die Wasser- und Dampfleitungen heraus und schleppten die mächtigen Steinplatten fort, die den Boden gedeckt hatten. Es waren sehr schöne Platten, gute alte Steinmetzarbeit, aber wir wollten sie ebenso wenig weiter im Haus haben wie die Schiffböden in den oberen Räumen. Zum ersten Mal in meinem Leben war ich vollauf damit einverstanden, dass mein gesamtes Domizil aus einem neuzeitlichen Baumarkt stammte.
Wo einst die Kellertüre mit der Treppe und dem Aufzug gewesen war, gähnte jetzt nur noch ein nach oben offenes Loch. Alec hatte ursprünglich vorgehabt, es gänzlich zumauern zu lassen. Aber Jan Pika erinnerte ihn daran, wie unbequem es war, wenn man den Keller nur von außerhalb des Hauses erreichen könnte. Man müsste dann bei jedem Wetter rundherum laufen, wenn
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