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Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Das Haus der Feuerfrau (German Edition)

Titel: Das Haus der Feuerfrau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Büchner
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hatten. „Ja, ich auch. Dann kam das 68er Jahr, und plötzlich stand die Welt auf dem Kopf ... erst durften wir keinen Sex haben, und von einem Tag auf den anderen
mussten
wir. Nun, was ich eigentlich sagen wollte: Das Haus akzeptierte dieses Treiben nicht. Keiner von all den Liebhabern kam ein zweites Mal, und nach ein paar Wochen hatte Coco begriffen, dass sie es entweder bleiben lassen oder ausziehen musste. Sehen Sie, das Haus hatte nichts dagegen, dass Elena und Terry ein Paar sind, denn sie sind beide berufen, aber es duldet keine Außenseiter. Es vergraulte Cocos Freunde, und es hätte zweifellos auch jede Frau verjagt, die ich mir eingeladen hätte ... aber bei mir konnte es sich die Mühe sparen.“
    Ich wagte mich einen Schritt weiter aufs dünne Eis. „Sie haben nie das Bedürfnis danach gehabt?“
    „Das Bedürfnis schon“, antwortete er und geriet so in Verlegenheit dabei, dass er die Brille abnahm, sie eifrig an seinem Hemdzipfel abputzte und umständlich wieder aufsetzte. „Ich bin ein gesunder Mann, und mit 52 ist man schließlich noch kein Greis. Im Gegenteil, ich bin heute aktiver und interessierter als je zuvor. Das hat sicher auch mit dem Haus zu tun, denn als ich einmal mit Terry unter vier Augen geredet habe, vertraute er mir an, er hätte erst ‚so richtig Saft in den Eiern‘, seit er hier wohne. Das ist zwar nicht die Art, wie ich es ausdrücken würde, aber die Tatsache ist dieselbe.“
    Als ich keine Antwort gab und nur lächelte, fuhr er ermutigt fort: „Ich sagte, ich sei ein langweiliger Liebhaber gewesen ... nicht einmal das stimmt! Offen gesagt: Sowohl beim Wollen wie beim Können war bei mir nicht viel los. Und nachdem sich dann dieser Umbruch in meinem Leben ereignete, war es ganz aus.“
    Er schwieg einen Augenblick lang, und ich bekam Angst, ich könnte rot werden, denn natürlich wusste ich, was er meinte. Für einen heterosexuellen Mann musste es wohl das Schlimmste sein, was ihm überhaupt passieren konnte, dass er von einem Geschlechtsgenossen vergewaltigt wurde. Robert Junkarts war diese teuflische Demütigung gleich mehrmals während seiner Gefangenschaft zugefügt worden.
    „Ich dachte nicht“, setzte er fort, „dass ich jemals wieder Interesse haben würde. Aber dann zog ich hier ein, und allmählich stellte ich fest, dass meine körperlichen Empfindungen zurückkehrten. Bis dahin hatte mich jede Berührung erschreckt und angewidert. Ich war wie ein geprügelter Hund, ich wurde sofort aggressiv, wenn jemand nur die Hand nach mir ausstreckte. Aber je länger ich hier lebte, desto spürbarer wurde ich wieder zu einem Mann.“
    „Und Sie bleiben trotzdem allein, weil das Haus Ihnen eine Partnerin verbietet?“
    „Eine
außenstehende
Partnerin", korrigierte er mit einem merkwürdigen Unterton, wobei er den Blick betont von mir abwandte. “Es ist jetzt nicht angebracht, dass irgendjemand Außenstehender hier eindringt und uns stört. Aber abgesehen davon ... es ist schwierig, die richtige Partnerin zu finden.“ Wieder rückte er in dieser altjüngferlichen Art, die sein Unbehagen verriet, an der orangen Hornbrille herum. „Wenn man älter wird ... und viel erlebt hat, auch viel Schlimmes erlebt hat ... wird man komplizierter. Die körperlichen Bedürfnisse sind dann nicht mehr so wichtig wie die seelischen. Ich habe heute nichts mehr von einer Frau, die nur jung und schön und sexy ist. Ich brauche ... eine Frau, die mich versteht, die mich voll akzeptieren könnte, auch wenn ihr mein Wesen seltsam oder bizarr vorkäme.“ Er schluckte nervös, holte tief Atem und wechselte dann ganz plötzlich das Thema. „Sie haben es gut, dass Sie in Dr. Marhold einen kongenialen Partner gefunden haben. Sind Sie schon lange zusammen?“
    „Nein, erst seit etwa einem Jahr.“
    „Sie sind beide sehr starke Persönlichkeiten.“
    „Ja, deswegen kracht es auch häufig zwischen uns, wie Sie miterlebt haben. Aber wie Sie sagten: Wenn man älter wird, entwickelt man seine bizarren kleinen Eigenheiten, und dann kommt es darauf an, einen Partner zu haben, der diese Absonderlichkeiten nicht nur duldet, sondern nach Möglichkeit teilt.“
    An dieser Stelle wurden wir unterbrochen, weil die Magier zurückkamen. Sie hatten, wie sie berichteten, an der Außenseite des Hauses nichts Ungewöhnliches feststellen können. Das Geheimnis der zugemauerten Küche konnten wir nur entdecken, wenn wir alle die Kacheln abschlagen und die Mauer dahinter niederreißen ließen, und dann war es immer

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