Das Haus der Feuerfrau (German Edition)
war ihm – genau wie früher für seine Frau – nichts zu teuer, aber sie war und blieb ein kleines Mädchen für ihn, und Nik war das Spielzeug, das er diesem verhätschelten Kind gekauft hatte. Er wusste, dass Nik ihn dafür hasste, aber das kümmerte ihn genauso wenig wie der Hass der Gimpel, die ihm auf den Leim gegangen waren. Natürlich war ihm klar, dass Nik ein faules Ei war. Er war auch schlau genug, dass er jederzeit auf einen Putschversuch seines Schwiegersohns gefasst war. Aber da er selbst ein Betrüger ist und kein Gewalttäter, rechnete er mit Betrug – und nicht mit brutaler Gewalt. Jeder Verbrecher macht einen Fehler, sagt man. Robert Junkarts hatte den Fehler gemacht, dass er nicht erkannte, was Nik Dubassy tatsächlich war: nicht nur ein Gauner, sondern ein Psychopath. Nik wollte nicht nur selbst über das Vermögen und die Firma verfügen, er sann auch auf Rache für die vielen Gelegenheiten, bei denen sein Schwiegervater ihn in aller Öffentlichkeit wie einen bezahlten Gigolo behandelt hatte. Zwei gute Motive, findest du nicht?“
„Und konnte Kommissar Sykora ihn überführen?“
„Er sammelte eine Menge Material gegen ihn. Es stellte sich nach mühseligen Recherchen heraus, dass der junge Mann seit kurzem über eine Generalvollmacht seines Schwiegervaters verfügte, dass er plötzlich alle die geheimen Codes, Passwörter und Kontonummern kannte. Kurz, dass er über alles Bescheid wusste, was Robert Junkarts vor ihm hatte geheim halten wollen. Sykora bekam sogar einen Tipp aus der Unterwelt, dass Dubassy sich nach zuverlässigen Leuten erkundigt hätte, die eine Entführung durchziehen könnten. Wenn Junkarts zu dieser Zeit den Mund aufgemacht hätte, wäre der junge Nik senkrecht zur Hölle gefahren. Aber Robert Junkarts war nicht mehr zu sprechen.“
„Wieso das?“
„Wahrscheinlich hatte er davon Wind bekommen, dass seine liebende Tochter und sein Schwiegersohn alles daran setzten, ihn vom Krankenhaus weg in eine psychiatrische Klinik überstellen zu lassen – was ihnen vielleicht sogar gelungen wäre, denn Junkarts benahm sich tatsächlich sehr merkwürdig. Wie auch immer ... Sobald er sich wieder auf den Beinen halten konnte, flüchtete er bei Nacht und Nebel aus dem Krankenhaus und verschwand vollkommen von der Bildfläche. So vollkommen, dass der Kommissar dachte, Dubassy hätte ihn doch noch erwischt, oder er selber hätte sich das Leben genommen. So oft eine männliche Leiche aufgefunden wurde, war Sykora überzeugt, dass er jetzt seinen ‚liebsten Feind‘, wie er ihn nannte, auf dem Obduktionstisch sehen würde. Er hatte sich irgendwie in die Sache verbissen, es machte ihn wütend, dass der Mann so eisern geschwiegen hatte, und er schwor oft, er würde ihn noch zu einer Aussage zwingen.“
„Und was war wirklich aus Junkarts geworden?“, fragte ich begierig.
„Warte, sei nicht so ungeduldig. Es dauerte ungefähr ein Jahr, bis er sich wieder bemerkbar machte.“
„Wieder als Krimineller?“
Alec schüttelte den Kopf. „Nein, erstaunlicherweise nicht. Plötzlich tauchte sein Name im Internet auf. Er hatte im Web eine kostenlose Beratungsstelle für die Opfer der Bauernfängerei, die er einst inszeniert hatte, eingerichtet. Seine Homepage enthielt ein formvollendetes Geständnis, eine klare und detaillierte Beschreibung, wie er sein Racket aufgebaut hatte, wie es funktionierte, mit welchen Ködern die Dummen angelockt wurden und wieviel er daran verdient hatte. Als wir ihm auf die Spur kamen, war er schon ein Geheimtipp unter allen, die finanzielle Troubles hatten, übrigens nicht nur mit den San-Sebastian-Seminaren, sondern auch mit anderen, ähnlichen Gaunereien. Eine Menge Leute wenden sich an ihn, die sich keinen Rechtsanwalt und keinen Finanzberater leisten können. Er ist ein verflixt kluger Bursche und so gerissen wie nur je ein Rechtsanwalt, ich würde sagen, die sich an ihn wenden, haben gute Chancen, ihr Geld wiederzubekommen. Es sieht so aus, als würde er Tag und Nacht daran arbeiten, sein eigenes Spinnennetz zu zerstören. Und es gelingt ihm recht gut, er weiß ja genau, wo jeder einzelne Faden verläuft und wo er am schwächsten ist.“
„Aber wieso hat er sich so geändert? Was ist in diesem Jahr mit ihm passiert?“
Alec zuckte die Achseln. „Anscheinend hat er dieses Jahr im Untergrund verbracht, auf der Straße – soweit entnehme ich es jedenfalls seinen eigenen Andeutungen. Aber wieso er ein anderer Mensch geworden ist ... das weiß weder ich
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