Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Titel: Das Haus der Feuerfrau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Büchner
Vom Netzwerk:
durch mich hindurch – und ebenso durch ihn.
    Ich beugte mich von hinten über ihn, umfasste seinen blutverschmierten Arm und führte seine Hand, die den schmutzigen Lumpen krampfhaft umklammert hielt, über das weiße Porzellan. Meine Hand wurde blutig wie seine. Es sah aus wie eine Szene aus einem Splatterfilm, und wenn uns ein Unbeteiligter entdeckt hätte, wären wir ihm wahrscheinlich wie zwei gefährliche Irre erschienen, aber wir beide wussten, was wir taten und empfanden. Wir kamen einander immer näher, verschmolzen beinahe zu einer Einheit, als unsere Träume und Sehnsüchte sich ineinander fügten wie das chinesische Puzzle in
Hellraiser
und die fantastische Unterwelt des perfekten Spiels uns verschlang.
    Die ganze Zeit über fühlte ich Alecs freundliche Gegenwart im Rücken, seinen ruhigen, aufmerksamen Blick, die wohlwollende gedankliche Nähe, mit der er bei uns war. Ich wusste, dass er in Symbiose mit uns beiden lebte, uns beide umschlungen hielt. Es war ein wunderbares Gefühl.
    Ich hatte Robert nie als einen schönen Mann empfunden, aber in dieser Sonntag-Nachmittagsstunde war er schön. Die Hand, mit der er die rutschende Brille zurecht schob, war schaumig, nass und rot vom heißen Spülwasser, sein Haar fiel, vom Bücken zerrauft, unordentlich in die Stirn, aber kein Mann – mit Ausnahme des unvergleichlichen Alec Marhold – hatte mich je so angezogen, je eine solche Liebe und Zärtlichkeit in mir erweckt. Seine Züge waren vollkommen klar und ruhig, frei von allen den scharf gekerbten Linien vergangenen Unglücks. Die dunklen Augen unter den starken Brauen blickten groß und leuchtend, von einer schmerzlichen Ekstase erfüllt, die mich überwältigte. Ich hatte diese Transformation schon früher an anderen Menschen gesehen, den Schmelz der Verzückung, den ein übermäßiger körperlicher oder psychischer Schmerz hervorzurufen vermochte, wenn er gewünscht und akzeptiert wurde, aber selten hatte ich ihn in solcher Vollkommenheit gesehen. Meine Hand zitterte, als ich sie auf seinen Nacken legte und ihm mit leichtem Druck bedeutete, den Kopf zu senken und weiterzuarbeiten. „Du bist tapfer“, flüsterte ich. „Du hältst es durch. Ich weiß, du hältst es durch.“
    Robert hatte sich offenbar das Ziel gesetzt, die gesamte Toilette von vorn bis hinten zu putzen, bevor er sich selbst wieder frei gab, und das hielt er tatsächlich durch, obwohl es ihm zwischendurch manchmal sehr schwer fiel. Es gab Momente, da krümmte er sich wie vor körperlichen Schmerzen zusammen, und einmal kniete er so lange auf dem Boden, die schweißnasse Stirn auf dem Porzellanrand der Muschel, dass ich mich bereits fragte, ob es ihm wirklich schlecht ging und ob ich nicht besser abbrechen sollte. Er fing sich aber jedes Mal wieder. Erst als es im ganzen Waschraum keinen Fingerbreit mehr gab, den er nicht sorgfältig gesäubert hatte, warf er den Lumpen in den Eimer und richtete sich auf den Knien auf. Er sah wüst aus, das Blut sickerte ihm aus der Nase, der Schweiß rann ihm in die Augen und über die Wangen, aber das zählte alles nicht. Auf seinem Gesicht lag ein zugleich beglücktes und verwirrtes Lächeln, wie ich es an Bungee-Jumpern nach einem Sprung gesehen hatte: das Lächeln eines Mannes, der mehr gewagt hat, als er sich selbst zugetraut hätte.
    Ich trat vor ihn hin, legte die Hände auf seine Schultern und zog ihn an mich, bis sein Kopf an meinem Schoß lehnte. Er seufzte leise, und dann erbebte sein ganzer Körper in einem nicht enden wollenden, schamlosen Orgasmus, der seine Unterhose durchtränkte und seine Oberschenkel mit schleimigen Tropfen befleckte.
    Es war ein gefährlicher Augenblick, als er – erschöpft und ernüchtert – zu sich kam, ein Augenblick, in dem seine Stimmung in Ekel und Widerwillen gegen sich selbst umschlagen mochte, und deshalb überrumpelte ich ihn, bevor er noch richtig wieder bei Sinnen war. Ich griff nach seinem Arm und zog ihn energisch auf das neue Badezimmer hinten im Flur zu. „Komm, wir beide sehen aus wie das Texas Chainsaw Massacre. Wir brauchen unbedingt ein Bad, bevor wir uns wieder Menschen nennen dürfen.“
    Robert war noch so benommen von seinem Erlebnis, dass er widerspruchslos hinter mir herstolperte. Wortlos stieg er in die Wanne, drehte die warme Dusche an und spülte sich das Blut vom Leib, während ich meine Kleider abwarf. Die Brille hatte er dabei abgenommen, und da er mich nur verschwommen sah, als ich ebenfalls in die Wanne stieg, fragte er beim

Weitere Kostenlose Bücher