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Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Titel: Das Haus der Feuerfrau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Büchner
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deutlich, als hätte ich es mit Augen gesehen.
    Als wir klingelten, kam Robert Junkarts – nachdem er sich demonstrativ lange Zeit gelassen hatte – aus dem Haus und schloss uns auf. Ich merkte, dass er dasselbe Jeanshemd trug wie bei unserem ersten Besuch, und dass es in der Zwischenzeit nicht gewaschen worden war. Überhaupt schien er es mit dem Rasieren und Duschen nicht sehr genau zu nehmen. Er grüßte uns mit minimaler Höflichkeit, aber er sah uns wieder scharf an, und diesmal lag etwas Triumphierendes in seinem Blick – ein „Ich habe es ja gewusst!“. Auf einmal hatte ich das Gefühl, dass er mit diesem kuriosen Haus unter einer Decke steckte, dass er genau wusste, was hier gespielt wurde, und seinen eigenen Part darin hatte; dass er auch wusste, welche Rollen
uns
zugeschrieben wurden. Aber er ließ uns so schnell wieder stehen, dass ich nicht einmal in seinem Gesicht forschen konnte.
    Ich schloss das Gartentor hinter mir, und es geschah, was ich erwartet hatte: Sofort ergriff eine unsichtbare Kinderhand meine Rechte. Um ein Haar hätte ich „Hallo, du!“ gesagt. Ich verkniff es mir gerade noch. Das Unsichtbare schien es aber zu spüren, denn ich merkte, dass es sich freute. Eifrig zog es mich auf das Haus zu und durch die Türe, die sich diesmal auf konventionelle Art öffnen ließ.
    In dem Moment, in dem ich in die Diele trat, tauchte oben an der Treppe der schwarze Kater auf, den buschigen Waschbärenschweif fragend erhoben. Kaum sah er mich, jagte er die Stufen herunter und sprang mir in die Arme, was mich beinahe umgeworfen hätte, und dann wälzte er sich schnurrend in meiner Umarmung, während er den Kopf an meinem Kinn rieb. Ich liebe Katzen, und zweifellos hatte er das gewittert, aber diese grenzenlose Zuneigung war mir dennoch suspekt. Vielleicht, dachte ich, wurde er von der Maklerfirma dafür bezahlt, mich hier willkommen zu heißen. Nach einigen Höflichkeiten setzte ich ihn daher auf den Boden und verabschiedete ihn mit einem Klaps auf das Hinterteil, den er leicht indigniert entgegennahm.
    Ich schlenderte hinter den beiden Männern her, die in ein unverständliches Fachgespräch vertieft waren, und achtete darauf, ob die seltsamen Empfindungen sich wieder einstellten, die mich bei meinem ersten Besuch verfolgt hatten. Und tatsächlich!
    Ich könnte nicht einmal behaupten, dass ich tatsächlich etwas
hörte.
Es war mehr ein Gefühl als eine wirkliche auditive Wahrnehmung. Aber das Gefühl verriet mir, dass das Gebäude belebt war, weitaus belebter, als vier Personen es machen konnten. Es war voll von Geräuschen, und zwar solchen Geräuschen, wie Menschen sie verursachen, wenn sie sich mit alltäglichen Dingen beschäftigen. Wenn man von den Schatten des Hörbaren sprechen kann, so waren da die Schatten von Schritten, das Plätschern von rinnendem Wasser, ein Rascheln von Papier, ein Atmen, eine Bewegung, als rauschte jemand in prunkvoller Robe die Treppe hinunter. Ich meinte sogar den Luftzug zu spüren, den ein voluminöses Kleid hinterließ. In allen drei Etagen schienen unablässig Menschen unterwegs zu sein, die sich sehr leise verhielten, aber ihre Anwesenheit nicht völlig vertuschen konnten. Die Nummer 12 A, die ich an diesem sonnigen Nachmittag vor mir hatte, war ganz zweifellos ein sehr belebtes und geschäftiges Haus!
    Diesmal spürte ich sehr viel deutlicher als bei meinem ersten Besuch, dass hinter all diesem schemenhaften Murmeln und Wogen so etwas wie ein Versuch stand, mich anzusprechen, mit mir zu kommunizieren. Ich hatte das zwingende Gefühl, dass das Haus etwas von mir wollte, dass es ein wichtiges und dringendes Anliegen an mich hatte, aber es vermochte die Barrieren zwischen uns nicht zu durchdringen. Vielleicht lag es auch daran, dass es mit sich selbst uneins war, was es wollte; ich bildete mir ein, dass manche dieser geisterhaften Stimmen mich willkommen hießen, während andere mich mit einem unfreundlichen „Geh wieder fort“ empfingen.
    Der Sachverständige besichtigte alle drei Etagen und wollte auch den Dachboden sehen, als Alec einfiel, dass der Schlüssel dazu in der Kanzlei des Maklers lag. Er entschuldigte sich ärgerlich. „Es tut mir leid, aber daran habe ich gar nicht gedacht.“
    „Sie sollten den Speicher auf jeden Fall begutachten lassen, eine solide Dachkonstruktion ist von entscheidender Bedeutung.“ Die beiden Männer machten sich bereits auf den Rückweg.
    Ich blieb noch einen Augenblick lang stehen und blickte zu der blauen Metalltüre

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