Das Haus der Feuerfrau (German Edition)
heiß. Meine Hände begannen zu prickeln. Bald darauf spürte ich das Prickeln in den Armen, und dann im ganzen Körper. Ich ließ wieder los, und irgendetwas verriet mir, dass ich die Pyramide nicht mit den Händen berühren sollte, sondern mich über sie stellen, sodass sie zwischen meinen Beinen aufragte und die Pyramidenspitze sich auf einer Linie mit der Mitte meines Körpers befand. Ich gehorchte dem Impuls, und sofort wurde mir zumute, als fahre ein Laserstrahl mitten durch mich hindurch. Mir brach der Schweiß aus. Ich bekam Angst, aber gleichzeitig fühlte ich mich unglaublich wohl ... Die schönsten und angenehmsten Erinnerungen meines Lebens gingen mir durch den Kopf, all die Momente, in denen ich wirklich glücklich gewesen war ... meine erste Verabredung mit meiner Frau, unser Hochzeitstag, ein gemeinsamer Urlaub. Mir kamen die Tränen, als mich alle diese Erinnerungen überwältigten, aber ich war immer noch glücklich. Sehr ihr ... das Seltsame daran war, dass ich mich nicht nur
erinnerte.
Obwohl ich die ganze Zeit über wusste, dass ich in einem finsteren Keller über einer metallenen Pyramide stand, war ich gleichzeitig wieder mitten drin in diesen lang vergangenen Situationen. Ich sah und hörte, schmeckte und fühlte alles in vollkommener Realität. Ich erlebte es ein zweites Mal, so intensiv und wirklich wie beim ersten Mal.“
Er füllte sein Glas nach und trank ein paar Schluck, dann fuhr er fort: „Nach einer Weile hatte ich den Eindruck, dass die Pyramide etwas von mir wollte. Sie sandte mir eine Botschaft. Nun, wie du sagst, Alec, in diesem Haus wundert mich nichts mehr ...“
„Was war das für eine Botschaft?“, unterbrach ihn der neugierige Alec ungeduldig.
„Es würde bald jemand kommen. Die siebente Person, auf die wir warten, und dann würde das Unheil im Haus ein Ende haben. Sie würde von selbst kommen, ohne dass wir irgendetwas unternehmen –“
„Dann wird es also eine Frau sein?“, warf Terry ein.
Robert nickte. „Ja. Das war ganz deutlich. Aber das war auch alles, was ich erfuhr. Ich weiß nicht, wie lange ich dort stand. Irgendwann wurde mir jedenfalls bewusst, dass diese intensive Schwingung wieder aufgehört hatte und ich wie ein Narr in einem finsteren Keller herumlungerte.“
Keiner von uns gab einen Kommentar dazu ab. Was hätten wir auch sagen sollen? Das Haus hatte seinen eigenen Willen, seinen eigenen Rhythmus. Wenn es fühlte, dass es geheilt war, würde die siebente Mieterin kommen. Wir konnten nur dazu beitragen, dass diese Heilung rascher vonstattenging, wie konnten ihm unsere Intelligenz und unseren Einfallsreichtum und unsere Arbeitskraft leihen, aber geschehen würden die Dinge nach einem Plan, der lange vor unserem Einzug – ja lange vor unserer Existenz – festgelegt worden war.
Ich wäre sehr gerne ebenfalls in den Keller hinuntergestiegen und hätte dasselbe erlebt wie Robert, aber ich spürte, dass es ein Frevel gewesen wäre, ein solches Erlebnis erzwingen zu wollen. Es würde geschehen, wenn es geschehen sollte, nicht früher. Und wenn ich dazu gerufen wurde, würde ich auch keinen Zweifel und keine Furcht mehr haben.
Wir waren schon fast fertig mit Essen, als Elena plötzlich bemerkte: „Da ist jemand am Gartentor.“
Wir erwarteten niemand, aber ich stand auf und ging auf den Plattenweg hinaus um zu sehen, wer es war. Manchmal blieben Leute stehen und gafften herein, weil sie hofften, ein Gespenst zu sehen, und manchmal, weil sie gehört hatten, dass eine bekannte Schriftstellerin hier wohnte. Die alte Frau jedoch, die vor dem Gartentor stand, gehörte zu keiner der beiden Kategorien, das merkte ich sofort, als ich ihrer ansichtig wurde.
Ich verharrte mitten im Schritt.
Obwohl wir noch ein gutes Stück voneinander entfernt standen, erkannte ich ganz deutlich jede Einzelheit an ihr. Sie war nicht sehr groß, dabei auffallend mager, und in lange Kleider gehüllt, die auf den ersten Blick purpurn wirkten, dann aber vielfarbig schimmerten. Zugleich schienen sie in unablässiger Bewegung zu sein, als umhauchte sie ein beständiger heißer Wind, und aus den dunklen Falten tauchten Blumen, Vögel und kleine Tiere wie Eidechsen und Mäuse auf, die huschend sichtbar wurden und sofort wieder verschwanden. Die Fremde hatte den flachen, kantigen Körper einer Frau, die nie geboren hat, und doch schien sie mit jeder Bewegung Leben hervorzubringen. Ihr grauschwarzes Haar war sehr lang, nur notdürftig gekämmt und auf eine kuriose Weise da und dort
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