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Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Titel: Das Haus der Feuerfrau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Büchner
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dunkel an, als sammelte sich das Blut darin; ja es schwoll richtig an und wurde an der Oberfläche ein wenig feucht. Es schien auch besonders empfindlich zu sein, viel sensibler, als Narbengewebe sein konnte.
    Robert Junkarts rührte sich kaum, er hatte die Augen geschlossen und stöhnte verhalten. Dann begann er mit einmal zu sprechen, leise, aber deutlich, in einem Tonfall wie ein Medium in Trance. „Sie hatten mich an einen Stuhl fest geschnallt“, flüsterte er. „Einen Stuhl mit hölzernen Lehnen. Ich konnte mich keinen Finger breit bewegen. Sie brannten mich mit einem Lötkolben ... es tat so furchtbar weh, dass mir übel wurde. Ich kotzte mich an. Das Zeug rann mir übers Kinn und auf die Knie. Sie wischten es nicht einmal ab ... sie machten einfach weiter. Und nach jedem schmorenden Loch in meinem Arm fragte Nik: Unterschreibst du jetzt? Und ich schrie: Nein, den Teufel tue ich, und wenn du mich umbringst. Er lachte und zischte mich an: Das kannst du haben, Daddy, aber erst, wenn du drum bettelst, sterben zu dürfen.“
    Seine Worte kamen immer langsamer, stockender, und verstummten zuletzt völlig, ich hörte nur noch sein schweres, raues Atmen und die kindlichen, wimmernden Laute der Lust, die ihm unablässig über die Lippen drangen. Die Unruhe im Zimmer war jetzt deutlich zu spüren. Gläser klirrten, die Prismen des hässlichen Lüsters tingelten gegeneinander und erzeugten ein Geräusch wie eine Äolsharfe, Papiere hoben und senkten sich, als krieche etwas darunter hin und her. Aus allen Ecken schienen groteske schwarze Köpfe mit leuchtenden Augen hervor zu glotzen, während sich die dazugehörigen Affenleiber zum Sprung gespannt zusammenkauerten. Die Bücher in den Regalen rückten hin und her, wurden von unsichtbaren Händen herausgezogen und wieder zurückgeschoben.
    Robert keuchte. Ich beugte mich tief über seinen Arm und küsste eine der glänzenden Narben, liebkoste sie mit feuchten Lippen, leckte mit der Zungenspitze darüber. Sie schmeckte nach Blut.
    Es war selten vorgekommen, dass ich Zeugin eines so markerschütternden Höhepunkts wurde, wie er dieser Zärtlichkeit folgte, und ganz sicher nicht bei einem Mann von über fünfzig Jahren. Ohne dass ich ihn – oder er sich selbst – auch nur berührt hätte, löste seine lang aufgestaute Spannung sich urplötzlich in einem Orgasmus, der ihn von Kopf bis Fuß schüttelte wie ein Stromstoß. Er bäumte sich ein ums andere Mal auf, mit einem kehligen Stöhnen, das mehr nach Schmerz als nach Lust klang, das Gesicht verkrampft, die Hände um die Lehnen des Stuhls geklammert. Sein Kopf rollte hin und her, während er in immer neuen unbeherrschten Zuckungen in die Hose kam, so oft und so heftig, dass seine Unterhose nass wie angeschifft sein musste.
    Das Zimmer rundum bebte, als äffte es ihn nach. Die Jalousien an der Innenseite der geschlossenen Fenster rasselten, Papier flog auf, als hätte jemand hineingeblasen, und ein Glas knallte an die Wand, wo es zerschellte. Das alles dauerte jedoch nur Sekunden. Dann löste sich die Spannung auf, die Schattengestalten verblassten, die dumpfe Luft wurde wieder erträglich. Die grausigen Schwellungen und Verfärbungen an seinen Armen bildeten sich so rasch wieder zurück, als würden sie mit einem feuchten Tuch weggewischt. Aus der Halle drang der Duft frischer Friedhofsblumen herein.
    Es dauerte Minuten, bis Robert Junkarts sich soweit beruhigt hatte, dass er die Augen öffnete und mich ansah – völlig erschöpft und noch innerlich zitternd von der Wucht der Entladung.
    Er hatte sich selbst als einen konservativen Mann bezeichnet, was Sex anging, und so wunderte es mich nicht weiter, dass ihn, kaum dass er sich erholt hatte, Scham und Angst überfielen. Er fühlte sich widerwärtig, schmutzig und pervers, er hatte Gewissensbisse, weil er sich (wie er das sah) am Eigentum eines anderen Mannes vergriffen hatte, und vor allem beschwor er mich, ja er bettelte mich förmlich an zu vergessen, was er gesagt hatte – es sei nichts gewesen, nichts, nur eine unsinnige Fantasie! Überhaupt würde er so etwas nie wieder tun, es sei unverzeihlich gewesen, und er könne weder mir noch Alec jemals wieder in die Augen schauen.
    Ich beschwichtigte ihn, so gut ich konnte, versprach ihm, dass ich Alec nichts erzählen würde und auch sonst niemandem, versicherte ihm, dass ich alles schon wieder vergessen hätte, und ließ ihn zuletzt in der seligen Illusion zurück, dass es bei diesem einen Mal bleiben

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