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Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Titel: Das Haus der Feuerfrau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Büchner
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gescheitert. Robert wirkte sehr zufrieden, nachdem er nun seinen Kopf durchgesetzt hatte. „Es ist okay“, teilte er mir mit.
    „Dann bin ich einverstanden“, ließ ich ihn wissen. „Aber vergiss nicht: Ich habe dich gewarnt. Wenn du durchknallst, ist es deine eigene Schuld.“
    Er trat auf mich zu und schloss mich liebevoll in die Arme. „Das alles ist wunderbar, Charmion. Weißt du, dass ich immer wieder morgens aufwache und denke, ich hätte geträumt? Und dann begreife ich, dass alles wahr ist, und bin glücklich.“
    Ich lehnte den Kopf an seine Schulter und schloss die Augen. Eine solche Welle von Leidenschaft überschwemmte mich, dass ich imstande gewesen wäre, ihn an Ort und Stelle an den Hüften zu packen und in mich hineinzuziehen. Aber natürlich beherrschte ich mich und begnügte mich damit, ihn zu umarmen und an mich zu drücken und ihm zu versprechen, dass ich ihm seinen Wunsch noch am selben Nachmittag erfüllen würde, sobald die Kinder aus dem Haus waren. Am Sonntag arbeiteten sie zwar nicht, aber für gewöhnlich gingen sie am frühen Nachmittag weg, um sich bis spät abends irgendwo in der Stadt zu amüsieren – sicher in Lokalen, die für Leute unserer Altersgruppe
off limits
waren.
    Er lachte leise und ein wenig boshaft. „Keine Sorge, Charmion. Wir könnten es vor ihren Augen machen und sie würden es nicht kapieren. Sie kommen gar nicht auf die Idee, dass so uralte Leute wie wir noch an Sex denken. Weißt du, dass Elena mich einmal überrascht hat, als ich ... na, sagen wir, sehr mit mir selbst beschäftigt war – und sie begriff es einfach nicht? Für sie hört Sex mit fünfundzwanzig auf.“
    „Sie werden auch noch draufkommen, dass das Leben nach fünfundzwanzig weitergeht. Lass mich jetzt los. Sag es mir, wenn du soweit bist.“
    Manchmal fragte ich mich, welche Vorstellungen die jungen Leute eigentlich davon hatten, was wir den Tag über machten, wenn wir nicht arbeiteten. Fernsehen konnte es nicht sein, denn keiner von uns besaß einen Fernseher. Vermutlich nahmen sie an, dass wir den ganzen Tag schliefen.
    In Wirklichkeit warteten wir, bis sie um die nächste Ecke verschwunden waren, um mit dem Spiel zu beginnen.
    Robert war den ganzen Tag herumgelaufen wie ein Schauspieler vor einer Premiere, nervös und angespannt und innerlich mit seinem Part beschäftigt. Alec und ich hatten vollstes Verständnis dafür. Wir wussten beide, dass solche Inszenierungen weitaus mehr bedeuteten als einen Rahmen für eine sexuelle Begegnung. Sie waren weder Beiwerk noch Vorspiel, sondern Psychodrama – und manchmal noch mehr als selbst das: Es gab die seltenen göttlichen Stunden, in denen sie zum Mysterienspiel wurden. Manchmal tauchten Menschen im bizarren Spiel hinab in den Orkus ihrer finstersten Erfahrungen und Wünsche und kehrten geläutert und befreit an die Oberfläche zurück. Sie waren in dieser Tiefe den Dämonen begegnet, von denen sie sich verfolgt fühlten, und hatten ihnen standgehalten. Sie hatten sie, wenn auch nur
in effigie,
besiegt und blieben weiterhin Sieger, wenn sie die Welt des Lichts wieder betraten.
    Deshalb bereiteten wir uns auch mit dem entsprechenden Ernst darauf vor. Wir wussten, dass es von uns allen dreien abhing, ob diese Aktion für Robert in einer Apotheose oder einer Katastrophe endete. Es war ein gefährliches Spiel, und ich jedenfalls wünschte, er hätte damit zugewartet, bis er mehr Erfahrung in solchen Dingen hatte, aber er war nun einmal der Mann, der er war, willensstark und unkorrigierbar. Er war bereit, riskant zu spielen, und das stellte hohe Anforderungen an Alec und mich, denn er legte seine psychische Gesundheit in unsere Hände; er vertraute uns, dass er, was immer mit ihm geschehen mochte, nicht kaputtgespielt wurde. Und diese Gefahr war nicht gering, denn keiner von uns dreien, auch Robert selbst nicht, wusste, wie mächtig die Dämonen in seinem Seelengrund sein mochten. Wir beschworen Geister und hatten im Grund keine Ahnung, ob das, was auf unsere Inkantationen hin erschien, ein Buhmann sein würde oder ein Abbadon.
    Das Haus war still und voll Sonnenschein, als wir ins Erdgeschoss hinunter gingen. Die Luken in der Vorderwand waren bereits ausgebrochen worden, in jedem Stock flutete der warme Glanz des frühen Nachmittags in zwei Bahnen in den Flur. Im Erdgeschoss kam noch das Licht hinzu, das durch das Rautenglas der Eingangstüre drang. Der Flur, der mir früher so unheimlich gewesen war, bot ein Bild sonniger Unschuld. Die Öffnung im

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