Das Haus der Feuerfrau (German Edition)
noch sonst jemand.“
Ich konnte die Geschichte kaum glauben. „Und Kommissar Sykora ist überzeugt, dass die Tochter damit zu tun hat? Hat er denn gegen sie auch Material gefunden?“
„Nun, alles das, was auch gegen Nik Dubassy spricht, und natürlich auch ihre enge Verbindung mit dem vermutlichen Haupttäter, aber auch die Tatsache, dass Junkarts sich nach wie vor konsequent weigert, eine Aussage zu machen. So sehr er sich auch sonst geändert haben mag, in dem Punkt ist er der alte geblieben. Wie es aussieht, liebt er seine Tochter immer noch – trotz allem. Oder er liebt sich selbst zu sehr, um sich einzugestehen, dass der einzige Mensch, der ihm wirklich etwas bedeutet hat, ihn verraten hat.“
„Wie reagieren eigentlich seine Tochter und sein Schwiegersohn darauf, dass er ihnen jetzt Prügel vor die Füße wirft?“
„Sie behaupten beide, er sei geistesgestört, seit er damals ‚von unbekannten Tätern‘ misshandelt wurde. Soweit ich gehört habe, haben sie ein paar Mal versucht, ihn aus dem Spiel zu werfen, aber er ist immer noch schlauer als sie. Sie haben kein Glück damit gehabt, dass sie ihn in eine psychiatrische Klinik einweisen lassen wollten, und auch kein Glück mit einer Klage auf Geschäftsschädigung. Im Gegenteil, der Schuss ging nach hinten los und hätte sie beinahe ihren Laden gekostet.“
„Wenn Nik Dubassy der Mann ist, als den du ihn schilderst, dann wundert es mich, dass er seinem Schwiegervater nicht schon längst ein Mordkommando ins Haus geschickt hat. Er muss doch jeden Tag fürchten, dass Junkarts es sich noch einmal überlegt und eine Aussage gegen ihn macht!“
„Ja, das muss er wohl.“ Alec nickte bedächtig. “Aber offenbar hat unser rothaariger Freund bislang einen Schutzengel gehabt.“
Das Gespräch mit Alec hatte mir keine Ruhe gelassen, und so setzte ich mich, daheim angekommen, noch zu später Stunde an den Computer und suchte im Internet nach Robert Junkarts‘ Homepage. Ich gab den Namen ein und war erstaunt, wie viele Seiten Treffer ich bekam. Der Mann musste tatsächlich waschkorbweise posten! Er korrespondierte mit praktisch jeder Newsgroup, die sich mit finanzieller Beutelschneiderei beschäftigte. Die Homepage war leicht zu finden. Sie war das merkwürdigste Dokument, das ich seit langem gelesen hatte.
Oben prangte unübersehbar sein Name, damit es auch kein Missverständnis gab, von wem dieses Schuldbekenntnis stammte, und der Text darunter begann:
„Warum die sogenannten San-Sebastian-Seminare ein betrügerisches Unternehmen sind und warum ich das jenseits jedes vernünftigen Zweifels beweisen kann.
Ich, Robert Junkarts, 52, bin kompetent, in dieser Sache Auskunft zu geben, weil die Idee zu diesen Seminaren von mir stammt, weil ich sie in der Absicht gegründet und geleitet habe, mich auf Kosten anderer und in betrügerischer Weise zu bereichern ...“
Danach hatte er sich die Werbeschriften des Unternehmens vorgenommen und sie Punkt für Punkt demaskiert, wobei er immer wieder in einer verblüffend offenen Weise von seinen eigenen kriminellen Absichten sprach. Er schob keinen Fingerbreit seiner Schuld auf andere ab. Wenn davon die Rede war, dass die jetzigen Promoter der San-Sebastian-Seminare in betrügerischer Absicht handelten, so folgte dieser Rede stets der Vermerk, dass er selbst es gewesen war, der sie angeleitet und in der Ausführung des Betruges unterwiesen hatte. Ich hatte nie ein so rückhaltloses Geständnis gelesen, und mir schien, dass ich auch noch nie einem Mann begegnet war, der so gnadenlos mit sich selber ins Gericht ging. Und doch war dieses
mea culpa
von einem ruhigen Stolz durchdrungen, von einer Selbstsicherheit, die mich angesichts einer so bußfertigen Gesinnung überraschte. Alec hatte ihn einen dominanten Mann genannt; das war er zweifellos noch immer, auch wenn er jetzt diese Strenge gegen sich selbst und seine Fehler anwandte.
Ich las einen Teil seiner Beiträge zu den verschiedensten Newsgroups und stellte fest, dass ich seine doppeldeutige Physiognomie richtig interpretiert hatte. Auf der einen Seite beantwortete er die vielen, oft einfältigen und konfusen Briefe, die mit der Bitte um Rat an ihn gerichtet wurden, mit unerschöpflicher Geduld und einer etwas schulmeisternden Freundlichkeit. Auf der anderen war er ein Mann, der keine Auseinandersetzung scheute und jeden Fehdehandschuh aufnahm. Immer wieder konfrontierte er seine Gegner – teils Dubassy selbst, der jetzt das Unternehmen leitete, teils dessen
Weitere Kostenlose Bücher