Das Haus der Feuerfrau (German Edition)
zuckte die Achseln. „Das müssen Sie einen Botaniker fragen, nicht mich. Ich bin nur für das da zuständig.“ Dabei wies er auf den Haufen modriger Lumpen. „Machen Sie schon einmal ein paar Fotos, bevor ich anfange, daran herum zu zupfen.“
Wir standen an der Wand mit den Duschköpfen aufgereiht, um nicht im Weg zu sein, und sahen in respektvollem Schweigen zu, wie der Schauplatz dieses lang vergangenen Verbrechens fotografiert und gefilmt wurde. Pika musste erzählen, wie er auf die Kleider gestoßen war. Kommissar Sykora wandte sich mürrisch an Robert Junkarts: „Wissen Sie etwas darüber? Sie wohnen immerhin seit drei Jahren hier.“
Dieser fuhr gereizt auf. „Was soll ich darüber wissen? Machen Sie sich nicht lächerlich. Diese Kachelwand hat seit anno Schnee keiner mehr angerührt. Und dass die Kleider aus dem 19. Jahrhundert stammen, das sehe sogar ich, und ich bin weiß Gott kein Mode-Experte.“
Bevor sie weiter zanken konnten, wurde ein Transportsarg die Rampe heruntergetragen, und zwei Männer begannen mit dem Ausgraben des Skeletts. Das war nicht einfach, denn die Knochen lagen zuunterst in einem zweieinhalb Meter hohen Haufen harter Erde. Sie schaufelten eine Höhle rundherum, wobei sie immer wieder auf alltägliches Küchenzubehör aus den Gründungsjahren des Hauses stießen. Es dauerte bis vier Uhr nachmittags, bis sie das halb zerfallene Gerippe soweit ausgegraben hatten, dass es vorsichtig aus der Höhle entfernt und in einen Transportsarg gelegt werden konnte. Als der Schädel geborgen wurde, war die Todesursache deutlich zu sehen: ein furchtbarer Hieb, der von hinten geführt worden war und die Schädelbasis zerschmettert hatte. Ich erinnerte mich daran, was Tom Kornisch zu uns gesagt hatte: „Dieser Ort birgt ein Geheimnis ... Lassen Sie die Mauer aufbrechen und den Raum dahinter frei legen, ich bin sicher, Sie werden dann zumindest einen der Gründe finden, warum es hier spukt.“
Es sah so aus, als hätten wir ihn tatsächlich gefunden.
Kommissar Brandsteidl war während der Bergungsarbeiten unruhig auf und ab geschritten und hatte sich den merkwürdigen begrabenen Raum von allen Seiten angesehen. Schließlich fragte er Alec, warum er gerade jetzt auf die Idee gekommen sei, hier ausschaufeln zu lassen.
Dieser zuckte die Achseln. „Ich bin neu eingezogen und renoviere das gesamte Haus.“
„Ja, natürlich ... Was wollen Sie mit dem Keller machen?“
„Erst einmal alles rausreißen. Komplett. Dann werden wir weitersehen.“
„Ich werde einen Beamten hier postieren, während die Arbeiten fortgesetzt werden. Wenn Sie auf weitere Knochen stoßen, müssen Sie uns sofort verständigen.“
Alec blickte ihn interessiert an. „Sie rechnen damit, dass wir noch weitere Leichen finden? Warum das?“
Der Kommissar zündete sich eine Zigarette an, sog hustend den Rauch ein und blies ihn durch die Nase wieder aus. „Nachdem Sie Magda Gutzloffs Überreste gefunden haben, habe ich mich für das Haus interessiert. Ich habe mich an das Kriminalmuseum gewandt und einen Tag lang mit dem Kustos alte Akten und Zeitungsanzeigen gewälzt. Es gab mehrmals Vorfälle, die die Polizei auf den Plan riefen. Sie werden von dem Dienstmädchen gehört haben, das von Amelie Schwertsak so grausam misshandelt wurde, dass es auf dem Dachboden, wo sie es eingesperrt hatte, starb ... 1877 verschwand ein Kind, ein sechsjähriges Mädchen namens Mathilde Schwertsak, von dem nie wieder eine Spur gefunden wurde. Nun, es gab da noch ein weiteres mysteriöses Ereignis, bei dem es ebenfalls um das Personal ging, und zwar um einen Hausburschen, Jakob Knöckler, eine Köchin namens Rosalia Sturmius und deren 12-jährigen Jungen Erwin. Alle drei verschwanden um 1880 herum spurlos. Die Herrschaften – damals immer noch Mitglieder der Familie Schwertsak – erklärten, die drei Bediensteten hätten alle zusammen ohne Kündigung das Haus verlassen, dabei noch einiges gestohlen, und seien vermutlich in Knöcklers Heimatort gezogen; als Grund nannten sie ein Liebesverhältnis. Man stellte Nachforschungen an, von den beiden Erwachsenen und dem Kind wurde jedoch nie wieder eine Spur gefunden, und noch ziemlich lange ging das Gerede um, die Schwertsaks hätten sie beiseite geräumt, weil die Bediensteten ein ‚Geheimnis‘ entdeckt hätten.“
„Und was war das für ein Geheimnis?“
„Das habe ich leider nicht in Erfahrung gebracht. Aber wir dürfen annehmen, dass das Gerücht recht hatte und dass das hier“ –
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