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Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Titel: Das Haus der Feuerfrau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Büchner
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gesamten Gebäude einen Hinweis auf
foul play
gefunden hatten. „Wenn hier trotzdem Phänomene auftreten“, erklärte mir der Blonde mit dem Schnauzbart, „dann fällt das eher in die Kompetenz eines Mediums oder eines Geistlichen. Wir können Ihnen nur bestätigen, dass es keine Hinweise auf irgendwelche betrügerischen Machinationen gibt.“
    Sein Begleiter stimmte ihm zu. „Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf: Lassen Sie diesen Keller von einem Priester segnen. Die Atmosphäre, die darin herrscht, ist nicht nur unbehaglich, sie ist gefährlich. Mein Kollege und ich haben schon eine Anzahl sogenannter Spukhäuser von innen gesehen, aber so unbehaglich war uns noch selten zumute.“
    Ich stimmte ihnen zu, dankte herzlich für ihre Hilfe und verabschiedete sie.
    Dann betrat ich Robert Junkarts‘ Zimmer.
    Es war inzwischen vier Uhr nachmittags geworden. Die Sonne stand schräg und leuchtete genau in das Erkerfenster, aber ihre Strahlen prallten an den geschlossenen Jalousien ab. Eine grünliche Dämmerung herrschte im Raum, die nur da und dort von einem unerwartet hellen Sonnenstreifen unterbrochen wurde. Es war sehr warm. Im ganzen Haus befand sich keine Blume, aber als ich über den Korridor ging, roch es dort so stark und süß nach frischen Gebinden, als sei die Halle mit Grün und Blüten gefüllt.
    Und das war nicht das einzig Ungewöhnliche.
    Ich spürte es sofort, als ich das unordentliche, halb dunkle Zimmer betrat. Eine drückende Spannung herrschte darin, wie man sie kurz vor einem Gewitter empfindet. In den schattigen Ecken schienen groteske Missgestalten zu lauern, affenhafte Gargylen, die es nicht erwarten konnten, hervorzuspringen und ihre Possen zu treiben. Ein Glas auf einer Kommode klirrte leise, aber keine Erschütterung war zu spüren, die es zum Klirren gebracht hätte. Durch die Papiere, die überall verstreut lagen, ging ein Rascheln wie von einem Windhauch, aber kein Luftzug regte sich. Mir brach der Schweiß aus, und ich meinte Sand zu schlucken.
    Robert Junkarts saß an seinem gewohnten Platz in dem Drehstuhl vor dem Computer, hatte ihn aber umgedreht, sodass er den Monitor im Rücken hatte. Er saß entspannt und locker da, die Schenkel geöffnet, den Kopf nach hinten gelehnt. Seine Arme ruhten schlaff auf den hölzernen Armstützen des Stuhls. Die Hemdsärmel hatte er bis über den Ellbogen aufgeschlagen. Er machte einen völlig benommenen, ja, verwirrten Eindruck, als stünde er schwer unter Drogen, und ich fragte mich schon, ob ich mir da nicht mehr auf den Löffel geladen hatte, als ich schlucken konnte. Ein Mann, der vor Erregung glasige Augen hatte, konnte leicht unangenehm werden.
    Er flüsterte rasch und in einem heiseren Ton, als blieben ihm die Worte in der Kehle stecken: „Ich wünsche mir nur, dass Sie mich wieder so berühren, wie Sie es im Garten getan haben. Nichts anderes.“
    Das war nicht viel verlangt, also zog ich mir einen Stuhl heran, setzte mich neben ihn und begann die Stellen auf seinen Armen zu streicheln, wo sich die weißen Brandmale abzeichneten.
    Es war nicht das erste Mal, dass ich eine skurrile sexuelle Szene erlebte, und so empfand ich weder Befremden noch Widerwillen. Ich hatte längst gelernt, dass jeder Mensch seine eigenen Vorstellungen davon hat, was ihm ein Paradies auf Erden bereitet, und dass das nur in den seltensten Fällen die Missionarsstellung am Freitagabend ist. Und da ich mich, wenn ich mich schon auf eine solche Eskapade einließ, stets hundertprozentig einbrachte, liebkoste ich die kleinen bösen Spuren der Misshandlungen mit aller Zärtlichkeit, die in mir aufsteigen wollte.
    Es war erstaunlich viel Zärtlichkeit. Ich merkte, wie ich selber unruhig atmete und den Herzschlag in den Schläfen pochen fühlte, als ich das blasse Fleisch streichelte und die Narben mit den Fingerspitzen massierte, eine nach der anderen, vom Handrücken bis über den Ellbogen. Ich fühlte mich aufs innigste hingezogen zu diesem gebrandmarkten Mann, der so viel Schuld auf sich geladen und eine so grausame Strafe erlitten hatte. Von einem Augenblick auf den anderen vergaß ich alles, was mich an ihm abstieß; eine Welle warmer, liebevoller Zuneigung ergriff mich, und ich legte eine Leidenschaft in meine Liebkosungen, wie ich sie sonst nur Alec zuteilwerden ließ.
    Dabei bemerkte ich von neuem das seltsame Phänomen, das mich schon am Vortag verblüfft hatte, nur dass es jetzt noch viel stärker auftrat: Als ich die Narben berührte, lief das Gewebe rundum

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