Das Haus der glücklichen Alten
vor, als würde damit das Leben ins Reine gebracht, es war dort gewissermaßen ins Reine geschrieben, so wie man es in den Schulheften tun konnte. Man schrieb im Unterricht eilig mit, kritzelte ungeordnet und unsauber etwas hin und machte sich danach die Mühe, alles noch einmal ins Reine zu schreiben, damit es ansehnlich genug aussah, um für einen langfristigen Wertzuwachs aufbewahrt zu werden. Ich denk, ich spinne, das ist doch Teófilo Cubillas, picobello eingerahmt, ohne jeden Knick, hing da an der Wand wie ein Kunstwerk und lächelte, der Sauhund.
«Das ist schon alt, kaum jemand erinnert sich daran. Aber hier sind wir alle alt, und wir sind nicht nur FC-Porto-Fans, sondern auch ewig dankbar. Hören Sie, wir wissen sogar, wo Peru liegt, nur die jungen Leute glauben, Fußball wäre zwischen Bananenstauden auf Madeira geboren», sagte Dona Leopoldina.
Isaltino antwortete nicht. Die Überraschung war für den Polizisten zu groß. Wie sollte er sich das erklären?
«Sind Sie FC-Porto-Fan? Ich will es hoffen. Nichts ist ekelhafter, als wenn jemand Benfica-Fan ist. Kein Benfica-Fan darf seinen Fuß in mein Zimmer setzen.»
«Nur keine Sorge. Ich bin aus Valongo.»
«Und näher gibt es keine Polizei mehr? Müssen sie euch von so weit herholen? Sind wir hier so am Ende der Welt?»
Wenn Isaltino im Büro seines Vorgesetzten das Vorgehen bei den von ihnen untersuchten Fällen diskutierte, hatte er jahrzehntelang ein Poster von Cubillas gesehen, das exakt wie dieses aussah. Mit Klebebandstückchen an der Wand befestigt, zigmal eingerissen, die Ecken abgerissen, voller Knicke, weil bei den Renovierungen im Laufe der Jahre immer wieder abgenommen, tausendmal gefaltet und immer wieder aufgehängt, mit Rauchflecken von den unvermeidlichen Zigarren des Inspektors. In Jaime Ramos’ Büro hing das Poster wie erschlaffende welke Haut, höchst unrühmlich für egal welchen Peruaner, und umso mehr für diesen sympathischen, lächelnden Mann, dem Porto und Portugal so unendlich ans Herz gewachsen waren. 1972 bester südamerikanischer Fußballer, besser als Pelé. Isaltino de Jesus, der vorsichtige Polizist, dachte, es wäre vielleicht nicht unbedingt gut, wenn sein Chef hier reinkäme. Er würde sich so schmutzig fühlen, wie er selbst sich fühlte, gewissermaßen unfähig, die Großherzigkeit früherer Zeiten zu bewahren, gewissermaßen aus Nachlässigkeit gealtert, ein geradezu sorgloser Umgang mit den geliebten Ruhmeszeiten der Jugend. Was für ein sonderbares Gefühl es war, ein Altenheim zu betreten und bei Cubillas eine Jugend zu entdecken, die man sich bei der Kriminalpolizei nicht bewahrt hatte. Dona Leopoldina sagte:
«Kommt der Ermittler gar nicht?»
«Nicht so eilig, Senhora», antwortete Isaltino. «Für das, was es zu ermitteln gibt, bin ich da, und ich weiß, was ich tue. Haben Sie keine Angst.»
«Ich habe keine Angst. Aber vielleicht wäre es nützlich, dass Sie sich mal den Boden ansehen, dort ist die Blutlache, und nicht an der Wand, da gibt es nichts zu sehen.»
Isaltino de Jesus brummte etwas. Die Respektlosigkeit der alten Frau nervte ihn, er kniete sich jetzt aber nieder, um sich den kleinen Blutfleck, der dort getrocknet war, anzugucken. Er machte ein Gesicht wie ein kluger Spürhund, so als wollte er schnüffeln und unglaubliche Spuren entdecken, tat dann aber nichts und brachte keinen Satz heraus, der Dona Leopoldina zufriedengestellt hätte. Der Alten ging es überhaupt nicht in den Kopf, warum er so durcheinander und verwirrt war. Sie verstand es nicht, und er erklärte es ihr nicht. Der Mann war etwas gereizt, was eigentlich gar nicht seine Art war. Nicht dass er die Ruhe verlor, er war nur nicht richtig klar im Kopf, ein Hauch von Nostalgie hatte ihn erfasst, und das bekam ihm gar nicht.
«Ich weiß nicht, ob Sie heute Nacht in einem anderen Zimmer schlafen müssen. Es ist wichtig, dass hier nichts verlorengeht. Wir müssen Beweismaterial sammeln und Spuren sichern», sagte der Polizist.
«Dann passen wir zu zweit nicht hier rein, ich und dieser vermaledeite Fleck? Ich will nicht woanders schlafen, nirgendwo. Ohne meine Matratze gehe ich nicht, ich bin zu alt, um als Findelkind rumzulaufen.»
Der Beamte stand auf und ging zu der griesgrämigen Alten, er wollte versuchen, etwas Autorität durchzusetzen. Sie ließ sich nicht einschüchtern und wich nicht von der Stelle.
«Sie können sogar zum Kreis der Verdächtigen gehören. Auf Ihrem Zimmerboden ist ein Blutfleck, und heute Nacht sind im
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