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Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Titel: Das Haus der Feuerfrau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Büchner
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ich es nicht verhindern konnte, dass sie so dachten, wollte ich sie nicht noch zusätzlich provozieren. Ich vermied also das Thema Larabaya-Straße in den kommenden Tagen und beschäftigte mich selbst auch nicht weiter damit.
    Alec rief mich jedoch schon nach kurzer Zeit an und teilte mir mit, dass er sich das Haus noch einmal ansehen wolle, diesmal in Gesellschaft eines Sachverständigen, der ihm mitteilen solle, wie viel es an Reparaturen brauchte. Ob ich mitkommen wolle?
    Also fuhren wir ein zweites Mal in den dritten Sprengel hinaus, diesmal in Alecs Mercedes. Der Agent kam nicht mit. Er schien Alec bereits mit Sicherheit als den zukünftigen Besitzer zu sehen, denn er hatte ihm nur mitgeteilt, dass Junkarts zu Hause sei und ihm aufschließen würde.
    Ich sprach meinen Freund darauf an, dass er sich von dem Haus so magisch angezogen gefühlt hatte, stellte aber überrascht fest, dass er plötzlich nichts mehr davon wissen wollte. Seine Entscheidung, betonte er, würde nach rein rationalen Gesichtspunkten gefällt; ihn interessiere nur der günstige Preis. Natürlich habe ihm das Haus auch gefallen, aber von „magischer Anziehung“ könne keine Rede sein!
    Sein Gesinnungswechsel hatte, wie ich rasch herausfand, mit seinen Kindern zu tun. In der ersten Begeisterung über seinen Fund hatte er sich hinreißen lassen, ein paar Andeutungen zu machen, dass das Haus von einer ungewöhnlichen Art war, worauf ihm die Fünf zwar ehrerbietig, aber unmissverständlich zu verstehen gegeben hatten, dass er anfinge, kindisch und abergläubisch zu werden. Sie führten das nicht zuletzt auf meinen verderblichen Einfluss zurück.
    Alec Marhold war immer stolz gewesen auf den klaren, scharfen Verstand, den er als Rechtsanwalt brauchte, und nichts kränkte ihn mehr als die Andeutung, dass dieser Verstand sich verdunkelte. Ich verstand ihn nur zu gut. Man kann es nicht ändern: Wenn man älter wird, fängt man an zu beobachten, wie verschroben viele der noch Älteren sind, wie sie murmelnd vor sich hin schimpfen oder ständig argwöhnen, dass man sie vergiften wolle, wie sie die Wohnung mit gesammelten Papierstapeln vollstopfen oder drei Mal am Tag einkaufen gehen, weil sie immer die Hälfte vergessen. Unwillkürlich fragten wir uns, ob wir auch ein so trauriges Ende nehmen würden und ob es schon demnächst soweit war. Wir fühlten beide einen leisen Stich der Angst im Herzen, wenn wir uns dabei ertappten, wie wir eine Anekdote zum dritten Mal erzählten oder merkten, dass wir uns nicht erinnern konnten, wie die Hausmeisterin hieß. Jeder dieser kleinen Zwischenfälle warf einen langen kalten Schatten, an dessen Ende das Gespenst der Alzheimer‘schen Krankheit und der senilen Demenz stand.
    So war es weiter kein Wunder, dass Alec erstens keine Phänomene mehr erwähnte, wenn er mit seinen Kindern über die Villa redete, und dass er sich zweitens bemühte, einen möglichst rationalen und geradezu materialistischen Standpunkt einzunehmen, der gar nicht seiner wirklichen Überzeugung entsprach.
    Ich dagegen fand nicht, dass es kindisch war, an Übersinnliches zu glauben, sondern viel eher, es zu leugnen, wenn es einem so ins Gesicht sprang wie bei Nummer 12 A. „Ich will ja nicht behaupten, dass es dort spukt. Aber
irgendetwas
ist ungewöhnlich.“
    „Ja, der Preis“, antwortete Alec, der gelegentlich sarkastisch sein konnte.
    „Na schön, dann der Preis. Und hast du dich schon einmal gefragt, warum ein gut erhaltenes Haus weit unter seinem Wert verschleudert wird? Nur weil altmodische Villen schwer zu verkaufen sind?“
    „Davon versteht der Makler wohl mehr als du.“ Er bemerkte seinen Fehler gerade noch rechtzeitig, um etwas überstürzt hinzuzufügen: „Als du
und
ich.“
    „Na gut. Dann erkläre mir einmal, wieso es noch niemand genommen hat, wenn es ein solches Schnäppchen ist!“
    „Keine Ahnung.“
    „Ich kann es dir sagen. Weil dieses Haus ein Eigenleben hat. Weil es eine Persönlichkeit ist. Lach mich aus, wenn du willst, aber ich möchte wetten, genauso, wie es dich und mich willkommen geheißen hat, könnte es jemand anderen ablehnen – und zwar so nachdrücklich, dass der nicht mehr auf die Idee käme es kaufen zu wollen. Es hat auf uns gewartet, Alec. Es
will
uns.“
    Er zeigte aber keine Einsicht, und da ich nicht mit ihm streiten wollte, verzichtete ich darauf, weiter in ihn zu dringen.
    Der Sachverständige wartete bereits vor dem Gartentor auf uns. Und noch jemand anderer wartete, das spürte ich so

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